Training mit Abstand und Maske Wie die Fitnessstudios im Rhein-Sieg-Kreis die Eröffnung erlebt haben

Rhein-Sieg-Kreis · Die Fitnessstudios im Rhein-Sieg-Kreis haben ihre Tore wieder geöffnet - allerdings unter strengen Auflagen. Einige Inhaber erstatten ihren Sportlern die ausgefallene Trainingszeit in Form von Gutscheinen.

 Lockeres Training im Fitnessstudio: Bei Michael Wilcek (rechts) in Alfter stärkt Kiara Lübke an diesem Gerät ihre Beinmuskulatur.

Lockeres Training im Fitnessstudio: Bei Michael Wilcek (rechts) in Alfter stärkt Kiara Lübke an diesem Gerät ihre Beinmuskulatur.

Foto: Axel Vogel/AXEL VOGEL

Zwei Monate lang durften die Fitnessstudios nicht öffnen. Jetzt stehen die Geräte den Sportlern im Rhein-Sieg-Kreis wieder zur Verfügung, allerdings unter strengen Auflagen.

■ Meckenheim: „Es ist, als hätten die Leute in den Startlöchern gestanden“, sagte Tobias Scholz, Mitinhaber des Fitnessstudios „Life Sport“ in Meckenheim. Erst im Oktober hatte der Sport- und Fitnesskaufmann das Studio mit seinem Bruder übernommen. „Corona war nicht unbedingt unser Traumstart“, sagt Scholz. „Aber es hat nicht nur uns, sondern die gesamte Branche hart getroffen.“ Gespannt auf den Neustart, erlebte der 31-Jährige die ersten Tage positiv. „Wir sprechen mit den Leuten, wir informieren und wir treffen auf viel Verständnis.“

Verständnis haben die Sportler für die geschlossene Sauna ebenso wie dafür, dass sie zu Hause duschen müssen und gebeten werden, Hallenschuhe und ein eigenes Handtuch als Unterlage zwischen Körper und Gerät mitzubringen. Auch dass jede zweite Trainingsstation gesperrt ist, sei laut Scholz bei allen gut aufgenommen worden. „Die meisten sind einfach nur froh, dass sie ihr persönliches Sportprogramm nach acht Wochen wieder aufnehmen können.“

■ Rheinbach: Ähnlich erlebte Randolf Fischer, Leiter des Sportparks Rheinbach, den ersten Tag nach der Pause. Auch wenn es, wie in anderen ihm bekannten Studios auch, Kündigungen gab, haben die Menschen auch in der Glasstadt das Angebot gleich am ersten Tag genutzt. „Es sind nicht so viele wie vorher, aber die Menschen müssen auch erst wieder in ihren Rhythmus finden“, zeigte Fischer sich vorsichtig optimistisch. Die meisten Angebote seien wieder wie gewohnt nutzbar, weil man die Geräte weit genug auseinanderstellen konnte. Wo das nicht möglich war, wurde jedes zweite Gerät gesperrt. „In den Kursräumen darf sich je sieben Quadratmeter nur eine Person aufhalten“, erklärte der Sportkaufmann die derzeitige Regelung für Kurse. Bodenmarkierungen helfen den Teilnehmern hier bei der Orientierung.

Alfter: Im Fitnessstudio „Die Schmiede – Warehouse Gym“ werden seit Montag wieder Gewichte gestemmt. „Die meisten Mitglieder haben uns die Treue gehalten. Während der Schließung haben wir viel unterstützendes und aufbauendes Feedback bekommen. Jetzt freuen sich alle, dass es endlich wieder losgehen kann“, berichtet Inhaber Michael Wilczek. Der 35-jährige Familienvater hat arbeits- und sorgenreiche Wochen hinter sich. Denn den laufenden Kosten steht ein zweimonatiger Komplettausfall der Einnahmen gegenüber. „Die Soforthilfe ist ein Tropfen auf den heißen Stein“, erklärt Wilczek. Zwei freie Mitarbeiter und Aushilfen können derzeit nicht weiter beschäftigt werden.

Um den finanziellen Verlust abzumildern, werden Mitgliedsbeiträge weiter erhoben. Die. erstattet werden. Die Phase der Schließung nutzte das Team der Schmiede, um das Studio von Kopf bis Fuß zu schrubben, ein Hygienekonzept vorzubereiten und entsprechende Maßnahmen zu treffen. Aber auch der Kontakt zu den Mitgliedern wurde gepflegt: Über Soziale Medien versorgten die Trainer die Sportler mit jeder Menge Tipps und Vorschlägen fürs heimische Fitnessprogramm.

Als die Wiedereröffnung der Fitnessstudios bekanntgegeben wurden, musste es schnell gehen: Neben der finalen Anpassung des Hygienekonzepts wurden Raumpläne erstellt, die Mitglieder informiert, Geräte umgestellt, Abläufe geplant und geprobt. Um mögliche Infektionsketten nachzuverfolgen muss sich jeder Nutzer in eine Liste eintragen. Die Hälfte der Geräte kann nicht genutzt werden, damit der nötige Abstand gewährleistet ist. Höchstens 60 Sportler können im ganzen Studio gleichzeitig trainieren.

Die Geräte werden nach jeder Nutzung desinfiziert, die Kurse auf sechs Teilnehmer beschränkt, Umkleiden und Duschen bleiben geschlossen. Es besteht Handtuch- und Maskenpflicht, auch während des Trainings. „Mit dieser Maßnahme gehen wir sogar über die gesetzlichen Vorgaben hinaus“, berichtet Wilczek. „Bevor wir in zwei Wochen wieder schließen müssen, schränken wir uns lieber ein.“

 Bornheim-Merten:  Dirk Kau, Inhaber „Sporttreff Merten“ hatte sich das 30-jährige Jubiläum seines Fitnessstudios ebenfalls anders vorgestellt. Auf 500 Quadratmetern halten sich in den Räumen an der Bonn-Brühler-Straße normalerweise etwa 1000 Mitglieder und 300 Reha-Sportler an Geräten und in Kursen fit. „Das war, wie mit Vollgas gegen eine Wand zu fahren. Und das ohne eigenes Verschulden“, beschreibt Kau die erzwungene Schließung seines Studios. Bereits am ersten Tag der Schließung stand das Telefon nicht still – rund 200 Kunden nutzen die Möglichkeit der Freistellung vom Mitgliedsbeitrag. Ein großer Teil habe aber auch große Hilfsbereitschaft und Verständnis gezeigt. „Es war ein Wechselbad der Gefühle“, so Kau.

Um die Liquidität aufrechterhalten zu können, bittet auch er seine Kunden, sich bereits gezahlte Beiträge gutschreiben zu lassen und die Gutschrift im Laufe des Jahres einzulösen. Der Start nach der Wiedereröffnung sei bisher eher verhalten gewesen, viele Kunden warten noch ab. Kurse wie Zumba, Spinning oder Body Combat können nicht angeboten und 50 Prozent der Geräte aufgrund der Abstandsregelung nicht genutzt werden. Umkleiden und Duschen sind geschlossen, und neben vielen Hygieneregeln besteht beim Betreten und Verlassen des Studios Mundschutzpflicht.

Ein geselliges Training nach eigenen Wünschen ist unter diesen Bedingungen schwer möglich. „Aus diesem Grund sehe ich nun eine zweite Kündigungswelle auf uns zukommen“, befürchtet Kau. Leider hätten die 10.000 Fitnessstudios in Deutschland mit geschätzten acht Millionen Mitgliedern kein wirkliches Sprachrohr in der Politik.

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