Ex-Chef von Spargel Ritter Claus Ritter soll geleaste Oldtimer verpfändet haben

Bornheim/Bonn · Ferrari und Porsche: Der Ex-Chef des Spargel- und Erdbeerhofs Claus Ritter hat Millionen für Oldtimer ausgegeben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt indes wegen mutmaßlich illegaler Geschäfte.

 Oldtimer, Baujahr 1959: Der Ferrari Werksprototyp 1287 GT aus dem Fuhrpark von Claus Ritter.

Oldtimer, Baujahr 1959: Der Ferrari Werksprototyp 1287 GT aus dem Fuhrpark von Claus Ritter.

Foto: privat

Nicht knallig rot, sondern dezent dunkelblau. Auch wenn der Ferrari 250 GTE, mit dem der Bornheimer Landwirt Claus Ritter auf dem Video aus dem September 2017 bei einer Oldtimer-Gala im baden-württembergischen Schwetzingen vorfährt, für einen italienischen Sportwagen fast schon unauffällig daher kommt, handelt es sich doch um ein legendäres Auto. Der Wagen ist ein Exemplar der ersten Baureihe (nach GA Informationen ein Werksprototyp mit der ursprünglichen Bezeichnung 1287 GT). Firmengründer Enzo Ferrari selbst soll einst am Steuer gesessen haben. Experten schätzen den Marktwert des GTE auf 1,6 Millionen Euro.

Kauf von Oldtimern über Leasing-Firmen finanziert

Weitere Fotos zeigen Ritter, dessen Bornheimer Spargel- und Erdbeerhof insolvent ist, bei der Oldtimer-Rallye Enns­tal Classic in der österreichischen Steiermark. Auch der Wagen, in dem er diesmal sitzt, ist ein ganz besonderer: ein Porsche 550 Spyder. Traurige Berühmtheit erlangte das Modell, als der amerikanische Schauspieler James Dean 1955 damit tödlich verunglückte. Es ist wohl nicht zuletzt diese tragische Geschichte, weshalb der Spyder heute auf einen Marktwert zwischen vier und fünf Millionen Euro kommt.

Gemeinsame Recherchen von General-Anzeiger und WDR-Landesstudio Bonn haben ergeben, dass Claus Ritter Besitzer einer Reihe weiterer Oldtimer von mindestens mittlerer zweistelliger Zahl war und mit diesen Autos mutmaßlich in illegale Geschäfte verwickelt ist. Weil Ritter zwar Besitzer, nicht aber Eigentümer war, als er einige Autos bei Spezial-Finanzdienstleistern als Sicherheit hinterlegte, um an Geld zu kommen, ermittelt die Staatsanwaltschaft Bonn gegen ihn.

Nach Informationen von GA und WDR hat Ritter die Autos über Leasing-Firmen finanziert. Dabei blieben die Wagen bis zur vollständigen Abzahlung im Eigentum des Finanzdienstleisters. Als Eigentumsnachweis behielt die Firma den Fahrzeugbrief. Dennoch soll Ritter die Fahrzeuge, die ihm nicht gehörten, verpfändet haben. Nach Recherchen von GA und und WDR soll Ritter das Straßenverkehrsamt in Bonn, wo er seinen Wohnsitz hat, getäuscht haben, um die für den Verkauf notwendigen Papiere zu bekommen. Und zwar, indem er den Verlust der Unterlagen eidesstattlich versicherte.

Aus dem Bonner Presseamt heißt es, die Stadt könne aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Auskunft zur Zulassung von Ritters Fahrzeugen geben. Grundsätzlich teilt eine Sprecherin mit: Wenn ein Auto ohne Fahrzeugbrief von der Stadt zugelassen werden soll, prüfe die Zulassungsbehörde, wer Eigentümer beziehungsweise Verfügungsberechtigter ist. Dies könne zum Beispiel durch Vorlage des Kaufvertrages erfolgen. In diesem Zusammenhang werde dann zudem in Deutschland und der Europäischen Union geprüft, ob das Fahrzeug wegen Diebstahl ausgeschrieben ist.

 In diesen Räumen sollte Ritters Restaurant entstehen. Der Bau scheint trotz fehlender Genehmigung weit fortgeschritten.

In diesen Räumen sollte Ritters Restaurant entstehen. Der Bau scheint trotz fehlender Genehmigung weit fortgeschritten.

Foto: Matthias Kehrein

Baubeginn für Restaurant ohne Genehmigung

Sofern sich daraus keine Anhaltspunkte ergeben, könne ein solches Fahrzeug unter Vorlage der „normalen Unterlagen“ und gegebenenfalls unter Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zugelassen werden. Nach Informationen von GA und WDR soll Ritter eine solche eides­stattliche Versicherung abgegeben haben.

Darauf, wie dringend Ritter schon 2018 Geld benötigt haben könnte, weist ein Fall eines Privatkredits hin, den er bis heute nicht zurückgezahlt hat. Von einem Bekannten hat er sich damals 100.000 Euro geliehen. Bedingung für den Kredit war, dass Ritter das Geld innerhalb von einem Monat zurückzahlt. Dies berichtet der Rechtsanwalt, der den Sohn  des inzwischen Verstorbenen Dahrlehensgebers vertritt. Inzwischen hat der Anwalt einen rechtskräftigen Titel für die volle Summe erwirkt. Entsprechende Unterlagen liegen GA und WDR vor.

Dass sein Mandant das Geld tatsächlich bekommt, hält der Anwalt angesichts der Insolvenz von Ritters Betrieb allerdings für „utopisch“. Ferner habe er gegen Ritter Strafanzeige wegen Betrug gestellt. Denn er sei davon überzeugt, dass Ritter wusste, das Geld in der geforderten Zeit nicht zurückzahlen zu können.

Ermittlungen gibt es gegen Ritter auch, weil er Dokumente manipuliert haben soll, um Erntehelfer mit falschen Papieren nach Deutschland einreisen zu lassen. Doch damit nicht genug: Ärger hat Ritter ferner mit der Stadt Bornheim. Dort wollte er in einem großen Glashaus unweit seiner Felder ein Restaurant mit Platz für Hunderte Gäste bauen. Dies geschah wohl in dem Wissen, dass dort die Kanalisation fehlt und vor allem ohne Genehmigung. Anfang vergangenen Jahres gab es deshalb einen Baustopp. Wegen des illegalen Projekts musste Ritter ein Bußgeld im „vierstelligen Bereich“ zahlen, wie die Stadt mitteilt. Der Betrag befinde sich zurzeit „in der Vollstreckung“, teilt die Stadtverwaltung mit. Heißt: Beglichen hat Ritter auch diesen Betrag noch nicht.

Ritter streitet Vorwürfe ab

Im Gespräch mit dieser Zeitung berichtet Bornheims Bürgermeister Wolfgang Henseler vom ersten Gespräch, das er im Frühjahr 2017 mit Ritter wegen des Restaurants geführt habe. Damals habe er deutlich gemacht, dass das Vorhaben nur mit dem richtigen Planungsrecht umsetzbar sei. Um dies entsprechend zu ändern, müsse die Bezirksregierung tätig werden. Nach momentan geltendem Recht sei nur ein kleines Hofcafé gestattet, das dem landwirtschaftlichen Betrieb untergeordnet ist. Übrigens sei Ritters Bauantrag immer unvollständig geblieben.

Die Verbindlichkeiten des Spargel- und Erdbeerhofs belaufen sich laut Protokoll der Gläubigerversammlung auf zwölf Millionen Euro. Dazu kommen Ritters Oldtimer-Geschäfte, bei denen es ebenfalls um mehrere Millionen Euro geht. Im Vergleich wirken das Bußgeld und der jüngste Titel, den ein Gläubiger erwirkt hat, fast schon verschwindend gering. Gemeinsam haben diese Vorgänge jedoch, dass sie die Staatsanwaltschaft wohl noch lange beschäftigen werden. Ritter streitet die Vorwürfe bezüglich der Oldtimer ab. Anfragen, auch zu den anderen Verfahren gegen ihn, hat er bisher unbeantwortet gelassen.

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