Gespräch mit Lukas Müller aus Merten, Jugendeuropameister im Bowling "Man muss die Bahn lesen können"

BORNHEIM · Seit Anfang des Monats ist in Merten ein waschechter Europameister zu Hause: Der 17-jährige Lukas Müller erkämpfte sich mit seinem Team die Goldmedaille bei der Jugendeuropameisterschaft im Bowling, die in Leipzig stattfand. Zeit, diesen Erfolg zu genießen, bleibt dem Schüler kaum: Schon in der nächsten Woche stehen die ersten Abiturprüfungen an. Über seine Leidenschaft für einen ungewöhnlichen Sport, seine EM-Eindrücke und seine Pläne für die Zukunft sprach er mit dem GA.

 Trainiert drei bis vier Mal pro Woche: Lukas Müller. In der nächsten Saison wechselt der 17-Jährige zum PSV Bielefeld.

Trainiert drei bis vier Mal pro Woche: Lukas Müller. In der nächsten Saison wechselt der 17-Jährige zum PSV Bielefeld.

Foto: Müller

Erst einmal herzlichen Glückwunsch zum EM-Titel. Wie überraschend kam dieser Sieg für Dich und Deine drei Mitstreiter im Teamwettbewerb?
Lukas Müller: Wir wussten, dass wir stark sind und dass eine gute Platzierung drin ist. Aber mit dem Titelgewinn haben wir nicht gerechnet. Schließlich waren die Finnen und die Schweden, gegen die wir uns im Halbfinale und im Finale durchgesetzt haben, die haushohen Favoriten.

Warum hat es dann doch geklappt?

Müller: Im Halbfinale gegen die Finnen haben wir uns nach schwachem Beginn herangekämpft. Wir waren wirklich ein tolles Team und haben uns gegenseitig unterstützt. Die Entscheidung fiel im letzten Wurf - das war wirklich ein krasser Moment.
Gegen die Schweden sind wir dann sehr selbstbewusst aufgetreten, und es hat von Anfang an alles geklappt. Wir sind total stolz, den ersten EM-Titel seit 15 Jahren nach Deutschland geholt zu haben.

In Deutschland ist Bowling als Wettkampfsport nicht sehr bekannt. Warum hast Du Dich für Bowling entschieden und nicht etwa für Fußball?
Müller: Ich habe tatsächlich bis zur C-Jugend beim SSV Merten gekickt. Irgendwann hat sich meine Mannschaft aufgelöst, und ich habe etwas Neues gesucht. Als ich einmal mit meiner Familie im Bowling-Center war, beobachtete ich auf der Nachbarbahn einen Wettkampf und dachte: Das möchte ich auch machen.

Wie ging es dann weiter?
Müller: Von 2009 bis 2011 habe ich bei den Bowlingfreunden Bonn gespielt. Dann bin ich zum BSC "Strikers" Köln gewechselt, weil ich dort bessere Trainingsmöglichkeiten hatte. Nach ersten Erfolgen auf Landesebene wurde ich in den NRW-Kader aufgenommen und konnte in der Jugendliga spielen.
Bei den letzten deutschen Meisterschaften schaffte ich den Sprung in den Europameisterschaftskader und durfte mit Christoph Schurian, André Michow und Giancarlo Reyes den Teamwettkampf bestreiten.

Was hast Du - außer der Goldmedaille - aus Leipzig mitgenommen?
Müller: Jede Menge tolle Eindrücke. Der Moment, in dem feststand, dass wir Europameister sind, werde ich nie vergessen. Auch das Gefühl, als Team etwas erreicht zu haben, ist toll. Und natürlich habe ich viele internationale Kontakte knüpfen können, die immer sehr bereichernd sind.

Was fasziniert Dich am Bowling-Sport?
Müller: Es ist das Zusammenspiel vieler Faktoren, die ein gutes Spiel ausmachen. Da ist zum einen die Bahn, die eine Rolle spielt. Jede Bahn wird vor dem Wettkampf geölt, und dieser feine Ölfilm ist dafür verantwortlich, wie sich der Ball auf der Bahn verhält. Entsprechend ist die Wahl des richtigen Balles zu treffen. Auch die genaue Beobachtung des Gegners, der mit seinem Versuch eine bestimmte "Spur" auf der Bahn hinterlassen hat, kann entscheidend sein. Man muss die Bahn "lesen" können. Das braucht viel Erfahrung und natürlich jede Menge Übung.

Wie muss man sich das Training vorstellen?
Müller: Ich trainiere drei bis vier Mal pro Woche etwa zwei bis drei Stunden. Das Ziel ist, den Wurf zu perfektionieren und dabei Dynamik mit einem möglichst hohen Grad an Präzision zu kombinieren.

Deine Bestleistung?
Müller: Einmal habe ich 300 Punkte geschafft, das heißt, ich habe zwölf Strikes hintereinander geworfen. Für Laien: Um 300 Punkte zu erzielen muss man zwölf Mal hintereinander alle Pins abräumen. Leider ist mir das bisher nur im Training gelungen.

Ist Bowling ein teurer Sport?
Müller: Leider ja. Für einen speziell auf die Handgröße angepassten Ball muss man 150 bis 250 Euro ausgeben. Und natürlich braucht man je nach Bahnbeschaffenheit oder geplanter Aktion unterschiedliche Bälle. Hinzu kommt, dass ein Ball nur etwa 150 Spiele zu gebrauchen ist - dann muss Ersatz her.
Auch die Startgelder haben es in sich: Bis zu 150 Euro muss man auf den Tisch legen, um an einem internationalen Turnier teilnehmen zu können. Daher wäre ich sehr froh, wenn sich ein Sponsor finden würde, der mich unterstützt.

Wie sehen Deine Pläne für die Zukunft aus?
Müller: In der nächsten Saison werde ich zum PSV Bielefeld wechseln und dort in der Bundesliga spielen. Darüber hinaus will ich internationale Turniere bestreiten, um Wettkampferfahrung zu sammeln. 2016 sind die Jugendweltmeisterschaft in Lincoln, Nebraska und die Jugendeuropameisterschaft in Islands Hauptstadt Reykjavik das große Ziel. Nicht zu vergessen natürlich mein Studium. Ich möchte in Köln Wirtschaftsmathematik studieren. Mal sehen, wie ich das alles unter einen Hut bekomme.

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