Engagement der LVR-Heinrich-Welsch-Förderschule Bornheim Sie schenken Zeit und hören zu

Bornheim-Roisdorf · LVR-Förderschüler kümmern sich um demente Bewohner des Seniorenhauses St. Josef Roisdorf und gewinnen dafür einen Preis der Deutschen Alzheimer Gesellschaft.

 Seite an Seite: Schülerin Freyza (rechts) hilft ihrer „Seniorpartnerin“ Helga Caspary (daneben) beim virtuellen Kegeln im Roisdorfer Altenheim St. Josef. FOTO: AXEL VOGEL

Seite an Seite: Schülerin Freyza (rechts) hilft ihrer „Seniorpartnerin“ Helga Caspary (daneben) beim virtuellen Kegeln im Roisdorfer Altenheim St. Josef. FOTO: AXEL VOGEL

Foto: Axel Vogel

Lächelnd schaut Lehrerin Christine Mackeprang durch das Fenster in den Garten des Seniorenhauses St. Josef in Roisdorf. Was sie sieht, freut sie von Herzen: Geduldig begleitet einer ihrer Schüler eine Seniorin beim Spaziergang durch den Park und hat ihr dabei offenbar viel zu erzählen. Was gesprochen wird, versteht man nicht – aber das ist auch nicht wichtig. Bemerkenswert ist, dass der junge Mann mit den leuchtend grünen Haaren bemüht ist, eine Unterhaltung zu führen – und dass er die an Alzheimer erkrankte Dame, die unter starken Stimmungsschwankungen leidet, überhaupt motivieren konnte, eine Runde an der frischen Luft zu drehen.

Jeden Dienstag macht sich Christine Mackeprang mit sechs Schülern der LVR-Heinrich-Welsch-Förderschule Bornheim auf den Weg nach Roisdorf. Dort verbringen die Mädchen und Jungen Zeit mit dementen Bewohnern des Seniorenhauses, spielen Spiele, lesen vor, unterhalten sich oder gehen spazieren. „Jeder Schüler hat seinen festen 'Seniorpartner', damit ein Vertrauensverhältnis entstehen kann“, erklärt die Lehrerin.

Seit zweieinhalb Jahren ist das Projekt „Jung und Alt – Gestalten macht Spaß“ fester Bestandteil der verschiedenen Berufsvorbereitungskurse der Schule mit dem Förderschwerpunkt Sprache. Im Februar 2016 wurde das Projekt beim Wettbewerb „Alzheimer & You – Zeig deinen Erfindergeist“ der Deutschen Alzheimer Gesellschaft mit einem Sonderpreis für besonderes Engagement ausgezeichnet. Gesucht waren Ideen, wie der Alltag für Demenzerkrankte und deren Angehörige erleichtert oder verschönert werden kann.

Eins-zu-Eins-Betreuung

Während andere Schulen Apps für Menschen mit Demenz, einen sprechenden Bilderrahmen oder futuristische Armbänder mit Timer und Navigation entwickelten, würdigte die Jury bei der LVR-Schule die besondere Herausforderung, die es für Schüler bedeutet, eine Eins-zu-Eins-Betreuung von demenziell erkrankten Menschen zu übernehmen.

„Dieser Preis ist eine tolle Anerkennung unserer Arbeit, und auch die Schüler fühlen sich in ihrem Tun wertgeschätzt“, freut sich Mackeprang über die Auszeichnung.

„Anfangs war ich unsicher, wie unsere Bewohner auf die jungen Leute reagieren würden“, berichtet der Leiter des Seniorenhauses, Uwe Beu. Mittlerweile sieht er seine anfängliche Skepsis unbegründet und ist dankbar für die Unterstützung.

„Die Schüler agieren absolut selbstständig, jeder weiß, wo er hin muss. Und wenn es dem eigenen Seniorpartner einmal nicht gut geht, wird eben ein anderer Bewohner zum Spaziergang oder zum Spielen eingeladen“, erzählt Beu. Besonders wichtig ist Christine Mackeprang, dass ihre Schüler bei den Senioren ihre Sprechhemmungen verlieren. „Ich glaube, die Schüler merken, dass es ihnen hier niemand krumm nimmt, wenn etwas nicht perfekt ist. Es wird anerkannt, dass sie da sind, dass sie sich Zeit nehmen und vielleicht einfach nur ein Lächeln schenken.“ Für die 15- bis 17-jährigen Jungen und Mädchen der Klassen acht bis zehn bedeute das Projekt ebenfalls viel. Mackeprang: „Hier gibt es keinen Leistungsdruck. Man muss keinen Nachweis erbringen, wird nicht bewertet, aber bekommt dennoch eine direkte Rückmeldung.“

Manchmal machen die Schüler allerdings auch die Erfahrung, zurückgewiesen zu werden. „Mit dementen Menschen umzugehen, ist nicht einfach. Hier muss man die Schüler stärken und ihnen bewusst machen, dass abweisendes Verhalten nichts mit ihnen persönlich zu tun hat“, erläutert Beu.

Freyza (16) spielt heute mit ihrer Seniorpartnerin Helga Caspary Kegeln – und zwar an der Spielkonsole Wii. „Anfangs fanden die Senioren dass Wii-Spielen komisch, aber jetzt haben sie Spaß daran. Auch wenn man es immer wieder erklären muss“, erzählt Freyza. Auch Janik beschäftigt sich geduldig mit seiner Seniorpartnerin. „Oft ist sie schlecht drauf oder sie ist traurig und möchte gar nichts machen“, berichtet der 15-Jährige. „Dann erzähle ich ihr etwas Lustiges, damit sie wieder gute Laune bekommt.“

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