Israelisch-palästinensische Völkerverständigung in Bornheim Ferien vom Krieg

Bornheim-Walberberg · Israelis und Palästinenser suchen in der Jugendakademie Walberberg den Dialog.

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. 171 Kilometer – diese Entfernung misst der Routenplaner zwischen den Städten Jerusalem und Djenin im Westjordanland. Doch ob die Israelin Adi Goring-Morris (26) und die Palästinenserin Dima (24) irgendwann einmal die dreieinhalbstündige Autofahrt auf sich nehmen werden, um sich gegenseitig in ihren Heimatstädten zu besuchen, steht in den Sternen.

Die Distanz zwischen den jungen Frauen, die innerhalb des Projekts „Ferien vom Krieg – Dialoge über Grenzen hinweg“ zwei Wochen in der Jugendakademie Walberberg verbringen, ist nicht in Kilometern zu messen. Was ihre Geschichte und ihre Erfahrungen betrifft, trennen die beiden Welten. Und doch konnten die Studentinnen während der vielen Diskussionsrunden auch Gemeinsamkeiten, schließlich sogar Zuneigung entdecken.

„Wir müssen miteinander sprechen und uns als Menschen begegnen“, sind sich die beiden mit Blick auf das von Gewalt, Hass und Misstrauen geprägte Verhältnis von Israelis und Palästinensern einig.

„Ferien vom Krieg“ – dieser Titel ist eigentlich irreführend. Denn was die insgesamt 120 Frauen und Männer im Alter zwischen 20 und 30 Jahren während zweier zweiwöchiger Dialogseminare, die seit 2002 vom Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V. organisiert werden, leisten, ist harte Arbeit. „Die Teilnehmer kommen hierher, um die ‚großen Fragen’ wie die Ursachen des Konflikts zu diskutieren“, weiß Projektkoordinatorin Barbara Esser aus Erfahrung. „In den ersten Tagen steht aber zunächst einmal die Auseinandersetzung mit der eigenen Familiengeschichte im Vordergrund.“

„Wir müssen miteinander sprechen und uns als Menschen begegnen“

Sich anzuhören, welche Erfahrungen die jeweils andere Seite gesammelt hat – das sei für viele Teilnehmer aufreibend und schwierig. „Oft kommt es in den Gesprächskreisen zu der Situation, dass das Leid gegeneinander aufgewogen werde. Wer ist mehr Täter, wer ist mehr Opfer? Auf diese Fragen laufe es immer wieder hinaus. „Man muss wissen, dass es für viele Teilnehmer tatsächlich die erste Begegnung auf ziviler Ebene ist“, betont Esser.

Ausgewählte palästinensische und israelische Moderatoren unterstützen die Teilnehmer dabei, mit ihrer Wut über die ausweglose Situation umzugehen und sich auf einen konstruktiven Austausch mit den „anderen“ einzulassen. Ziel ist, dass jede Gruppe beginnt, ihren eigenen Blick auf die Situation kritisch zu hinterfragen und sowohl die Muster als auch die eigenen Anteile am Fortbestehen der Eskalationsspirale zu verstehen. Auch Vorträge wie der von Emmina Geganovic, die das Projekt „Ferien vom Krieg“ für Jugendliche aus Bosnien-Herzegowina, Serbien und Kroatien betreut, werden angeboten.

Um das Wort „Ferien“ im Projekttitel nicht ganz zu vernachlässigen, stehen natürlich auch Freizeitaktivitäten wie Ausflüge nach Köln oder ins Phantasialand auf dem Programm.

„Ich habe noch nie zuvor ein tieferes Gespräch mit einem Palästinenser geführt“, berichtet die Studentin Adi Goring-Morris und fügt hinzu: „Wir leben im selben Land, aber wir kennen uns nicht.“ Man müsse aufeinander zugehen und miteinander reden, ist sie überzeugt. Sie will ihrem Umfeld von ihren Eindrücke berichten und so – im Kleinen – dazu beitragen, Vorurteile abzubauen.

Der Palästinenserin Dima ist Objektivität wichtig. „Vergleiche, wer mehr leidet, sind immer schwierig. Nur wenn man objektiv auf die Situation schaut hat man die Chance, an einer Lösung zu arbeiten.“ In jedem Fall wollen die beiden Studentinnen in Kontakt bleiben – und weiter daran arbeiten, dass Gewalt und Vorurteile eines Tages ebenso überwunden werden können wie die Distanz von 171 Kilometern zwischen zwei Städten.

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