Interview mit Angelika von Linden Hobby-Fotografin zeigt 130 Porträts im Bornheimer Rathaus

Bornheim · Für ihre Ausstellung "Tausend Gesichter", die Ende August im Bornheimer Rathaus eröffnet wird, hat Angelika von Linden 130 Menschen fotografiert. Hinter jedem Porträt steckt eine spannende Geschichte, hat sie GA-Mitarbeiterin Sonja Weber erzählt.

 Hier ist sie mal selbst die Porträtierte: Angelika von Linden, Fotografin aus Bornheim.

Hier ist sie mal selbst die Porträtierte: Angelika von Linden, Fotografin aus Bornheim.

Foto: Axel Vogel

Frau von Linden, worum geht es in dem Fotoprojekt „Tausend Gesichter“?

Angelika von Linden: Die Idee stammt von Andreas Reiner, einem Fotografen, der in der Nähe von Biberach lebt. Er hat deutschlandweit Fotografen dazu aufgerufen, im ersten Halbjahr 2018 tausend Gesichter zu fotografieren. Alltagsgesichter sollten es sein, ehrlich, authentisch und nicht mit dem Programm Photoshop am Computer nachbearbeitet.

Was hat Sie gereizt, an dem Projekt mitzuwirken?

Von Linden: Als ich von dem Projekt erfuhr, hat es mich sofort gepackt, denn ich finde es spannend, Menschen unverstellt und ehrlich zu zeigen. Erst hatte ich Zweifel, ob ich diese Aufgabe wirklich angehen sollte, doch dann habe ich entschieden: Ich mach’s!

Wie haben Sie Ihre Modelle gefunden?

Von Linden: Zum Teil im Freundes- und Familienkreis, zum Teil über Aufrufe bei Facebook. Unter anderem habe ich auch Menschen in einem Blumenladen und in einer Buchhandlung angesprochen und ihnen von meinem Projekt erzählt.

Wie war die Resonanz?

Von Linden: Sehr unterschiedlich. Manche Menschen waren sehr offen und haben sich gerne fotografieren lassen. Andere dagegen haben sofort abgewunken, als sie hörten, dass es um Fotos geht. Einige, weil sie die Bilder nicht im Internet veröffentlicht wissen wollten – viele aber auch, weil sie kein Bild von sich haben wollten. Sie fanden sich schlicht nicht schön genug.

Aber genau darum ging es doch, einmal nicht das vermeintlich Perfekte zu zeigen.

Von Linden: Genau. Bei der Arbeit an dem Projekt habe ich festgestellt, dass es keine hässlichen Gesichter gibt – dafür aber jede Menge Menschen, die sich hässlich finden. Ein Mann wollte sich partout nicht fotografieren lassen, weil er verzweifelt mit seinem Selbstbild haderte. Es ist tatsächlich kein Foto zustande gekommen. Aber das Gespräch mit diesem Mann hat mich so beeindruckt, dass er trotzdem Teil meiner Ausstellung sein wird.

Das klingt nach sehr intensiven Begegnungen.

Von Linden: Ja, so war es. Und das ist auch der Grund, warum ich die Bilder zeigen möchte, auch wenn es „nur“ 130 geworden sind. Hinter jedem einzelnen Foto steckt ein Mensch mit seiner Geschichte, die ich ein wenig kennenlernen durfte. Daher ist jedes Bild es wert, gezeigt zu werden.

Welche Regieanweisungen haben Sie ihren „Models“ gegeben?

Von Linden: Möglichst wenige. Ich habe gesagt: Sei einfach, wie es dir gerade geht. Einmal habe ich recht spät am Abend eine junge Mutter fotografiert: Das Bild zeigt eine müde Frau mit geschlossenen Augen. Und das ist authentisch: Nach einem Tag mit zwei kleinen Kindern sieht man abends nicht mehr taufrisch aus.

Wie viel „Fotograf“ steckt in einem Porträt?

Von Linden: Es ist wichtig, einen Blick für den Augenblick zu haben. Aber dieser kann von Fotograf zu Fotograf sehr unterschiedlich sein. Jemand hat mal gesagt, dass auf einem Porträtfoto immer zwei Menschen sind: Der Porträtierte und der Fotograf.

Welchen Rahmen werden Sie für ihre Ausstellung wählen?

Von Linden: Ich werde eine Leine durch unseren Garten spannen und die Fotos daran befestigen. Im Bornheimer Rathaus werden die Aufnahmen in Vitrinen ausgestellt. Auch das gehört zu den Vorgaben des Projekts: Die Bilder sollen minimalistisch, mit Reißnagel, Wäscheklammer, Fotoecken oder Ähnlichem präsentiert werden. So ist die Wirkung umso größer.

Mit welchem Gefühl gehen Sie in Ihre erste Ausstellung?

Von Linden: Das letzte halbe Jahr hat mich nicht nur fotografisch, sondern auch menschlich weitergebracht. Ich bin unglaublich dankbar, dass mir 130 Menschen ihr Vertrauen geschenkt haben. Das Projekt hat einfach Aufmerksamkeit verdient.

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