Jens Streifling "Wir wohnen mitten auf dem Dorfplatz"

Bornheim-Brenig · Vor knapp zwei Jahren drehte hier der letzte Wirt seinen Zapfhahn zu. Bis dahin war die Breniger Gaststätte "Op de Kant" über 100 Jahre lang Treffpunkt für die Dorfgemeinschaft. Dann passierte lange Zeit nichts in dem großen Haus am Dorfplatz. Weil zunächst kein Käufer in Sicht war, fürchtete die Besitzerin Margarete Fußwinkel und Ehefrau des verstorbenen Heinrich Fußwinkel, den Familienbesitz auf der Breniger Kante abreißen zu müssen.

 Zuhause: BAP-Gitarrist Jens Streifling vor dem Breniger Wasserturm.

Zuhause: BAP-Gitarrist Jens Streifling vor dem Breniger Wasserturm.

Foto: Henry

Solche Gedanken gehören inzwischen der Vergangenheit an, denn "Op de Kant" herrscht neues Leben. Und wer viel Glück hat, hört vielleicht aus der ehemaligen Kneipe auch wieder Musik spielen, vielleicht sogar ein bekanntes Saxophon-Solo. Denn die neuen Eigentümer des ehemaligen Gasthauses sind Jens Streifling (35) mit seiner Frau Maren (31) und ihren drei Kindern. Der Musiker (Saxophon, Mundharmonika, Gitarre) gehört seit sieben Jahren zur bekannten kölschen Band BAP.

"Für uns ist das Haus ideal, weil wir unheimlich viel Platz brauchen", sagt Streifling. Er benötige Raum für seine Musik, so plane er beispielsweise junge Bands in seinem Studio zu produzieren. Seine Frau brauche Platz für ihre Werke, sie ist Malerin. Und dann sind da noch die drei Kinder, vier, acht und zwölf Jahre alt, die sich am liebsten im 180 Quadratmeter großen ehemaligen Dorfsaal austoben. "Manchmal bauen wir uns hier auch einen großen Tisch auf, zünden Kerzen an und essen hier mit unseren Gästen", so Maren Streifling.

Wer frühere Fotos von der Gaststätte sieht, insbesondere vom Innern, mag kaum glauben, dass dort, wo die Küche der Familie steht, einst kühles Blondes gezapft wurde. Und dass dort, wo die Streiflings an ihrem großen rustikalen Bauerntisch sitzen, sich einst Gastwirt und Kellnerin durch die Tischreihen schoben. Über Platzmangel braucht sich die Familie in dem 500 Quadratmeter großen Gebäude nicht zu beklagen, und endlich können Träume realisiert werden. "Wir planen hier Ausstellungen und multikulturelle Veranstaltungen", sagt Jens Streifling. Natürlich auch mit Musik. Die Akustik des Saales sei dazu optimal.

Ein halbes Jahr lang hätten sie über den Kauf nachgedacht. "Irgendwann fühlten uns dann auch verpflichtet, es zu kaufen, weil es sonst wahrscheinlich abgerissen worden wäre", so Maren Streifling. Sie war es auch, die die dreimonatige Umbauzeit organisierte. Ihr Mann saß in dieser Zeit bei Studioaufnahmen für die BAP CD "Tonfilm".

Fast komplett sei der untere Teil, das um 1900 erbaute Hauptgebäude, entkernt und renoviert worden. Der um 1830 entstandene Altbau soll später mal saniert werden, um dort Ateliers für Künstler unterzubringen, beispielsweise von Studenten der Alanus-Hochschule, wo Maren Streifling hin und wieder ein paar Semester belegt. Mit Spannung verfolgten auch die Breniger, vor allem die Alteingesessenen, das Geschehen rund "Op de Kant".

Manch einer habe, nachdem die bunten Wirtshausscheiben gegen normales Fensterglas ausgetauscht worden war, auch einen Blick ins Innere gewagt und sei dann ganz erschrocken zurück gewichen, als er erkannt habe, dass er den neuen Besitzern direkt in die Küche und ins Wohnzimmer schaute.

Das nehmen die Streiflings den Brenigern nicht übel. "Wer wie wir mitten auf dem Dorfplatz wohnt, kann sich nicht verstecken", so Jens Streifling. Außerdem leben sie schon seit vier Jahren in Brenig, wo sie sich sehr wohl fühlen und deshalb auch eine Reihe der Dorfbewohner kennen. Aus Leipzig stammend, wohnte die Familie zunächst in Köln, bis sie zufällig auf Brenig stießen. Begeistert von der Dorfgemeinschaft sei ihnen schnell klar gewesen: "Hier wollen wir bleiben."

Vor allem die Breniger Jugendarbeit beeindruckte Jens Streifling. Für den Breniger Pastoralreferenten Bruno Schrage findet er nur anerkennende Worte. Der habe auch die Idee gehabt für das Festival gegen Gewalt und Extremismus - "Zeichen setzen" - am kommenden Dienstag in Hersel. Bei dem wirkt Streifling natürlich nicht nur als Pate des Konzerts mit. Und welchen Überraschungsgast das BAP-Mitglied an diesem Abend erwartet, ist kaum schwer zu erraten.

Karten für "Zeichen setzen" am Dienstag, 2. Oktober, ab 17 Uhr in der Rheinhalle Hersel gibt es für zehn Mark bei der Kreissparkasse in Alfter und Bornheim, bei der Postfiliale und der DEA-Tankstelle in Bornheim, unter 0 22 22/93 58 00 und im Internet unter www.zeichensetzen.com sowie an der Abendkasse.

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