Rajagopal P.V in Bornheim Indischer Aktivist besucht das Alexander-von-Humboldt-Gymnasium

BORNHEIM · ajagopal P.V. ist Gründer und Präsident der Organisation Ekta Parishad, die sich seit Anfang der 90er Jahre nach dem Vorbild Mahatma Gandhis mit gewaltfreien Aktionen für die Rechte der ärmsten Bevölkerungsgruppen in Indien einsetzt. Am Montag war er in Bornheim zu Gast.

 Im Gespräch: Rajagopal P. V. (rechts), Präsident der Organisation Ekta Parishad, unterhält sich in Bornheim mit Schülern des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums.

Im Gespräch: Rajagopal P. V. (rechts), Präsident der Organisation Ekta Parishad, unterhält sich in Bornheim mit Schülern des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums.

Foto: Roland Kohls

Eine Wand, ein Stuhl und dazwischen: ein Mann. Ohne zu zögern, wählt Rajagopal P.V im Seminarraum 2 des Bornheimer Alexander-von-Humboldt Gymnasiums (AvH) diesen Platz für seinen Vortrag. Er tritt nicht hervor, spricht eher leise als laut, seine Gesten sind sparsam.

Rajagopal P.V. ist Gründer und Präsident der Organisation Ekta Parishad (siehe unten stehenden Kasten), die sich seit Anfang der 90er Jahre nach dem Vorbild Mahatma Gandhis mit gewaltfreien Aktionen für die Rechte der ärmsten Bevölkerungsgruppen in Indien einsetzt.

Derzeit hält er sich in Europa auf, um die Unterstützer der Organisation außerhalb Indiens zu treffen, das Netzwerk auszubauen und über seine Arbeit zu berichten. Der Kontakt zum AvH erfolgte über Lehrer Rudi Dopstadt. Seine Bekanntschaft zum Arzt Dr. Karl-Julius Reubke aus Köln, der dem Verein "Freunde von Ekta Parishad e.V." vorsteht, nutzte er, um seinen Schülern die beeindruckende Persönlichkeit vorzustellen. Dopstadt: "In seinem Heimatland genießt Rajagopal P.V. höchstes Ansehen. Dabei versteht er sich nicht als Politiker, sondern als ,social worker', als ,Sozialarbeiter'."

Dass Rajagopal P.V. seine Leistungen ungern in den Vordergrund stellt, machte sein Vortrag deutlich. Von den Hunderttausenden Menschen, die er in den vergangenen Jahren für gewaltfreie Märsche mobilisierte und von den Erfolgen, die durch diese Form des stillen Protestes errungen wurden, hätte er einiges berichten können. Doch das überließ er anderen. Anhand des Dokumentarfilmes "Millions can walk" waren die Schüler und Schülerinnen der Jahrgangsstufe Q1 bereits bestens über den Protestmarsch "Jan Satyagraha" informiert.

Viel wichtiger war es dem 68-Jährigen, den Schülern die Hintergründe seines Tuns zu vermitteln. "Scheut euch nicht, Fragen zu stellen", motivierte er seine jungen Zuhörer wohl wissend, dass die Kommunikation auf Englisch eine gewisse Hemmschwelle darstellen könnte. "Grammatik ist unwichtig. Wichtig ist, dass eure Fragen beantwortet werden."

Die zentrale Forderung, dass diejenigen über Wasser, Wald und Land verfügen sollten, die unmittelbar davon leben, untermauerte er mit vielen anschaulichen Beispielen, bei denen auch der Humor nicht zu kurz kam. Um zu verstehen, was der Verlust von Land besonders für die Ärmsten in Indien bedeute, sei es notwendig, sich klarzumachen, was alles mit Bodenbesitz verbunden sei, erklärte Rajagopal P.V.: die Sicherheit Nahrungsmittel produzieren zu können, Arbeit zu haben und für die Kinder und deren Ausbildung sorgen zu können. Besonders wichtig sei jedoch, dass Inder zu ihrem Land ein "spirituelles" Verhältnis hätten. Familie und Dorfgemeinschaft seien von so großer Bedeutung, dass der Verlust von eigenem Land auch den Lebenssinn mindere.

Beeindruckt von den Worten des Aktivisten zeigten sich die Zwillinge Samira und Yamina Mekhatria (16). "Der Vortrag ist leicht verständlich und dennoch sehr eindringlich", waren sie sich einig. Auch David Greger-Garcia und Tahsin Özen (beide 18) folgten interessiert den Ausführungen. "Er stellt viele rhetorische Fragen und bindet uns mit ein, so dass es nicht langweilig wird." Neben Fragen zur Organisation Ekta Parishad und zu den allgemeinen Lebensbedingungen in Indien wollten die Jugendlichen vor allem etwas über die Persönlichkeit des charismatischen Mannes, der seine Bewegung voller Idealismus, Beharrlichkeit und Bescheidenheit organisiert, erfahren. "Kann man es lernen, so viele Menschen zu überzeugen?" Und: "Wie fühlt es sich an, wenn einem Hunderttausende folgen und man etwas Wichtiges erreicht?", wollten die Schüler wissen. Die Antwort des Aktivisten ergänzte Dr. Karl-Julius Reubke, der in den Jahren 2007 und 2012 an den Protesmärschen teilnahm. "Es ist nicht so, dass einer anführt und alle laufen hinterher. Es ist kein Vorausgehen, sondern ein Mitgehen." Den Schülern legte er ans Herz, sich in der Zeit nach dem Abitur in der Organisation zu engagieren.

Ekta Parishad

Ekta Parishad (Hindi: "Gemeinsamer Rat") ist eine Organisation, die 1991 mit dem Ziel gegründet wurde, nach den Prinzipien der Gewaltlosigkeit Mahatma Gandhis für die Rechte der unterdrückten Landbevölkerung zu kämpfen.

Die Ärmsten Indiens sollen die Kontrolle über ihre lebenswichtigen Ressourcen zurückbekommen, insbesondere Land, Wald und Wasser. Die Abwanderung in das Elend der Slums der Metropolen soll so verhindert werden.

Rajagopal P.V., der charismatische Anführer dieser Bewegung, ist in der indischen Gesellschaft hoch angesehen.

Von Anfang an gehörten Märsche zum zentralen Aktionselement von Ekta Parishad. Von Dezember 1999 bis Juni 2000 fand ein großer Marsch statt, der nach Angaben von Ekta Parishad mehr als 300.000 Menschen mobilisierte und dazu führte, dass etwa 350.000 Landtitel an Landlose vergeben wurden und mehr als 550.000 Anklagen wegen Waldnutzung fallen gelassen wurden.

Am 2. Oktober 2012, dem Geburtstag von Gandhi, fand ein weiterer langer Marsch indischer Landloser und Adivasi für Gerechtigkeit ("Jan Satyagraha 2012") statt.

Der Druck der gewaltfreien Masse auf die Regierung war enorm.

Am 11. Oktober 2012 unterzeichnete Jairam Maresh, Minister für ländliche Entwicklung, das von der "Jan Satyagraha"-Führung geforderte Zehn-Punkte-Programm zu einer umfassenden Landreform.

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