Gesundheitsversorgung Düstere Aussichten für Meckenheim

MECKENHEIM · Das Forum Senioren hatte zu einem Vortrag zur „Gesundheitsvorsorge in Meckenheim“ eingeladen. Der demografische Wandel stellt die flächendeckende medizinische Versorgung in Zukunft vor Probleme.

 Mit etwa 4500 über Achtzigjährige im Jahr 2040 in Meckenheim wird das System der Gesundheitsversorgung in der Stadt an seine Belastungsgrenze gelangen.

Mit etwa 4500 über Achtzigjährige im Jahr 2040 in Meckenheim wird das System der Gesundheitsversorgung in der Stadt an seine Belastungsgrenze gelangen.

Foto: dpa

Düstere Aussichten für Meckenheim: In einem gemeinsamen Vortrag auf Einladung des Forums Senioren Meckenheim e.V. und der Demografiebeauftragten der Stadt Bettina Hihn am Dienstag in der Gemeinschaftsgrundschule Merl haben Günter Wittmer und Dr. Oliver Funken eine Unterversorgung im medizinischen Bereich und in der Pflege prognostiziert. Grund dafür sei der demografische Wandel, der besonders der Stadt Meckenheim einen immer größeren Bevölkerungsanteil alter Menschen beschert. Diese benötigten jedoch mehr ärztliche Betreuung und Pflege. Gleichzeitig nehme die Zahl der Hausärzte in der Region ab.

Noch vor 150 Jahren habe die durchschnittliche Lebenserwartung unter 40 Jahren gelegen, heute könnten die Neugeborenen mit etwa 80 Lebensjahren rechnen, erklärte Wittmer. Ein Pferdefuß dieser „tollen Entwicklung“ sei der Rückgang der Geburtenrate, die im Jahr 2011 bei dem statistischen Wert von 1,4 Babys pro Frau gelegen habe.

Anders als die Nachbarstadt Rheinbach, die dem bundesdeutschen Durchschnitt sehr nahe komme, verzeichne die Bevölkerungsstruktur Meckenheims deutlich mehr alte Menschen. 2015 wohnten etwa 1200 über Achtzigjährige in der Apfelstadt, 2040 werden es etwa 4500 sein, während in Rheinbach dann etwa 2600 80-plus-Bewohner leben werden.

Altenquotient wird steigen

Auch den Altenquotienten hat Wittmer betrachtet, der aussagt, wie viele Rentner über 65 Jahre auf 100 Bewohner im erwerbsfähigen Alter zwischen 20 und 64 Jahren kommen. Während dieser im Bundesdurchschnitt zurzeit bei etwa 35 liegt und 2040 bei etwa 55 liegen wird, beträgt der Altenquotient in Meckenheim schon jetzt etwa 45 und wird bis zum Jahr 2040 auf über 80 steigen. Dementsprechend würden auch die Einnahmen in den Sozialsystemen zurückgehen, die Ausgaben nähmen zu. Die Lücke müsse aus Steuergeldern geschlossen werden.

Dass schon jetzt das Versorgungsniveau im Gesundheitsbereich zurückgehe, stellte der Mediziner Funken dar. Durch die neue Ökonomie der Krankenhäuser ähnelten diese schon jetzt Fabriken, die der Gewinnmaximierung dienen. „Die Krankheitskosten steigen mit dem Alter – ab dem 65. Lebensjahr wird es teuer“, sagte er.

Leistungsvermögen des Gesundheitssystems gehe zurück

Teure High-End-Medizin stehe nicht für jeden zur Verfügung. Das führe zu dem „schwierigen Thema“ der Priorisierung von Gesundheitsleistung. Zudem gehe das Leistungsvermögen des Gesundheitssystems zurück. Das System, das zunächst einen Hausarztbesuch vorsieht, bevor ein Facharzt aufgesucht wird, spare Geld, sei aber abgeschafft.

Auch würden an den Universitäten mehr Fachärzte als Hausärzte ausgebildet. In der Organisationseinheit Rheinbach, Meckenheim und Swisttal sei die Niederlassung eines Hausarztes nur möglich, wenn eine bestehende Praxis übernommen werde.

Im Jahr 2030 werden nach Funkens Prognose im Rhein-Sieg-Kreis etwa 150 Hausärzte fehlen. Sein Fazit: „Sie alle werden älter, nehmen auf Ihrem Weg einige Krankheiten mit, brauchen qualifizierte Hausärzte und werden irgendwann an Ihren Medikamenten sterben, weil der Facharzt nur sein Fachgebiet sieht.“

Wittmer machte anhand einer Beispielrechnung deutlich, dass die Leistung von Hausärzten in Deutschland nicht adäquat honoriert werde. Schlecht stehe es auch um die Vergütung von Pflegedienstleistungen. Im Rhein-Sieg-Kreis werde von einer Steigerung der Pflegebedürftigen von 2009 bis 2030 um 62 Prozent ausgegangen. Schon jetzt klaffe eine Versorgungslücke, weil Personal fehle. „Wir werden in die Misere starten“, sagte Wittmer.

Bedauerlich sei es, dass sich die Gesellschaft mit dem Problem nur wenig auseinandersetze, sagte Wittmer und verwies auf die wenigen Interessierten, die dem Vortrag lauschten. Kommunalpolitiker seien gar nicht vertreten, stellte er fest, obwohl die sich seiner Meinung um das Thema kümmern sollten. Ändern werde sich nur etwas, wenn sich die Bürger mit der Gesundheitsversorgung der Zukunft auseinandersetzen, sagte er.

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