Prozess in Bonn Sturz vor Kirche gehört zum Lebensrisiko

BORNHEIM · Nicht immer kann man für sein Unglück andere verantwortlich machen. Das erfuhr eine 65-jährige Kirchgängerin aus Bornheim nun vor dem Bonner Amtsgericht, vor dem sie einen anderen Gläubigen auf Schmerzensgeld verklagt hatte: Sie war nach der Messe über dessen Fuß gestolpert und gestürzt. Das Gericht aber wies die Klage als unbegründet ab.

Als die 65-Jährige am 18. Dezember 2011 die Kirche verließ, stand als einer von knapp 20 Kirchgängern auch ein junger Vater mit seinem dreijährigen Sohn auf dem Arm auf dem Platz vor der Kirche. Er wartete darauf, dass seine Frau mit der Tochter aus dem Gotteshaus kam.

Plötzlich drehte er sich und damit auch seinen Fuß in Richtung Kirchentür. Und genau in diesem Moment wollte die 65-Jährige an ihm vorbeigehen. Sie stolperte über seinen Fuß, fiel kopfüber nach vorne zu Boden. Dabei zog sie sich nicht nur Schrammen an Knien, Händen und Gesicht zu, sondern auch einen Bruch des linken Ringfingers, der ihr ein halbes Jahr später noch Probleme und Schmerzen bereitete, wie sie vor Gericht erklärte.

Und dafür verlangte sie nun im Prozess 3500 Euro Schmerzensgeld von dem jungen Vater, der sich ihrer Meinung nach nicht so abrupt und ohne nach hinten zu blicken hätte umdrehen dürfen. Doch der Zivilrichter bewertete den Fall anders.

Es entspreche nicht den verkehrsüblichen Sorgfaltsmaßnahmen, sich vor dem Umdrehen auf einem Platz auch noch vergewissern zu müssen, dass man damit niemanden in Gefahr bringe. Der Richter befand: "Es gehört zum allgemeinen Lebensrisiko, dass jemand, der sich unter Menschen aufhält, bewegt und kommunikative Nähe und gemeinschaftliche Aktivitäten sucht, mit einer anderen Person zusammenstößt." Man könne nicht darauf vertrauen, dass sich ein Kirchgänger nach der Messe nicht plötzlich umdrehe. "Sie hätte mehr Abstand halten müssen", stellte der Richter fest und erklärte den Fall für erledigt.

Das aber ist er für die 65-Jährige keineswegs: Wie ein Gerichtssprecher bestätigte, hat sie Berufung vor dem Bonner Landgericht eingelegt.

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