Pilze im Rhein-Sieg-Kreis Jeder Irrtum ist gefährlich

RHEIN-SIEG-KREIS · Wenn den sonnigen Tagen ein bis zwei regnerische Wochen voraus gegangen sind, dann sprießen die Pilze. Das weiß jeder Pilzexperte.

Wir treffen uns am Rand des Kottenforstes. "Da das Verlassen der Wege im Naturschutzgebiet Kottenforst nicht erlaubt ist, dürfen mitten im Wald auch keine Pilze gesammelt werden", so der Revierförster Wolfgang Bongardt, der beklagt, dass Pilzliebhaber immer wieder die Wege verlassen und damit das empfindliche Ökosystem des Waldes stören. Im Übrigen ist es nur erlaubt, kleinere Mengen Pilze für den Hausgebrauch zu sammeln.

Mit den Kindern Helene und Paul machen wir uns auf den Weg an eine der erlaubten Stellen. Doch bereits die ersten Meter im Wald lassen befürchten, dass aus dem geplanten abendlichen Pilzessen nichts werden könnte: Der Wald ist voll von bereits modernden riesigen Schwarztäublingen, von Fliegenpilzen und ebenso hoch giftigen Knollenblätterpilzen.

Letztere waren schon mit einem Aufruf der Begeisterung als "Champignons" in einem unserer Körbchen gelandet, als sie von unserem Experten skeptisch betrachtet und nach genauerem Studium als gefährlicher Irrtum schnellstens aussortiert wurden. Leider gibt es viele ungenießbare oder sogar giftige Pilze, die den schmackhaften Vertretern ihrer Spezies zum Verwechseln ähnlich sehen.

So ist es unbedingt ratsam, nur die Pilze zu sammeln, die mit absoluter Sicherheit identifiziert werden können. Schon bei der geringsten Unsicherheit sollte man sich auch von den verführerisch schönsten Exemplaren am besten trennen.

Doch die meisten Pilze, die wir zu sehen bekommen, sind von Maden zerfressen und sehen alt und vertrocknet aus. Die Lust auf das Sammeln von Pilzen mit der Aussicht auf ein leckeres Abendessen geht über in eine sportliche Waldwanderung mit Pilzbestimmung. Es macht zunehmend Freude, Pilze an ihren besonderen Merkmalen zu erkennen. Unsere Gruppe kann sich plötzlich an den Schönheiten und vielfältigen Formen und Farben erfreuen.

Nun rufen wir uns bei besonders schönen Exemplaren von Fliegenpilzen oder Stinkmorcheln zur gemeinsamen Betrachtung zusammen. Erst als Helene plötzlich einen - wenn auch schon etwas betagten - Steinpilz entdeckt, entflammt die Sammelleidenschaft aufs Neue.

"Steinpilze zählen zur Gattung der Mykorrhiza, was bedeutet, dass sie in Symbiose mit Bäumen wie etwa Buche und Eichen treten", steht in einem schlauen Buch. Die Theorie bestätigt sich. Nun untersuchen wir die Umgebung des Fundortes quadratzentimeterweise. Dabei stellen nicht nur die Kinder fest, dass man sich minutenlang mit dem Blick auf ein kleines Stückchen Waldboden konzentrieren kann und immer wieder spannende Entdeckungen macht.

Es gelingt uns tatsächlich, noch ein etwa daumengroßes Steinpilzexemplar zu finden, das allerdings schon etliche Maden vor uns entdeckt haben. Somit überlassen wir den Fund großzügig dem Kreislauf der Natur. Schließlich leben Bäume und Pilze in einer symbiotischen Beziehung. Das riesige unterirdische Pilzgeflecht, das Myzel, versorgt den Baum mit Aminosäuren und Wasser, wofür der sich mit Kohlenhydraten bedankt.

Doch bevor unsere Wanderung für Helene und Paul zu lehrreich wird, widmen wir uns einem neuen Waldstück und werden nun fündig. Unsere Körbe füllen sich plötzlich mit Maronen, Goldröhrlingen und Schopftintlingen. Wir putzen die leckeren Speisepilze noch im Wald und müssen feststellen, dass der früh beginnende Wettlauf zwischen den Sammlern und den Waldbewohnern meist zu Gunsten der Schnecken und Maden ausgefallen ist.

Doch im Wissen um den ökologischen Kreislauf gönnen wir unserer tierischen Konkurrenz den Standortvorteil und erfreuen uns an den wenigen verbliebenen und noch am selben Tag frisch zubereiteten Pilzen.

Worauf der Sammler achten sollte

Für einen ungetrübten Pilzgenuss hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, die in Bad Godesberg ihren Sitz hat, Tipps zusammengestellt:

  • Pilze sollten vorsichtig aus dem Boden herausgedreht und nicht abgeschnitten werden. Denn am Stielende befinden sich häufig wichtige Erkennungsmerkmale, anhand derer sich die Pilze von giftigen Doppelgängern unterscheiden lassen.
  • Pilze enthalten viel Wasser und Eiweiß, das sich schnell zersetzen kann. Daher sind Plastiktüten beim Sammeln ungeeignet. Transport am besten in luftigen Körben.
  • Da auf Wildpilzen auch die Eier des Fuchsbandwurms vorkommen können, empfiehlt es sich, sie nicht roh zu essen. Viele Wildpilze führen roh verzehrt zu Unverträglichkeitsreaktionen, daher ist Erhitzen zu empfehlen.
  • Getrocknete Pilze sorgen für eine gute Würze in vielen Gerichten. Dafür die Pilze in dünne Scheiben schneiden, auf ein Backblech legen und bei geöffneter Backofentür etwa fünf Stunden bei maximal 40 Grad trocknen.
  • Auch das Einfrieren von Pilzen ist möglich: Die Pilze etwas zerkleinern, drei Minuten blanchieren und maximal acht Monate im Gefriergerät lagern.
  • Festfleischige Pilze lassen sich in Essig einlegen. Auf Druckstellen oder Schimmelbefall achten.
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