Institut für Rhetorik und Kommunikation in Bornheim Ein ordentliches "Alaaf" will gelernt sein

BORNHEIM · Eine Gruppe gut gekleideter Menschen tritt aus einem Gebäude am Kölner Hohenzollernring und positioniert sich auf dem Gehweg. "Ich werde, ich will, ich kann", schreit eine Frau mit ausladender Geste, während irritiert dreinblickende Menschen eilig an ihr vorüberhuschen "Meine Worte sollen wirken, bewegen und überzeugen", ruft ein Mann, doch seine Stimme wird vom Lärm der Autos verschluckt.

 Das Institut für Rhetorik im Bornheimer Park.

Das Institut für Rhetorik im Bornheimer Park.

Foto: Wolfgang Henry

Nein, der Hohenzollernring war nicht der Ort, den sich Alfred Rademacher, einer der renommiertesten deutschen Rhetoriklehrer, für sein 1960 gegründetes Institut für Rhetorik und Kommunikation vorgestellt hatte. Vielmehr war es Bornheim.

Der Schauspieler und Gründgens-Schüler machte sich auf die Suche nach einem geeigneteren Domizil für das erste Rhetorikinstitut Deutschlands, in dem Führungskräften oder Personen des öffentlichen Lebens rhetorisch auf die Sprünge geholfen wurde. Im beschaulichen Bornheim wurden Rademacher und sein Mitarbeiter Günter Zienterra schließlich fündig: 1970 bezog das Institut für Rhetorik und Kommunikation die Räume des Landhauses im Bornheimer Park.

Seitdem tragen Ruhe und Idylle zum Erfolg des Instituts bei, das zwar abgelegen, aber dennoch gut erreichbar zwischen Köln und Bonn gelegen ist. Allenfalls ein paar Vögel oder Eichhörnchen schrecken auf, wenn Seminarteilnehmer zwecks Stimmübungen auf die Terrasse treten, ihre Worte in den weitläufigen Park des Anwesens hinausschreien oder sich in den Pausen auf dem gepflegten Grün die Beine vertreten.

"Uns ist es wichtig, dass sich unsere Gäste wohlfühlen", betont Günter Zienterra, der das Institut nach dem Tod Alfred Rademachers Mitte der 90er Jahre übernahm. "Du verstehst es, das Institut in meinem Sinne weiterzuführen", hatte der Lehrmeister zu Zienterra gesagt, als er ihm sein Lebenswerk anvertraute. Der heute 73-jährige Rhetoriklehrer erinnert sich noch genau an diese Worte, die ihn mit Stolz erfüllten und immer noch Ansporn für ihn sind. "In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst", lautet Zienterras Maxime.

Inzwischen leitet seine Frau Gabriele als Geschäftsführerin die Geschicke des Instituts, das auch Wohnsitz des Ehepaares ist. Die 46-Jährige führt die von Rademacher und Zienterra entwickelte und lizenzierte Methode der "Erlebnisrhetorik" weiter. "Der Schwerpunkt liegt auf dem Ausprobieren, auf dem Machen", betont Gabriele Zienterra. "Die Teilnehmer sollen kreativ werden, ihre Passivität ablegen und sich freimachen, um frei reden zu können."

Dabei geht es nicht nur um Technik, sondern auch um Selbstbeobachtung und die eigene Entwicklung. "Was macht das mit mir? Passt das zu mir?", sind wichtige Fragestellungen. Seit 2003 hat das in Bornheim ansässige Rhetorikinstitut eine Dependance in Berlin. 15 Mitarbeiter bringen sich mindestens einmal im Jahr durch Fortbildungen auf den neuesten Wissensstand.

Etwa tausend Menschen pro Jahr kommen in die Seminare, die maximal zehn Teilnehmer umfassen und bis zu sechs Tage andauern. Unzählige Visitenkarten, die die Wände des gemütlichen Speisesaals des Instituts zieren, sind Beweis für die Zufriedenheit der Kunden: Fach- und Führungskräfte aus allen Branchen, Politiker auf Landes- und Bundesebene, Verbandsfunktionäre und Fachexperten gehören ebenso zum Klientel wie Einzelpersonen, die ihre Chancen bei der Jobsuche verbessern wollen oder ihren Wiedereinstieg in den Beruf vorbereiten.

Auch Persönlichkeiten des Bonner und Kölner Karnevals nehmen die Hilfe der Experten gerne in Anspruch - sicheres Auftreten in der Öffentlichkeit, Mimik, Gestik und nicht zuletzt ein ordentliches "Alaaf" wollen schließlich gelernt sein.

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