Wasserwerk Eichenkamp "Störfall darf sich nicht wiederholen"

BORNHEIM · Wie kam es zu dem Trinkwasserunfall am 11. April in den Rheinorten Widdig, Uedorf und Hersel? Wie gefährlich war es und wie kann ein weiterer Störfall verhindert werden? Mit diesen Fragen beschäftigten sich der Betriebs- sowie der Verwaltungsausschuss der Stadt Bornheim in einer Sondersitzung.

Antworten versprachen sich zudem knapp 30 Besucher, die sich über die Hintergründe des Vorfalls informieren wollten. Bei diesem war im Wasserwerk Eichenkamp zu viel ätzende Natronlauge ins Wasser gelangt; mehrere Menschen klagten über Hautreaktionen wie Rötungen oder brennende Kopfhaut. Fünf wurden ambulant behandelt.

Zumindest die technischen Abläufe ließen sich laut Andreas Holy, Geschäftsführer der H2U aqua.plan.Ing-GmbH, nicht lückenlos aufklären. Der Grund: Nicht alle Parameter würden aufgezeichnet, was allerdings üblich sei. Menschliches Versagen schloss er aber aus. Laut dem Gutachter muss es aufgrund einer verstopften Dosierlanze zu einer Ansammlung von Natronlauge im Weichwasserbehälter gekommen sein.

Von dort sei sie dann gegen 14.10 Uhr innerhalb kürzester Zeit ins Trinkwasser gelangt. Weil die Leitungen, die zu den Rheinorten führten, tiefer lägen und die schwerere Natronlauge sich im unteren Bereich der Rohre sammele, seien vor allem diese Orte betroffen gewesen, erklärte Holy. Weitere Ursachen waren: eine zu große Verzögerung bei der technischen Überwachung des PH-Werts und das Fehlen einer automatische Abschaltung der Natronlauge-Dosieranlage. Dies müsse nachgerüstet werden, sagte Holy. Zudem müsse die Anlage mit Messwertgebern versehen werden, die automatisch und unmittelbar einen hörbaren Alarm an die Mitarbeiter des Wasserwerks senden könnten. So könne ein weiterer Vorfall vermieden werden.

Ein solcher Störfall dürfe sich nicht mehr wiederholen, machte Professor Martin Exner, Direktor des Instituts für Hygiene und Öffentliche Gesundheit der Universität Bonn, deutlich und erntete Applaus von den Besuchern. Es sei der "worst case" eines Trinkwasserunfalls gewesen. Exner hat den Störfall nach hygienisch-medizinischen Gesichtspunkten untersucht sowie die Informationskette unter die Lupe genommen. "Es bestand akute Gesundheitsgefahr", die 7400 Menschen in den Rheinorten hätte treffen können. Denn: Natronlauge sei ein Gefahrenstoff, der korrosiv wirke. Auch wenn er ein zugelassener Zusatzstoff für die Trinkwasseraufbereitung sei, um das Wasser zu entsäuern.

Problematisch für die Gesundheit wird es laut Exner ab einem PH-Wert von 11,5. Dann seien Verätzungen möglich; bei einem Wert über zwölf seien sie sogar sicher. In den Rheinorten hatte der Wert zeitweise bei 11,96 gelegen. Das tückische an einer Verunreinigung mit Natronlauge sei, dass man sie nicht rieche und dass sie normalerweise mit Wasser abgespült werden solle.

"Was aber, wenn das Wasser selbst mit Natronlauge versetzt ist?" In diesem Fall zähle jede Minute. In Bornheim sei allerdings zunächst unklar gewesen, womit das Wasser überhaupt belastet gewesen sei. Dadurch sei einige Zeit zwischen den ersten Krankheitsmeldungen um 16.15 Uhr und der Information der Menschen durch Lautsprecher gegen 18 Uhr vergangen. Generell böten sich Lautsprecherdurchsagen in solch einem Fall aber an.

Das sahen einige Politiker anders. Die Durchsagen seien kaum zu verstehen gewesen, bemängelte Konrad Velten, Ortsvorsteher von Widdig. Uedorfs Ortsvorsteher Bernd Marx sprach von einem "absoluten Versagen aller Kräfte". "Wir sind uns alle einig, dass eine sehr viel frühere Aktivierung erfolgen muss und dass es technischen Vorkehrungen geben muss, die bestimmte Automatismen in Gang setzen", sagte Bürgermeister Wolfgang Henseler. Laut Andreas Holy kann die Dosierungsanlage für Natronlauge in spätestens zwei Monaten aufgerüstet sein. So lang bleibt sie abgeschaltet; dem etwas zu säurehaltigen Wasser wird in Absprache mit dem Gesundheitsamt keine Natronlauge beigemischt. Bis spätestens September will die Stadt zudem für rund 96.000 Euro eine eigenes Überwachungssystem installieren.

Einstimmig beschlossen die Ausschussmitglieder, die Anlage aufzurüsten und rund um die Uhr zu überwachen. Zudem sollen Alternativen zur Natronlauge geprüft werden. Auch soll es eine Störfallübung sowie eine Nachbesprechung geben.

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