50 Jahre Rhein-Sieg-Kreis Die Stadt Meckenheim im Porträt

Meckenheim · Inmitten des drittgrößten Obstanbaugebiets Deutschlands liegt die Apfelstadt Meckenheim. Die Kommune mit dem Apfellogo gehört zu den wenigen im Rhein-Sieg-Kreis, die seit Jahren mehr Einpendler als Auspendler aufweisen können.

50 Jahre Rhein-Sieg-Kreis: Die Stadt Meckenheim im Porträt
Foto: Volker Lannert

Geld zurück vom Bürgermeister - und das auch noch kurz vor der Kirmes. Was schreibt die Stadthistorie mitunter für beeindruckende und skurrile Geschichten? Aus dem Säckel der damals selbstständigen Gemeinde Merl zahlt Bürgermeister Heinz Gottschalk im Sommer 1969 jedem Merler zehn Mark - als Gutschein für den Jahrmarkt. Der Christdemokrat will seinen Bürgern kurz vor der Eingemeindung Merls am 1. August 1969 als Teil der neuen Stadt Meckenheim einen Teil ihres Steuergeldes zurückgeben - ehe die Gemeindekasse in den Besitz Meckenheims übergeht. 50 Jahre später sind die früheren Grenzen zwischen Meckenheim und Merl gar nicht mehr auszumachen: Mitten im drittgrößten Obstanbaugebiet Deutschlands sind die Ortsteile fest zusammengewachsen - und die Apfelstadt blüht und wächst weiter.

Zur dauerhaft frühlingshaften Entwicklung Meckenheims trägt bei, dass die Stadt, deren heutige Struktur 1962 im Zuge der Festigung von Bonn als Bundeshauptstadt am Reißbrett entstand, trotz des demografischen Wandels einen stetigen Bevölkerungszuwachs verzeichnet. Seit 1960 hat sich die Einwohnerzahl verfünffacht - aus 5000 Menschen vor 54 Jahren sind nunmehr 27.000 geworden. Ein Relikt aus der Vergangenheit ist allerdings der Ruf Meckenheims als "Schlafstadt von Bonn" - längst Schnee von gestern. So gehört die Kommune mit dem Apfellogo zu den wenigen im Rhein-Sieg-Kreis, die seit Jahren mehr Einpendler als Auspendler aufweisen können.

Mitverantwortlich für diese Entwicklung ist der 140 Hektar große Industriepark Kottenforst, in dem sich in den vergangenen Jahren eine Menge getan hat. So verfügt das Areal mittlerweile über mehr als 200 Unternehmen unterschiedlichster Branchen, und schon seit 1996 über einen eigenen Haltepunkt an der Voreifelstrecke der S 23. Dass der Industriepark Kottenforst weiter wächst, kann derzeit jeder beobachten, der von der A 565 aus über die L 261 fährt: Alleine für den ersten, 31 Hektar großen Abschnitt der Gewerbeparkexpansion entstehen derzeit Straßen samt der notwendigen Beleuchtungslaternen. Im Frühjahr 2020 sollen die ersten Unternehmen mit ihren Ansiedlungen starten können.

Ungewöhnliche Wege in Sachen Gewerbe

Dass Meckenheim seit 2013 mit dem Slogan "Gerne im Grünen leben und arbeiten" wirbt, ist gleichzeitig als eine Art von Zielvereinbarung zu verstehen. Um diesen grünen Charakter nicht für eine Handvoll schnell verdienter Gewerbesteuereinnahmen zu riskieren, geht die Plantagenstadt in Sachen Gewerbe ungewöhnliche Wege: Wer im erweiterten Industriepark Kottenforst Wurzeln schlagen möchte, für den sollten die Worte Nachhaltigkeit und Klimaschutz nicht bloß Lippenbekenntnisse oder Imagebringer sein. Auf dem 45 Hektar großen Expansionsareal sollen bevorzugt Betriebe und Dienstleister aus den Wirtschaftszweigen Bio-Innovation, Gartenbau, nachwachsende Rohstoffe und Ernährung heimisch werden.

Hintergrund: Meckenheim hatte sich im Mai 2015 mit den Hochschulen der Region, dem Universitätsstandort in Klein-Altendorf, der Nachbarstadt Rheinbach und vielen Gewerbetreibenden zum Netzwerk "bio innovation park Rheinland" zusammengeschlossen. Dieser Park wächst in Meckenheim und Rheinbach als Kompetenzzentrum für grüne Technologien heran. Forschung, Entwicklung und Anwendung liegen - auch räumlich betrachtet - in unmittelbarer Nähe zueinander. Im Projektverbund bekommen die teilnehmenden Firmen wie Gartenbauunternehmen und Lebensmittelproduzenten privilegierten Zugang zu innovativen Technologien noch vor der Markteinführung.

Eine lange Frostperiode mit zermürbenden, kommunalpolitischen Machtkämpfen hatte die Apfelstadt anno 2007 zu überstehen. In deren Mittelpunkt stand die im April 2011 verstorbene Yvonne Kempen (51). Bei der Abwahl der damaligen Bürgermeisterin im November 2007, initiiert von fünf Parteien, war die CDU-Frau durch ein Bürgervotum abgesetzt worden - was es in NRW bis dato erst einmal gegeben hatte und Meckenheim bundesweite Schlagzeilen bescherte. Während ihrer zweiten Amtszeit mehrten sich die Konflikte mit dem Meckenheimer Rat, mal ging es um die Entwicklung des Stadtteils Merl, mal um den Haushalt, mal um Müllaltlasten bei Lüftelberg. Doch die Zeiten der zum Teil bizarr anmutenden Auseinandersetzungen im Stadtparlament und des politischen Stillstands sind in Meckenheim längst passé.

"Wir gehen zur Hölle, aber nicht nach Meckenheim!"

Der 50. Geburtstag der neuformierten Stadt bringt mit sich, dass viele Errungenschaften aus der "Gründerzeit" derzeit gehörig aufgemöbelt werden. In der Kommune mit zwei Einkaufsmeilen, fünf Grundschulen und einem Schulcampus mit gleich drei weiterführenden Schulen unter einem Dach steht nun etwa die schrittweise Sanierung des Schulzentrums an. Einen Haken können die Meckenheimer in jüngster Zeit aber an eine Reihe von Großprojekten machen: die Altstadtsanierung mit der umgestalteten Hauptstraße oder den Bau des neuen, zentralen Rathauses inklusive einer neuen Jungholzhalle.

"Wir gehen zur Hölle, aber nicht nach Meckenheim!", soll der damalige Bürgermeister der Gemeinde Arzdorf (heute zur Gemeinde Wachtberg gehörig) gesagt haben, als vor fünf Jahrzehnten die Frage aufkam, wie die Kommunalgrenzen zur Neugliederung 1969 im Linksrheinischen gezogen werden. Der Entwicklung Meckenheims hat diese Grenzziehung allerdings keinen Schaden zugeführt - im Gegenteil. Die Zeichen stehen in der Apfelstadt weiterhin auf Wachstum. Durch neue Wohngebiete wie den "Merler Keil III" ist gewährleistet, dass die Kommune auch weiterhin mehr Einwohner bekommt. Dass die Plantagen die Stadt wie einen Grüngürtel umschließen, lässt sich am ehesten im Fahrradsattel erkunden. Zur grünen DNA gehört, dass die Stadt an eine Fülle von Radwegen wie die neue "Apfelroute" angeschlossen ist. Das Siegel "Fahrradfreundliche Stadt" verdient sie sich immer wieder aufs Neue - ein Umstand, von dem viele Kommunen in der Region allenfalls träumen können.

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