Berenike Wannenmacher in Bornheim Interview mit einer Märchenerzählerin

Bornheim · Die Märchen- und Geschichtenerzählerin Berenike Wannenmacher aus Hemmerich hat mehr als nur die Geschichten der Gebrüder Grimm im Repertoire. Im Interview sprach sie über Einbildungskraft und die wahre Weihnachtsbotschaft.

 Erzählt von wundersamen Begebenheiten: Berenike Wannenmacher ist Märchenerzählerin mit Leib und Seele.

Erzählt von wundersamen Begebenheiten: Berenike Wannenmacher ist Märchenerzählerin mit Leib und Seele.

Foto: Jürgen Ginter

Spielen Märchen und Geschichten für Kinder überhaupt noch eine Rolle in Zeiten von Facebook, Instagram, Whatsapp und Co?

Berenike Wannenmacher: Sie spielen eine ganz große Rolle. Meistens werden die Kinder an sie von ihren Großeltern oder Eltern herangeführt. Wenn ich erzähle, kommen die Eltern meistens auch mit. Märchen und Geschichten fördern eine ganz andere Form der Kreativität. Man hört zu und entwickelt eigene Bilder im Kopf. Ich erzähle frei, ohne Bühne, ohne Skript oder Buch, so wie früher auf den mittelalterlichen Märkten, teilweise im Kostüm oder in Alltagskleidung. Ich kann mich in eine Ecke stellen und anfangen zu erzählen. Die Kinder entwickeln die Bilder selber in sich. Das finde ich wichtig. Wenn man mit einem Tablet arbeitet oder mit einem Film, werden die Bilder vorgegeben. Das was ich mache, fördert einfach, selber Bilder im Kopf zu erstellen.

Wie ist das denn bei Erwachsenen?

Wannenmacher: Das ist dasselbe. Erwachsene haben den Effekt, dass sie sich an früher erinnern und haben dieses gute, positive Gefühl aus der Kindheit. Da ich Märchen aus allen Kulturen erzähle, haben Erwachsene noch neue Bildgebungen. Sie hören mir richtig zu und haben ihre eigenen Erlebnisse. Es kommen viele Erwachsene ohne Kinder zu mir. Viele, die da waren, kommen noch mal, weil es einfach etwas anderes ist als lesen.

Welche Weihnachtsgeschichte ist für Sie die schönste?

Wannenmacher: Das ist natürlich klar: „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“. Die ganzen tschechischen Sachen finde ich toll. Aber es gibt auch ganz tolle neue Erzählungen wie eine Verfilmung von „Hans im Glück“ aus dem vergangenen Jahr. Es ist eine deutsche Verfilmung, die an der Ostsee spielt. Sie ist wirklich so süß gemacht. Von diesem Hans, der immer alles weggibt und weggibt, bis er nichts mehr hat. Und am Ende des Films trifft er das Mädchen, in das er sich verliebt hat am Meer, da steht die Hütte seiner Mutter und das Boot seines Vaters. Und er sagt: „Das habe ich.“ Darauf sie: „Es kann gar kein größeres Glück geben.“ Er antwortet: „Ja, und das größte Glück ist es, dass ich es teilen darf.“ Das ist ja die Weihnachtsbotschaft überhaupt! Die hat zwar nichts mit dem Christkind zu tun, aber er gibt alles weg und zum Schluss hat er das größte Glück gefunden, das man überhaupt finden kann.

Was ist für Sie das Besondere daran, Märchen und Geschichten zu erzählen?

Wannenmacher: Einmal ist es etwas egoistisches. Es macht mir unfassbar viel Freude! Ich liebe Geschichten und meine Großmutter, die eine geborene Geschichtenerzählerin war, hat mich geprägt. In meiner Familie wurden immer viele Geschichten erzählt, ich höre sie, seitdem ich denken kann, und erzähle sie einfach gerne weiter. Ich liebe den direkten Kontakt zu den Menschen, dazustehen und zu gucken, wie sie reagieren. Gerade bei den Kinder, die sich gruseln oder die Mitleid empfinden, oder die stolz sind, dass es der Ritter geschafft hat. Ich liebe diese direkte Kommunikation zwischen den Menschen und mir.

Wie bereiten Sie sich auf die jeweilige Veranstaltung vor?

Wannenmacher: Ich sammle Märchenbücher und habe mittlerweile 400 Stück, die ich auch lese. Ich weiß, wo ich hingehe, ich weiß, wie viele Leute kommen, ich weiß, wie alt die Kinder sind und ob sie mit Erwachsenen kommen. Mittlerweile habe ich ein Gefühl dafür, was ich erzählen kann und wie lang. Entweder wähle ich nach Wunsch der Leute ein Märchen aus oder ich stelle selber ein Programm zusammen. Es muss zum Thema passen, zum Schluss kommt meistens etwas Heiteres, und die Mitte ist lang und auch etwas anspruchsvoll. Dann lese ich die Geschichten und stelle sie mir im Kopf vor. Ich brauche immer Bilder. Ich weiß genau, wie der Königssohn, das Pferd oder der Fuchs, der sprechen kann, aussehen. Das ist meine Arbeit: Bildsprache im Kopf erschaffen. Zum Schluss erzähle ich die Geschichte noch mal für mich laut.

Weitere Infos: Berenike Wannenmacher tritt beim Winterzauber am Sonntag, 17. Dezember, als Märchen- und Geschichtenerzählerin auf dem Ziegenhof in Bornheim-Rösberg auf. Die Veranstaltung dauertvon 12 bis 19 Uhr.

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