Integration in Bornheim Zwischen Traum und Albtraum

Bornheim · Schüler der Internationalen Klassen des Bornheimer Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums zeigen eine Theaterperformance, die sie mit Regisseurin Elisabeth Preuß erarbeitet haben.

„Ich-Du-Wir“ war die Theaterperformance überschrieben, die zehn Schülerinnen und Schüler der beiden Internationalen Klassen des Bornheimer Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums (AvH) im Forum zeigten. Es ist Teil des vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geförderten dreijährigen „Jede Jeck es anders“-Programms an Schulen.

Die 13 bis 17 Jahre alten geflüchteten Jugendlichen sind erst seit eineinhalb Jahren am AvH, das sie nach zwei Jahren in die für sie passenden Schulformen wieder verlassen werden. Sie kommen aus Syrien, Afghanistan, dem Irak, Albanien und dem Iran. „Sie sprechen nur wenig Deutsch, manche haben noch nie eine Schulerfahrung gemacht und sind Analphabeten“, sagt Astrid Becher-Mayr, eine der betreuenden Lehrerinnen. Sie weiß, dass sich viele der Geflüchteten in der Schule sehr wohl fühlen, sie als einen Ort empfinden, an dem sie ihren Platz gefunden haben. „Sie sagen, das Klassenzimmer ist ihr Zuhause“, so die Lehrerin.

„Alle musischen Bereiche, also Musik und Kunst, funktionieren in den Internationalen Klassen natürlich sehr gut und auch schneller als der Kernbereich der Spracherziehung“, weiß auch Schulleiter Christian Dubois, der ebenso wie der Landtagsabgeordnete und stellvertretende Bürgermeister Jörn Freynick, Bornheims Sozialdezernentin Alice von Bülow sowie einige Lehrer und Schüler zu der nachmittäglichen Aufführung erschienen ist.

Ein halbes Schuljahr lang haben sich Jugendlichen mit der Regisseurin Elisabeth Preuß über ihre Lebenswirklichkeit auseinandergesetzt und versucht, sie in Worte zu fassen und auf der Bühne darzustellen. Preuß: „Zu Anfang hatten wir gar nichts. Es gab keine Vorlage. Wir haben mit Improvisationen begonnen, und erst nach und nach kamen Texte und Choreografien dazu.“ Auf diese Weise seien „Geschichten aus ihren Träumen oder besser Albträumen entstanden“, sagt Preuß, die bereits im November 2016 mit 120 Schülern das Stück „Erinnern für heute und morgen“ zum Gedenken an die Opfer der Pogromnacht in Bornheim inszenierte.

Auf der Bühne des AvH stehen zehn Stühle, die nach und nach von fünf jungen Frauen und fünf jungen Männern eingenommen werden. Ihre Bewegungen geschehen in Zeitlupe. Trotz treibender Musik bleibt die Zeit stehen. Vielleicht wird sie auch zurückgedreht. Über ihr Abzählen werden die Protagonisten zu Nummern. Anfangs leise, dann immer lauter skandieren sie „Ich muss immer…“ und setzen den Satzanfang mit „warten“, „respektvoll sein“, „anderen helfen“, „Deutsch lernen“ oder auch „glücklich sein“ fort. Sätze, die ihnen schon oft gesagt worden sind. Doch dann kommt ein neuer Satz hinzu: „Ich muss um meine Freiheit kämpfen!“

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