Protestanten im Vorgebirge Gottesdienste in einem Bornheimer Tanzsaal

Bornheim · Unter den Preußen kam das evangelische Leben ins Vorgebirge, und Burgherren und ein jüdischer Makler gehörten zu den Förderern. Die älteste protestantische Kirche steht an der Königstraße in Bornheim.

 In der Donatuskapelle - hier ein altes Gemälde - fanden die ersten evangelischen Gottesdienste in Bornheim statt.

In der Donatuskapelle - hier ein altes Gemälde - fanden die ersten evangelischen Gottesdienste in Bornheim statt.

Foto: Stadtarchiv Bornheim/Sammlung Zerlett

Das kleine Gotteshaus ist kaum zu übersehen. Der rotbraune Backsteinbau mit den hellen Streifen fällt ins Auge. Zwar ist das denkmalgeschützte Gebäude an der Königstraße im Vergleich zu anderen Kirchen recht jung. Dennoch ist es für Protestanten im Vorgebirge ein historischer Ort. Schließlich gehört die alte evangelische Kirche von 1863 zu den ältesten protestantischen Gotteshäusern in der Region.

Im Jubiläumsjahr der Reformation präsentiert sich das evangelische Leben im katholisch geprägten Vorgebirge vielfältig. Das war indes nicht immer so. Erst die Säkularisierung der Region (1802) durch die Franzosen und die spätere Übernahme des Rheinlands durch die Preußen (1815) machten das möglich.

Als Käufer von Anwesen seien protestantische Familien mit ihren Angestellten in die Region gekommen, erläutert Bornheims Stadtarchivar Jens Löffler. Beispielhaft nennt er die Freiherren von Carnap auf Burg Bornheim, die von Nordecks auf Burg Hemmerich, die von Müllers auf Burg Metternich und den Kaufmann Essingh auf der Weißen Burg in Sechtem. „Besonders Freiherr Gerhard von Carnap, der auch Presbyter der Gemeinde Bonn war, setzte sich für die Protestanten ein“, so Löffler. Carnap (1795-1865) war von 1837 bis 1861 auch Bürgermeister von Waldorf.

Um 1850 gab es 75 Protestanten

Am 5. März 1851 wurde die evangelische Gemeinde Bornheim gegründet. Mit Brühl teilte man sich zunächst den Pfarrer: Heinrich Richard Edwin Scheden. Die Zahl der Protestanten war immer noch überschaubar. Wie Herrmann Kelm, Pfarrer in Bornheim von 1947 bis 1958, erforscht hat, lebten 1850 im Brühler Sprengel 108 evangelische Menschen, 75 in Bornheim. Von Carnap erhielten die Bornheimer Protestanten auch ihr erstes Gotteshaus: die Donatuskapelle auf dem Gelände der Bornheimer Burg.

Doch dieses Glück währte nicht lange. „Im Jahre 1860 mußte er [Carnap], offensichtlich in Zahlungsschwierigkeiten geraten, seinen gesamten Bornheimer Besitz an die beiden Kölner Bankhäuser Oppenheim und Schaafhausen verkaufen“, berichtet Kelm in seinen Ausführungen, die zu Gemeindejubiläen 1951 und 2001 veröffentlicht wurden. Für die Protestanten war das ein schwerer Schlag. Dass sie sich davon erholen konnten, hatten sie Markus Kaufmann zu verdanken, Grundstücksmakler jüdischen Glaubens aus Köln. Dieser erlaubte der Gemeinde, im ehemaligen Tanzsaal der Wolfsburg Gottesdienste zu feiern.

Ihm ist es auch zu verdanken, dass die Gemeinde das Grundstück erhielt, auf dem heute Kirchengebäude und Pfarrhaus stehen. Bis die erste Kirche stand, musste die Gemeinde nochmals umziehen. Auf Vermittlung von Freifrau Emilie von Carnap erhielt die Gemeinde eine ehemalige Gaststätte. Diese war jedoch zu klein. Dazu berichtet Kelm: „Die im Dorfe Bornheim wohnenden Gemeindemitglieder durften nach einem vom Pfarrer aufgestellten Plan nicht jeden Sonntag den Gottesdienst besuchen, damit die von den entfernten Ortschaften kommenden Gottesdienstbesucher Platz fänden.“ Das änderte sich, als die Kirche 1863 an der Königstraße unter der Leitung des Bonner Kommunalbaumeisters Paul Richard Thomann errichtet wurde.

Der erste eigene Pfarrer

1894 erhielt die evangelische Gemeinde in Bornheim mit Max Volkheim den ersten eigenen Pfarrer, vor allem dank Bertha von Diergardt (1828-1902), die das evangelische Leben maßgeblich förderte. Dennoch blieb die Zahl der Protestanten im Vorgebirge lange Zeit marginal. „Vor dem Zweiten Weltkrieg wurden 450 Protestanten gezählt“, sagt Stadtarchivar Löffler. „Dem gegenüber standen 18 000 Katholiken.“ Nach dem Krieg kamen mit den Vertriebenen viele Protestanten ins Vorgebirge. Laut Löffler hatte die Gemeinde 1947 rund 3000 Mitglieder, viele lebten vor allem in Hersel. Die Ursulinen stellten zunächst eine Turnhalle für Gottesdienste zur Verfügung.

Heute hat Hersel selbstredend eine eigene evangelische Kirche. Sechtem, Uedorf und Widdig gehören mit zur Gemeinde. Bornheim, Brenig und Roisdorf, Dersdorf, Hemmerich, Kardorf, Merten, Rösberg, Waldorf und Alfter-Ort bilden die Kirchengemeinde Vorgebirge, während Walberberg zur Kirchengemeinde Brühl gehört. Gielsdorf, Oedekoven, Impekoven, Witterschlick und Volmershoven-Heidgen gehören wiederum zur Bonner Gemeinde am Kottenforst. Ein buntes Kirchenleben zwischen Rhein und Ville.

Nach Angaben der Stadt leben in Bornheim aktuell 24 856 Menschen katholischen Glaubens und 7792 Protestanten. 15 360 Menschen sind laut Stadt als konfessionslos registriert. Darunter fallen auch diejenigen, die aus der Kirche ausgetreten sind, sowie Angehörige von Glaubensgemeinschaften, für die keine Kirchensteuer erhoben wird, etwa Muslime. In Alfter sind laut Gemeindeverwaltung 11 630 Menschen katholisch und 4536 Personen evangelisch. 646 Personen fallen in die Rubrik „Verschiedene“, 8329 Menschen sind konfessionslos.

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