Deutschkurse für Ausländer in Alfter und Bornheim Initiative befürchtet Qualitätseinbußen

Alfter/Bornheim/Bonn · Eine Volkshochschuldozentin aus Bornheim-Oedekoven gab Deutschkurse für Ausländer. Nun schult sie aus finanziellen Gründen um.

 ehemalige Deutsch für Ausländer: Bettina Weidner findet, dass Lehrer für Deutsch für Ausländer zu schlecht bezahlt werden. FOTO: ROLAND KOHLS

ehemalige Deutsch für Ausländer: Bettina Weidner findet, dass Lehrer für Deutsch für Ausländer zu schlecht bezahlt werden. FOTO: ROLAND KOHLS

Foto: Roland Kohls

Wohl kaum in einem anderen Punkt sind sich die Politiker aller Parteien so einig wie in diesem: Flüchtlinge sollten möglichst schnell die Möglichkeit bekommen, Deutsch zu lernen, denn Sprachkenntnisse sind der Schlüssel zur Integration. An Volkshochschulen, Sprachschulen und Bildungswerken werden deshalb Integrations- und Alphabetisierungskurse angeboten, in denen den Zufluchtsuchenden die Sprache, aber auch die Kultur ihres neuen Heimatlandes vermittelt wird.

Bettina Weidner (35) hat acht Jahre lang, von 2006 bis 2014, solche Kurse gegeben, zuletzt an der Volkshochschule Bornheim/Alfter. Um sich zu qualifizieren, hatte sie in München Deutsch als Fremdsprache studiert. Die Arbeit hat ihr Spaß gemacht. „Da waren tolle Menschen dabei, und es war schön zu sehen, welche Fortschritte sie im Deutschen gemacht haben“, so Weidner. Trotzdem schult sie nun zur Erzieherin um.

„Die Arbeitsbedingungen waren der einzige Grund für mich zu gehen“, sagt die Oedekovenerin. Denn als Lehrkraft an der Volkshochschule arbeitete sie gezwungenermaßen selbstständig und zahlte Sozialversicherungs- und Rentenbeiträge aus eigener Tasche.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) schreibt ein Mindesthonorar für Integrationskurse vor, das die Volkshochschule bezahlte. Bis Ende 2015 waren das 20 Euro pro Unterrichtseinheit, seit Jahresanfang sind es 23 Euro.

Im Bonner Offenen Kreis (Bok) haben sich Lehrkräfte für Deutsch als Fremdsprache bzw. Deutsch als Zweitsprache unter dem Dach der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (Gew) zusammengeschlossen. Auf ihrer Website präsentieren sie eine Modellrechnung, die deutlich macht, was diese Honorare für jeden einzelnen bedeuten.

„Der Verdienst liegt knapp über dem Hartz-IV-Satz, wenn man Vollzeit arbeitet“, erklärt Stephan Pabel vom Bok: „Mir blieben bislang 12 000 Euro pro Jahr.“ Von der Erhöhung der Honorare in diesem Jahr würden die Lehrkräfte faktisch nichts merken, da auch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge stiegen, meint der Pädagoge. Ist man krank oder macht Urlaub, verdient man nichts. Pabel: „Die Folgen sind mitunter dramatisch, wenn man zum Beispiel nach einem zweiwöchigen Krankheitsausfall seine Miete nicht mehr bezahlen kann. Ich habe schon mit Fieber unterrichtet.“

Weidner verzichtete vor der Geburt ihrer Tochter auf den Mutterschutz und hielt den Kursus auch ab, als ihr aufgrund der Schwangerschaft sehr übel war. „Es gibt keine Planungssicherheit“, betont Weidner. Sie bekam Verträge pro Modul, also für etwa eineinhalb Monate. Zweimal passierte es ihr, dass Kurse zwei Wochen vorher abgesagt wurden, weil Teilnehmer abgesprungen waren und zwei Gruppen zusammengelegt wurden. Finanziert werden die Kurse durch eine Trägerpauschale des Bamf pro Kursteilnehmer, sie wurde in diesem Jahr von 2,94 Euro auf 3,10 Euro erhöht, also um 16 Cent.

Träger der Volkshochschule Bornheim/Alfter, an der Weidner unterrichtet hat, ist die Stadt Bornheim. Auf eine Anfrage des General-Anzeigers sagte der Beigeordnete Markus Schnapka, er stimme mit der Kritik der Lehrkräfte überein. Eine Erhöhung aus kommunalen Mitteln sei aber aufgrund der Haushaltslage nicht möglich, der Hauptfinancier der Kurse sei das Bamf. „Wir können nicht das bezahlen, was wir eigentlich wollen und richtig finden und auch nicht die Kontinuität bringen, die wir eigentlich bringen sollten“, sagt Schnapka. Das Bamf hätte nach Protesten zwar die Pauschale pro Teilnehmer leicht erhöht, dabei aber immer noch keine Festanstellungen vorgesehen.

Wie Weidner wenden viele qualifizierte Lehrkräfte den Sprachschulen den Rücken zu und suchen sich andere Betätigungsfelder.

Offizielle Statistiken gibt es nicht, Pabel schätzt aber aufgrund einer eigenen, nicht repräsentativen Umfrage unter Lehrkräften in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, dass ein Drittel der an einer Volkshochschule beschäftigten Lehrer für Integrationskurse sich besser bezahlte Jobs gesucht habe. Der Bonner Offene Kreis befürchtet dadurch Qualitätseinbußen im Unterricht, die die Integration der Migranten verzögern oder gefährden könnten.

Weitere Informationen auf der Internetseite des Bonner Offenen Kreises unter www.bonneroffenerkreis.jimdo.com.

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