Historischer Blick zurück Die weiße Fahne beendet den Krieg in Rösberg

Bornheim. · Am 5. März 1945 nahmen amerikanische Soldaten Rösberg ein. Willi Hermann hat US-Quellen erforscht.

 Am Rösberger Wasserturm spielten sich vor 75 Jahren dramatische Szenen ab. Das Foto zeigt den Turm in den 1950er Jahren.

Am Rösberger Wasserturm spielten sich vor 75 Jahren dramatische Szenen ab. Das Foto zeigt den Turm in den 1950er Jahren.

Foto: Hans Schmitz

Es ist der 5. März 1945. Um 9.30 Uhr fallen am Rösberger Wald in der Nähe des Theisenkreuzwegs Schüsse. Zwei deutsche Soldaten sterben. Getroffen von Kugeln von US-Soldaten. Die 1. US-amerikanische Armee und die 9. Panzerdivision marschieren gegen 17.45 Uhr – andere Quellen sprechen von 17 Uhr – in Rösberg ein.

Dort waren seit dem 3. März die Deutschen größtenteils abgezogen, geblieben waren ein Oberleutnant mit seiner Mannschaft. Denn sukzessive rückten US-Soldaten aus der Eifel Richtung Bonn und Rhein vor. Am 3. März wurde Heimerzheim bombardiert und schwer zerstört, im Villewald bei Metternich kam es zu Gefechten, am 5. März marschierten die Soldaten aus Weilerswist über den Theisenkreuzweg nach Rösberg ein.

Gegen 9.30 Uhr die weiße Fahne gehisst

Dort hisste gegen 9.30 Uhr auf dem Wasserturm Landwirt Lang gemeinsam mit seinem polnischen Zwangsarbeiter eine weiße Fahne – damals ein Schwerverbrechen, das der Oberleutnant, der die Fahne mit seinem Schnellfeuergewehr sofort heruntergeholt hatte, mit dem Tod des „Fremdarbeiters“ ahnden wollte.

Dazu kam es aber nicht. Es gab heftige Auseinandersetzungen zwischen den Landwirten und dem Oberleutnant, in deren Verlauf die Rösberger diesen überzeugten, den Mann leben zu lassen, „da der Krieg ohnehin verloren sei. Gegen Nachmittag hisste Lang mit seinem „Fremdarbeiter“ erneut die weiße Fahne auf dem Wasserturm, die deutschen Soldaten rückten Richtung Rhein ab.

     Zeichnung von Willi Hermann: Die deutschen Soldaten beschießen den Wasserturm, weil dort die weiße Fahne gehisst wurde.

Zeichnung von Willi Hermann: Die deutschen Soldaten beschießen den Wasserturm, weil dort die weiße Fahne gehisst wurde.

Foto: Susanne Träupmann/Picasa
     Willi Hermann hat das Kriegsende in Rösberg erforscht.

Willi Hermann hat das Kriegsende in Rösberg erforscht.

Foto: Matthias Kehrein

Nach den Schüssen von deutscher Seite nahmen die Amerikaner von 10 bis 17 Uhr das Dorf unter Artilleriebeschuss. 50 bis 60 Granaten fielen bis in die Gärten der Proffgasse hinein und beschädigten unter anderem die Häuser von Hugo Klein (Weberstraße), Stephan Heiliger (Bergstraße) und Michael Heck (Rüttersweg). Für die damals rund 900 Einwohner (1950 zählte der Ort 952 Bewohner, im Krieg waren 56 Männer gefallen) war am 5. März gegen 17 Uhr der Zweite Weltkrieg zu Ende.

Was sich in den letzten Kriegswochen in dem Höhenort abgespielt hat, hat Pfarrer Jakob Flamm (1939 bis 1956) in seiner Pfarrchronik akribisch festgehalten, ein Zeitzeugnis, das auch Rösbergs Dorfchronist Willi Hermann immer wieder zur Hand nimmt, um die Geschehnisse von damals nachvollziehen zu können.

„Für die Rösberger war es ein bedeutendes Ereignis, als die Amerikaner kamen. Denn die haben uns von der Herrschaft der Nationalsozialisten befreit“, erklärt der 54-Jährige. Das Ende des Krieges in seinem Heimatdorf beschäftigt den Ur-Rösberger schon seit Jahren.

Noch lebende Zeitzeugen befragt

So hat er noch lebende Zeitzeugen befragt, im Bornheimer Stadtarchiv geforscht und sich Unterlagen aus dem National Archiv in Washington schicken lassen. Nicht immer stimmen Daten und Uhrzeiten in den Quellen überein, aber das militärische Vorgehen, die Stimmung und die Angst in der Bevölkerung werden in den Berichten anschaulich beschrieben. So stützt sich Hermann besonders auf die Berichte des Ortsgeistlichen und des Heimatforschers und Bornheimer Standesbeamten Norbert Zerlett (1917 bis 1993).

75 Jahre nach Kriegsende ist für Hermann ein ausgesprochen wichtiges Datum, und zwar nicht nur als eine Art Jubiläumstag, sondern „es ist nicht selbstverständlich, dass wir so lange Frieden haben. Diesen Tag wollte ich daher für Rösberg nicht einfach vorbeigehen lassen“. Während die einen voller Angst den 5. März im Keller verbrachten, verlief das Leben im Dorf andererseits in „geordneten Bahnen“. So zum Beispiel während der Beschießung des Ortes, als die „Postbotin von Merten aus ihre Bestellungen vornahm“, hielt Flamm ein Kuriosum der Zeit fest.

Gefahren bestanden trotzdem weiter

Und er erzählt von den ersten Verfügungen der Amerikaner: „Neben der Abgabe aller Waffen und Uniformen wurde ein Ausgehverbot erlassen. Nur von 9 bis 11 Uhr waren freie Stunden. Im Laufe der Nacht rollte Auto auf Auto heran, auch eine Reihe schwerer Panzer. Am Morgen des 6. März war lebhaftes Treiben in den Straßen, auch entwickelten sich in der Umgebung besonders auf Walberberg zu noch lebhafte Kämpfe, sodass noch immer einige Gefahr bestand“, beschreibt Flamm die Nähe zur Front.

Während in der Nachbarschaft die letzten Gefechte stattfanden (die Besetzungen von Merten bis Alfter erfolgten am 7. März, in Widdig am 8. März und in Hersel am 9. März), blieben amerikanische Truppenverbände bis zum 17. März noch in Rösberg stationiert. Dort waren sie im Pfarrhaus und in privaten Quartieren untergebracht.

Nicht alle Ereignisse der Besetzung wurden fotografisch für die Nachwelt dokumentiert. So gibt es kein Foto von Rösbergs gehisster weißer Fahne. „Laut Zerlett haben die Kriegsberichterstatter einen Funkspruch aus Meckenheim abgehört. Da hieß es, dass die Brücke in Remagen noch steht. Das war ein wichtigeres Ereignis als der Einmarsch in ein Dorf im Vorgebirge“, sagt Hermann.

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