Pläne geraten ins Stocken Heimatmuseum in Swisttal

SWISTTAL-HEIMERZHEIM · Das Gebäude „Untere Erft“ in Heimerzheim steht seit Langem leer. Ein Gutachter soll zunächst begutachten, ob es verkehrssicher ist, bevor der Förderverein weiter an seiner Idee für eine heimatgeschichtliche Ausstellung arbeiten kann.

Eine Auszeit für die weiteren Schritte hat der Vorstand des Fördervereins Haus der Swisttaler Geschichte im historischen Gebäude der „Unteren Erft“ genommen. Zunächst soll abgewartet werden, was ein Gutachten zur verkehrssicheren Nutzung des seit mehr als 25 Jahren leerstehenden ehemaligen Landwarenhandelsgebäudes im Heimerzheimer Ortskern ergibt. Die Gemeinde als Eigentümerin habe den Förderverein schriftlich aufgefordert, das Gebäude nicht mit Fremden zu betreten und bei eigenem Betreten auf Eigensicherung zu achten.

„Wir wollen keine Disharmonien“, sagte der Vorsitzende Karl-Heinz Peters bei der ersten Mitgliederversammlung in den Klosterstuben. Zunächst solle klar sein, wie die „Untere Erft“ sicher begangen werden könne. „Wir haben deshalb zurzeit alles zurückgestellt.“ Zwischenzeitlich sei es auf Veranlassung der Gemeinde gesäubert worden.

Der Förderverein hat inzwischen 32 Mitglieder

Wie berichtet, verfolgt der Förderverein das Ziel, im Gebäude „Untere Erft“ eine gemeindeweite zentrale Einrichtung zu schaffen, die materielle und immaterielle Zeugnisse von allen vor der Gebietsreform 1969 selbstständigen Ortsteilen bewahrt, erforscht, ausstellt und erhält.

Genau ein Jahr nach Gründung des Fördervereins haben sich diesem Ziel bereits 32 Mitglieder angeschlossen. Dass die Hälfte von ihnen zur ersten Mitgliederversammlung gekommen war, bezeichnete der Vorsitzende Peters als „erfreuliches Ergebnis“. Auch finanziell stehe der Verein gesund da, wie Schatzmeister Georg Schmidberger sagte. Immerhin konnten im vergangenen Jahr 3100 Euro Einnahmen verzeichnet werden, davon 2180 Euro an Spenden und 920 Euro an Mitgliedsbeiträgen. Abzüglich der Ausgaben nannte der Schatzmeister als aktuellen Kassenstand 2778,45 Euro plus 21,07 Euro in der Handkasse.

Ein Haus mit abenteuerlicher Geschichte

Um alle auf den gleichen Informationsstand zu bringen, gab Schmidberger als „Vater des Projektes“, so Peters, einen Abriss der Historie des ehemaligen Landwarenhandelsgebäudes aus dem Jahr 1900. Erbauer war Gerhard Wirtz, so Schmidberger. Zum Betriebsgelände gehörten als Ensemble damals eine Gaststätte, die heutigen „Klosterstuben“, und ein Tanzsaal. Anfang der 1930er Jahre gab Gründer Gerhard Wirtz den Betrieb an seinen Sohn Karl weiter, der beim Bombenangriff auf Heimerzheim am 3. März 1945 aber ums Leben kam. Die Gebäude des Landwarenhandels Wirtz überstanden den Krieg unbeschadet und Wirtz‘ Tochter Vera übernahm den Betrieb mit ihrem Mann Rolf Behr. „Allerdings lebte die Familie auf großem Fuß“, so Schmidberger. Zudem sei Rolf Behr spielsüchtig gewesen, was zur Überschuldung und zum Bankrott des Unternehmens geführt habe.

Nachdem sich Rolf Behr das Leben genommen hatte, gingen Betrieb und gesamter Besitz an den Hauptschuldner, das Frankfurter Handelshaus „Schemag“. Von diesem erwarb Herbert Bressel das Ensemble im Jahr 1955. Er führte den Betrieb in den angestammten Geschäftsfeldern. Gaststätte und Tanzsaal mit inzwischen eingerichtetem Kino und Kegelbahn übernahmen Jakob und Maria Wirtz geborene Stüsser (nicht verwandt mit dem Gründer Wirtz).

Lager und Getreidehandlung verkaufte Bressel 1959 an seinen Heimerzheimer Hauptkonkurrenten Adolf Hambach, der bereits seit Jahrzehnten einige Hunderte Meter entfernt einen Betrieb mit fast den gleichen Geschäftsfeldern führte. 1965 pachtete die Landwarengenossenschaft „Untere Erft“ e.G. aus Bliesheim beide Betriebe. Seither heißt der Komplex „Untere Erft“ Lager 2.

Seit 30 Jahren gehört der Komplex der Gemeinde

1987 kaufte die Gemeinde Swisttal den Gebäudekomplex und baute das Betriebsgelände mit den Siloanlagen zurück. Im hinteren Teil entstand eine Grünfläche, der vordere Teil wurde den „Klosterstuben“ als Biergarten zur Verfügung gestellt. Erhalten blieb nur das Gebäude „Untere Erft“, in dem noch die alten Getreidespeicher, die Getreideaufbereitung und -trocknung sowie die Fördereinrichtungen vorhanden sind. Zwischenzeitlich gab es auch Pläne für ein Dorfhaus auf dem Gelände, Pläne eines Interessenten, auf der Grünfläche Wohnbau zu realisieren, und Pläne für den Verkauf des Gebäudes „Untere Erft“.

In einem vierten Anlauf zur sinnvollen Wiedernutzung wurde am 12. Mai 2016 in den Klosterstuben der Förderverein aus der Taufe gehoben. Im Haushalt der Gemeinde stehen insgesamt 45 000 Euro für Gutachten und ein nachhaltiges Nutzungskonzept zur Verfügung. Eingebunden werden sollen regionale Hochschulen. Drei haben ihr Interesse an einer solchen studentischen Mitwirkung bekundet, so Peters. Mit Professor Swen Geiss von der Alanus Hochschule Alfter habe es einen ersten Termin gegeben. Die Kosten für ein aussagefähiges Sanierungsgutachten liegen bei rund 8600 Euro. Ob es bis zur nächsten Ratssitzung am 5. Juli bereits vorliegt, ist noch offen.

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