Sechs Hektar Wald und dafür 50 Jahre Ruhe

Bornheim · Ein neues Gutachten von Diplom-Geologe Michael Veerhoff zieht einen Vergleich zwischen den Abbaufeldern. Große Mengen hochreinen Quarzkieses gebe es demnach nur bei Weilerswist.

Indem sie ein vier bis sechs Hektar großes Waldstück im Kottenforst für die Erweiterung der Abgrabungsfläche Weilerswist-Nord beisteuern wollen - ein Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Gebiet, das als besonders schützenswert eingeordnet wurde -, erhoffen sich Umweltschützer 50 Jahre Ruhe vor den Quarzsandbaggern im Vorgebirge.
Denn nur so, argumentiert Michael Pacyna als stellvertretender Vorsitzender des Landschaftsschutzvereins Vorgebirge (LSV), ist die Ausweisung einer Konzentrationszone für den Abbau von hochreinem weißen Quarzkies überhaupt möglich.
Den wissenschaftlichen Nachweis dafür liefert dem LSV ein Gutachten von Diplom-Geologe Michael Veerhoff, das Pacyna gemeinsam mit Norbert Brauner und Manfred Steiner vom LSV, Harald Hoock und Harro Wolde vom Landschaftsschutzverein Kottenforst (LSK), Horst Feige vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) und Helmut Wolter vom Heimat- und Eifelverein Bornheim am Montag vorstellte.

Anlass für die Initiative der Landschaftsschützer sind Aussagen des Regierungspräsidenten (RP) Hans Peter Lindlar, der für die Konzentrationszone neben dem Abbaufeld bei Weilerswist auch die am Rösberger Sonnenhof und südlich von Buschhoven prüfen will. "Das kam für uns nicht ganz so überraschend", so Pacyna. Deswegen hatte der LSV vorsorglich Veerhoff mit dem Vergleich der Eignung aller Abbauorte beauftragt. Bei der Auswertung der Daten sei selbst bei vorsichtiger Auslegung zugunsten der Quarzförderer deutlich geworden, dass weder Sonnenhof noch Flerzheim genug von dem kostbaren weißen Quarzsand liefern können werden, so Veerhoff. Voraussetzung für die Ausweisung einer Konzentrationszone ist nämlich, dass diese 50 Jahre lang ausreicht. Der Boden unter dem Gelände bei Sonnenhof und Flerzheim sei aber von minderwertigen Gesteinsschichten durchzogen, so dass der Quarzsand im Gegensatz zu Weilerswist nicht das Prädikat "hochrein" verdiene, verwies Veerhoff auf Bodenproben.

Die fragliche Erdschicht bestehe in Weilerswist zu 89 Prozent aus hochreinem Quarzkies, am Sonnenhof dagegen nur zu 34 Prozent und in Flerzheim sogar nur zu 29 Prozent. Die Vermischung der hochwertigen Kiesschichten mit minderwertigem Material trübten die Qualität und erfordern daher für das gleiche Ergebnis viel größere Gruben. Zur Deckung des Bedarfs würde Weilerswist mit 14,6 Hektar Abbaufläche ausreichen, so Veerhoff. Aber nur, wenn die bestehende Grube bis in den geschützten Wald ausgeweitet werden dürfte, bedauerte Pacyna. "Dazu sind wir bereit", bestätigten auch die anderen in der Runde, vor allem, weil der Wald zum Ausgleich an anderer Stelle ausgeweitet werden könne. Die Ausweisung einer Konzentrationsfläche aber, die der Bezirksregierung das Verbot von Abbauvorhaben an anderer Stelle erheblich erleichtern würde, steht und fällt auch mit der Einschätzung des Bedarfs. Veerhoff hatte in einem Gutachten des vergangenen Jahres dargelegt, dass die Industrie mit 175 000 Tonnen im Jahr auskommen würde. Teilweise könne der hochreine Quarzkies sogar durch andere Materialien ersetzt werden. Dann würden 125 000 Tonnen ausreichen.
Für diese Einschätzung sei Veerhoff zunächst als Außenseiter ohne Einsicht in die Erfordernisse der Industrie beschimpft worden, so Pacyna. Mittlerweile hätten aber selbst die Rheinischen Baustoffwerke, eine Tochter der Rheinbraun-Gesellschaft, die Aussagen Veerhoffs bestätigt.

Solange jedoch der Regierungspräsident Bedarfszahlen von 280 000 Tonnen pro Jahr ins Gespräch bringe, die nicht nachvollziehbar seien, müsse er sich auf einiges gefasst machen. "Es müssten nicht nur die drei Gruben, sondern das gesamte Schutzgebiet auf dem Villerücken abgebaut werden, um diesen Bedarf zu decken. Das ist dem RP sicher gar nicht klar", warnte Pacyna vor heftiger Gegenwehr aus der Bevölkerung. Damit widerspreche Lindlar seinem erklärten Ziel, möglichst wenig Fläche für den Quarzkiesabbau zu opfern. Die Entscheidung liegt beim Regionalrat, der an diesem Freitag in Köln tagt - mit Politikern, denen das Veerhoff-Gutachten vorliegt.

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