Thema „Gewalt gegen Frauen" Neinsagen schafft Distanz

Bornheim-Merten · Bei einem Selbstbehauptungskursus der Frauen Union Bornheim im Mertener Pfarrheim geht es um den Umgang mit physischer und psychischer Gewalt.

 Viele Frauen sind unsicher, abends allein auf die Straße zu gehen.

Viele Frauen sind unsicher, abends allein auf die Straße zu gehen.

Foto: DPA

„Stopp. Nein. Nicht lächeln. Distanz wahren“: Die Anweisungen von Michael Schindewolf im katholischen Pfarrheim Sankt Martin in Merten waren eindeutig und klar. Der Diplom-Sportwissenschaftler und Koordinator für Frauenkurse des Polizei-Sportvereins Bonn gab auf Einladung der Frauen Union (FU) Bornheim 18 Frauen Tipps und Verhaltensmöglichkeiten an die Hand, wie sie sich gegen physische und psychische Gewalt sinnvoll und erfolgreich wehren können.

Die Veranstaltung der FU war die zweite der diesjährigen Schwerpunktreihe „Gewalt gegen Frauen“. Den Auftakt machte ein Gewaltpräventionskursus für Mädchen zwischen 13 und 18 Jahren, denen Schindewolf in Rollen- und Teamspielen Selbstverteidigungsstrategien vermittelte.

Am kommenden Samstag, 9. April, wird Polizeibeamtin Kerstin Seiffert ab 10 Uhr in der Bornheimer Versöhnungskirche, Königstraße, „Möglichkeiten der Prävention“ aufzeigen. Und im Herbst soll ein weiterer Selbstbehauptungskursus den vorläufigen Abschluss des Themas bilden.

„Die Gewalt gegen Frauen bewegt mich schon länger. Und nach den Überfällen an Silvester in Köln wurde das Thema noch drängender. Gewalt gegen Frauen gibt es überall in Europa. Vor allem ist die häusliche Gewalt, die nicht ans Tageslicht kommt, ein Problem“, erläuterte Rita Schreiber als Vorsitzende der Bornheimer FU ihre Motivation, eine solche Reihe zu initiieren.

Auseinandersetzungen aus dem Weg gehen

Dass häusliche und außerhäusliche Gewalt für Frauen ein wichtiges Thema ist, zeigte auch die Resonanz bei den Teilnehmerinnen. So äußerten viele Frauen ihr Unbehagen und ihre Unsicherheit, abends allein auf die Straße zu gehen. „Wenn mir mehrere Jungen in einer Gruppe entgegenkommen, wechsele ich die Straßenseite“, brachte eine Teilnehmerin ihre Angst vor einer Konfrontation auf den Punkt.

Einer Auseinandersetzung aus dem Wege zu gehen, sei, so ermutigte Schindewolf seine Zuhörerinnen, kein Zeichen von Schwäche, sondern von Klugheit. „Die Körpersprache ist das erste, was der andere wahrnimmt. Man sollte sich groß machen, vielleicht die Hände in die Hosentasche stecken. Wenn einer einen verfolgt, sollte man gelegentlich stehenbleiben, herumschauen und seine Umgebung bewusst wahrnehmen. Das signalisiert Selbstbewusststein“, machte der Trainer, der in Kooperation mit dem Bonner Kommissariat Kriminalprävention /Opferschutz Kurse erteilt, deutlich. Gemeinsam mit seiner Co-Trainerin Susanna Apitz-Tregl betonte Schindewolf, die Bedeutung des Wortes „Nein“, welches auch nicht mit einem Lächeln abgeschwächt werden sollte.

„Wenn man bedenkt, dass 86 Prozent der Fälle, in denen einer Frau oder einem Kind etwas angetan wird, von Tätern aus dem Bekanntenkreis begangen werden, sollte man gerade dann, auch wenn es einem peinlich ist, konsequent sein und ohne schlechtes Gewissen beim Nein bleiben“, betonte Schindewolf, der die geschilderten Erfahrungen der Teilnehmerinnen wie Stalking, Übergriffigkeit, Belästigungen und die Sorge beim Schutz von Schutzbefohlenen in die verschiedenen Übungen einbaute, um das Verhalten zu analysieren und Veränderungen zu ermöglichen.

„Wir müssen mehr aus Sicht der Opfer tun. Wenn man bedenkt, dass Grabschen erlaubt ist, nur weil es auf der Kleidung passiert. Außerdem ist die Polizeipräsenz zu gering“, sagte Bornheims stellvertretende Bürgermeisterin und FU-Mitglied Petra Heller.

Die Kölner Silvester-Übergriffe gaben zahlreiche Frauen als Grund für ihre Teilnahme am Selbstbehauptungskursus an. Während Marlies Hänsch (63) sich mehr Selbstbewusstsein und richtige Verhaltensstrategien in schwierigen Situationen durch die Veranstaltung erhoffte, wollte die Roisdorferin Annelie Freitag (62) erfahren, „wie ich mich draußen verteidigen soll“. Das Thema „Gewalt gegen Frauen“ war bei der FU auf Landesebene schon 2015 Thema. Es müsse in Zukunft allerdings, so Vize-Bürgermeisterin Heller, noch mehr aus Sicht der Opfer gedacht werden.

Rat und Hilfe erhalten Frauen in Not beim bundesweit geschalteten Hilfetelefon des Bundesamtes für Familien und zivilgesellschaftliche Aufgaben in Köln unter 0 80 00/11 60 16.

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