Hof Ritter So arbeiten Erntehelfer in der Spargelsaison in Bornheim

Bornheim · Jahr für Jahr kommen Erntehelfer auf den Hof von Sabine und Claus Ritter nach Bornheim - aus Polen, Rumänien und anderen Ländern. Unsere Autorin wirft einen Blick auf deren Arbeitsalltag.

Seit frühmorgens ist Emil Donbrowski mit fünf anderen Erntehelfern in der Aufbereitungshalle des Bornheimer Spargelhofs Ritter beschäftigt. Seine Hände sind ständig nass und kalt, denn die weißen Stangen müssen nach dem Stechen runtergekühlt werden. Dafür legt Donbrowski mit seinem rumänischen Kollegen Nico Vassile die Kisten mit dem Gemüse für zwei Stunden in ein Becken mit vier Grad kaltem Wasser ein. 21 Kisten passen in ein Becken, zwei Wasserbecken stehen in der Halle.

Seit 27 Jahren kommt der 45-jährige Donbrowski nach Deutschland und hilft auf dem Hof von Sabine und Claus Ritter bei der Spargelernte. Vom einfachen Arbeiter hat er sich im Laufe der Jahre zum Vorarbeiter hochgearbeitet.

Das Telefon klingelt, eine Bestellung soll geändert werden. „Wir machen für verschiedene Restaurants den Spargel fertig. Der Kunde möchte jetzt 15 Kilogramm geschälten und 25 Kilogramm ungeschälten Spargel haben“, erklärt er und legt die Stangen in den Schälautomaten ein. In der Aufbereitungshalle wird der Spargel für den Verkauf vorbereitet, egal ob für den Großhandel oder kleinere Bestellungen für Gaststätten.

Auch die Kasse verwaltet er mit

Doch bevor der Spargel bei Donbrowski landet, muss er erst auf dem Feld gestochen werden. Dafür sind von morgens bis abends seine Kollegen zuständig. Er selbst hat nie auf den Spargelfeldern gearbeitet. Wenn das weiße Gemüse sein Köpfchen aus dem Boden steckt, wissen die Arbeiter, dass die Spargelstange geerntet werden kann. Momentan sind etwa 450 Erntehelfer bei Ritter beschäftigt, die für brutto 8,84 Euro Mindestlohn pro Stunde arbeiten. Donbrowski bekommt wegen seiner Vorarbeiterfunktion laut Ritter „einiges mehr“, wie viel genau, will der Landwirt nicht sagen.

Auf 200 Hektar baut Ritter in der Rheinebene zwischen Bornheim und Wesseling vor allem Spargel und Erdbeeren an. An der Sortiermaschine in der Halle geht alles ganz schnell. Vier polnische Frauen arbeiten routiniert: Eine Erntehelferin legt den Spargel aufs Fließband, die nächste packt die einzelnen Stangen ordentlich zwischen Gumminoppen.

Weiter geht es für den Spargel in den Kameratunnel, hier werden die Stangen erfasst und vermessen. Je nach Dicke werden die Stangen in unterschiedliche Fächer abgelegt. Die Helferinnen kontrollieren den Vorgang, sortieren Bruchstangen aus und packen das Gemüse in Körbe ab. Donbrowski kennt die Frauen gut. Sie sind seit mindestens zehn Jahren schon dabei.

Immer für zwei Monate zieht es Donbrowski jedes Jahr nach Bornheim. In seiner Heimat nahe Warschau arbeitet er an einer Tankstelle und nimmt sich ab Mai bis Ende Juni Urlaub, bezahlten, aber auch unbezahlten. Spätestens im April kribbelt es ihm in den Fingern: „Ich kann gar nicht mehr anders. Seit ich 18 Jahre bin, komme ich jedes Jahr nach Deutschland.“ Sein Onkel hat ihm damals vorgeschlagen, ihn zu begleiten und sich als Erntehelfer etwas dazuzuverdienen.

Ritter schätzt es sehr, dass er auf eine feste Truppe, zu der Donbrowski gehört, zählen kann. „Die Zusammenarbeit ist sehr gut. Ich kann mich auf Emil verlassen“, sagt er. Deshalb besitzt der Erntehelfer auch einen Schlüssel der Barkasse mit den Erlösen aus dem Direktverkauf.

Die Kommunikation funktioniert, weil einige der Arbeiter Deutsch sprechen. Donbrowski hat die Sprache auf dem Hof gelernt. Umgekehrt können Ritter und Betriebsleiter Otmar Schmitz einige Wörter Polnisch und Rumänisch. „Auch wenn es nicht viel ist, ist es mir wichtig, wenigstens etwas Small Talk mit den Erntehelfern machen zu können. Zum Beispiel, mal nach der Familie zu fragen“, erklärt Schmitz.

Meist bleiben die Erntehelfer unter sich

Eine Arbeitswoche besteht für die Erntehelfer aus sechs Tagen. Bis zu zehn Stunden täglich sind sie im Einsatz. „Wenn ich frei habe, gehe ich viel spazieren. Am Wochenende war ich auf einem Dorffest“, erzählt Donbrowski. Bornheimer kenne er nicht, die Erntehelfer bleiben eher unter sich. Zwei bis drei Monate bleiben sie meistens in Deutschland.

Viele haben wie Donbrowski einen festen Job in ihrem Heimatland, es kommen aber auch Hausfrauen und Rentner. „Das Verhältnis zwischen Frauen und Männern ist ungefähr gleich“, sagt Ritter. Neue Saisonarbeiter haben oft von einem Bekannten oder Familienmitglied von der Hofarbeit erfahren und sich bei Ritter beworben. „Die Vermittlung funktioniert meist über Mundpropaganda“, erklärt der Landwirt.

Untergebracht ist Donbrowski mit etwa 20 anderen Erntehelfern in einem Wohncontainer hinter der Aufbereitungshalle. Hier hat er sein eigenes Zimmer. „Es gibt Strom und Wasser. Man hat alles, was man braucht“, findet er. Auch die Mahlzeiten werden von Ritter gestellt. Für Unterkunft und Mahlzeiten werden den Arbeitern 13 Euro pro Tag vom Lohn abgezogen.

Zu Hause in Polen warten auf Donbrowski seine Frau und seine beiden Kinder. „80 Prozent arbeite ich für meine Kinder und 20 Prozent für mich“, sagt er. Viele arbeiten so lange, bis sie sich laut Ritter in ihrer Heimat ein Haus leisten können, dann haben sie ihr Ziel erreicht. Donbrowski denkt noch nicht an die Rente: „Wenn ich gesund bleibe, möchte ich noch lange kommen.“

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