Volo will's wissen Zu Besuch beim Sechtemer Rasen-Landwirt Josef Commer

BORNHEIM-SECHTEM · "Alles just in time" - das sagt Josef Commer häufig. Vor allem, wenn er vor aufgerolltem Rasen steht. Seinem Rasen, der bald jedoch den Besitzer wechseln wird. Am besten noch am gleichen Tag. Sonst wird er gelb und unansehnlich.

Und er duftet nicht mehr nach einer Mischung aus frisch aufgewühlter Erde und Rasenmähen, so wie gerade in Commers schönem Lagerraum in Sechtem, einer modernisierten Scheune, verziert mit altem landwirtschaftlichen Gerät.

Doch das braucht Commer schon lange nicht mehr. Er ist zwar auch Landwirt, aber kein gewöhnlicher. Er bewirtschaftet 80 Hektar Fläche. Seine Ernte: Rasenrollen. Sein Arbeitstag: sehr lang. Seine Lieferung: immer pünktlich, oder eben: "Just in time."

Zeit ist momentan ohnehin so eine Sache bei Commers "Rasenrolle"-Betrieb. "Der Winter war viel zu lang. Jetzt wollen die Leute alle ihren Rasen haben." 70 bis 80 Stunden arbeitet er dafür in der Woche. Teilweise geht es um vier Uhr in der Früh los. "Von null auf 150 Prozent", sagt Commer. Acht Angestellte und seine Frau Marie-Theres unterstützen ihn. Die Hauptabnehmer seiner zwei Rasensorten "Premium Supra" und "Spiel + Sport RSM 2.1" sind Privatleute. Auch Ex-Profifußballer Ulf Kirsten hat seinen Garten mit Grün aus Sechtem belegt. Hin und wieder nehmen zudem Amateursportvereine oder Sportschulen etwas ab. Und Tisch- und Bühnendeko hat Commer ebenfalls schon geliefert.

Das Größte waren für ihn jedoch die Dreharbeiten zu "Das Wunder von Bern". Die Spielszenen des Sönke-Wortmann-Films von 2003, der den Weg der deutschen Fußball-Nationalmannschaft zum WM-Titel 1954 nachzeichnet, sind komplett auf Bornheimer Geläuf entstanden. "Alles bei mir auf der Parzelle", sagt Commer.

Er hat sozusagen den grünen Teppich ausgerollt. Das Filmteam baute ein kleines Stadion auf und simulierte das ganze Drumherum am Computer dazu. "Damit waren die zwei Wochen beschäftigt." Commer, der FC-Fan, strahlt. Doch viel Zeit zum Plauschen hat er nicht, er muss wieder aufs Feld, neuen Rasen säen. Der braucht nämlich gut zwölf Monate, bis er erntefähig ist, um dann verkauft zu werden. "Just in time", sozusagen.

Derweil wird auf einem weiteren Feld, gleich hinter dem Hof an der Breslauer Straße gelegen, geerntet. Mittlerweile läuft alles völlig unromantisch maschinell ab. Der Trecker fährt wie auf Schienen über die hellbraune, bereits abgeschälte harte Fläche und hebt die gut zwei Zentimeter dicke Rasensohle mit sauberem Schnitt aus der Erde. Handarbeit ist dabei nur das richtige Justieren des Treckers, damit kein Stück Rasen verschenkt wird. Über ein Förderband wird der Rasen dann auf den Anhänger transportiert, geschnitten, gerollt und sauber gestapelt - die Kunden müssen ihn jetzt nur noch abholen

Fährt man ein bisschen durch die Gegend um Commers Hof, könnte man vermuten, es würde ein Golfplatz gebaut. Sattes gepflegtes Grün, wohin das Auge reicht. So sieht wohl das aus, was man als "englischen Rasen" bezeichnet. Damit das so bleibt, wird gemäht. Und gemäht, und gemäht. 60 bis 70 Hektar, drei Mal die Woche. Bei diesem Zeitaufwand sei Ackerbau harmlos, hatte Commer eben noch gesagt. Doch so ein bisschen Ackerbauer ist er ja selbst noch.

Hin und wieder muss er auf einer Fläche für ein paar Jahre Getreide, Mais oder Raps anbauen. Würde er sich dauerhaft auf den Rasen beschränken, würden sich Ungräser bilden. Sein Produkt wäre qualitativ nicht mehr so hochwertig. Und das will er nicht, das wollen seine Kunden nicht. Die wollen guten, frischen Rollrasen, "just in time".

Moritz Rosenkranz ist Volontär beim General-Anzeiger. In der Reihe "Volo will's wissen" besucht er markante Orte in der Region.

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