Bürgerentscheid zur Bornheimer Wasserversorgung Die Kosten und die rechtliche Komponente

Bornheim · Wie viel Geld für einen Wechsel zu mehr weicherem Wasser fällig würde, ist kompliziert. Der General-Anzeiger erklärt, was es mit den Bezugspreisen und Mehrkosten einer Umstellung auf sich hat.

Was würde eine Umstellung der Bornheimer Wasserversorgung und der Bezug von mehr weicherem Trinkwasser den Bürger und die Stadt eigentlich kosten? Das ist eine wichtige Frage für den Bürgerentscheid am 20. November. Doch sie ist nicht so einfach zu beantworten. Mehrere Aspekte spielen dabei eine Rolle.

Mischungsverhältnis: Wenn eine Mehrheit beim Bürgerentscheid mit Nein stimmt, sich also für eine Umstellung der Wasserversorgung ausspricht, stellt sich die Frage, wie viel weicheres Wasser denn künftig fließen soll. Noch ist unklar, auf welchen Kompromiss sich Verwaltung und Politik dann einigen könnten. Es wird darum gehen, welches Mischungsverhältnis aus dem weicheren, aber teureren Wasser des Wahnbachtalsperrenverbands (WTV) und dem härteren, aber günstigeren Wasser des Wasserbeschaffungsverbandes Wesseling-Hersel (WBV) sie festlegen würden.

Eine Vollversorgung mit WTV-Wasser, wie sie eine Ratsmehrheit zumindest für die Vorgebirgsorte beschlossen hatte, hat die Bezirksregierung Köln in ihrer Funktion als Kommunalaufsicht für rechtswidrig erklärt. Derzeit besteht das Bornheimer Wasser überwiegend aus WBV-Wasser: Dieses macht 75 Prozent aus, das WTV-Wasser 25 Prozent.

Unterschiedliche Bezugspreise: Der Abgabepreis des WBV liegt bei 28 Cent pro Kubikmeter Wasser, der des WTV bei 62 Cent. Im Falle eines Wechsels auf eine Vollversorgung mit WTV-Wasser hatte der Verband der Stadt eine auf sechs Jahre gestaffelte Rabattierung des Preises angeboten. Die Bezugspreise machen aber nur einen Teil der Wassergebühr aus, die der Bornheimer Kunde letztlich zahlt. Diese Verbrauchsgebühr beträgt derzeit nach Angaben des Stadtbetriebs netto 1,61 Euro pro Kubikmeter und brutto (plus Mehrwertsteuer) 1,72 Euro. Bezöge die Stadt nun mehr weicheres WTV-Wasser, dann würden die Bezugskosten steigen. Fraglich ist, ob die Stadt diese höheren Kosten auf die Gebühr umlegen dürfte. Sollte dies aus rechtlichen Gründen nicht gehen, müsste sie die Differenz aus ihrem Haushalt decken.

Das sagt die Kommunalaufsicht: Die Bezirksregierung Köln hat als obere Kommunalaufsicht den Ratsbeschluss geprüft, den CDU, Grüne, ABB und Piraten im Januar mit knapper Mehrheit gefasst hatten. Dieser sah vor, dass die Vorgebirgsorte komplett mit Wasser des Wahnbachtalsperrenverbandes versorgt werden sollten. Die Rheinorte sollten bei geringeren Gebühren zunächst 70 Prozent WTV- und 30 Prozent WBV-Wasser erhalten.

Diese Variante des Versorgerwechsels hat die Bezirksregierung für rechtswidrig erklärt und damit die Auffassung des Bürgermeisters bestätigt, der den Beschluss zuvor beanstandet hatte.

Ein wesentlicher Punkt in der Argumentation der Bezirksregierung ist, dass die Wasserqualität beider Lieferanten „als überdurchschnittlich gut“ zu bezeichnen sei. Zwar gebe es den Unterschied im Härtegrad (WBV-Wasser liegt bei 14 Grad und ist mittelhart, WTV-Wasser bei sieben Grad und ist weich). Aber: „Die Qualität von Trinkwasser definiert sich nicht über den Härtegrad, sondern ausschließlich über die in der Trinkwasserverordnung definierten Qualitätsmerkmale“, führt die Kommunalaufsicht aus. Und die chemischen sowie physikalischen Eigenschaften des Wassers beider Lieferanten seien „weit besser als von der Trinkwasserverordnung gefordert“.

Da die beiden Wässer somit in ihrer Qualität gleichwertig seien, hält die Behörde es für einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, verschiedene Gebühren in der Stadt zu erheben. Zudem meint sie, dass die jährlichen Mehrkosten der angedachten Neuorganisation wegen der vergleichbaren Qualität der Wässer „überflüssig“ seien. Daher könnten sie gemäß dem Kommunalabgabengesetz nicht dem Gebührenzahler zur Last gelegt werden.

Die höheren Kosten würden also den bereits defizitären städtischen Haushalt belasten. Darin sieht die Bezirksregierung wiederum einen Verstoß gegen den Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit, nach dem eine Kommune handeln müsse. Die Stadt laufe durch die zusätzliche Belastung Gefahr, ihr Haushaltssicherungskonzept nicht einhalten zu können. Dieses schreibt ihr vor, dass sie bis 2021 einen ausgeglichenen Etat vorweisen muss.

Die Mehrkosten einer Umstellung: Wie viel Geld ein Wechsel der Wasserversorgung kosten würde, hat die Verwaltung versucht, mit- hilfe von Gutachten zu ermitteln. Für die zuletzt angedachte Umstellung mit 100 Prozent WTV-Wasser für die Vorgebirgsorte schätzt sie die jährlichen Mehrkosten auf bis zu 750.000 Euro (nach Ablauf der vom WTV angebotenen Rabattierung, also ab dem siebten Jahr).

Diese Summe setzt sich zusammen aus den Mehrkosten für den teureren Verkaufspreis des WTV-Wassers von laut Stadt circa 510.000 Euro im Jahr und einem jährlichen Verbandsbeitrag an den WBV von 240.000 Euro. Allerdings gibt es unterschiedliche juristische Auffassungen dazu, ob und in welcher Höhe die Stadt diesen Fixbetrag an den Wesseling-Herseler Verband entrichten müsste, wenn sie weniger oder kein WBV-Wasser bezöge. Für den Fall eines Komplettwechsels zum WTV hatte der WBV überdies angekündigt, eine Klage gegen die Stadt zu erwägen, da er ein Ausscheren Bornheims aus dem Verband für rechtswidrig hält.

Zudem rechnet die Stadt laut Bürgermeister Wolfgang Henseler bei einem Wasserwechsel mit Ausgaben für Änderungen im Netz. Dafür könnten im Zuge von Abschreibungen über einen längeren Zeitraum rund 50.000 Euro jährlich fällig werden, sodass man insgesamt bei etwa 800 000 Euro Mehrkosten im Jahr sei, so Henseler.

Wasserpreis für den Endkunden: Derzeit liegt der Netto-Kubikmeterpreis für Wasser für den Endkunden bei 1,61 Euro. Bei einer WTV-Vollversorgung für die Vorgebirgsorte, wie sie der Ratsbeschluss von Januar vorsah, wäre es um einen Anstieg des Netto-Preises auf bis zu 1,88 Euro beziehungsweise auf bis zu 1,97 Euro (mit Verbandsbeitrag) gegangen. So hat es Bürgermeister Henseler (SPD) in seiner fachlichen Stellungnahme für die Ratssitzung zum Bürgerentscheid ausgeführt. Allerdings unter Verweis darauf, dass sich die exakte Höhe der Mehrkosten nicht beziffern lasse, weil bestimmte Variablen wie Tariferhöhungen eine Rolle spielten. Für den Verbraucher käme auf den Netto-Preis noch die Mehrwertsteuer hinzu. Zudem unterliegt die Rechnung dem Vorbehalt, dass die höheren Kosten für WTV-Wasser überhaupt auf die Gebühr umgelegt werden dürften. Sollte dies nicht möglich sein, wären sie stattdessen aus dem städtischen Haushalt zu begleichen.

SPD, UWG und Linke, die ebenso wie die FDP gegen eine Umstellung der Versorgung sind, verweisen in ihrer Stellungnahme zum Bürgerentscheid auf mögliche Steuererhöhungen, wenn der Haushalt mit jährlich 750.000 Euro mehr belastet werde.

Rechenbeispiel: Die Aktionsgemeinschaft (AG) „Bornheimer Trinkwasser“, die den Bürgerentscheid initiiert hat, rechnet in ihrer Stellungnahme zur Abstimmung mit einem angenommenen Preis von zwei Euro pro Kubikmeter für WTV-Wasser. Als Beispiel nennt sie einen Vier-Personen-Haushalt mit einem Verbrauch von 175 Kubikmetern im Jahr. Bei zwei Euro Wasserpreis mache das plus die jährliche Grundgebühr von 161 Euro und plus 575 Euro für die Abwassergebühr im Jahr 1086 Euro mehr. Tatsächlich sind es nach dieser Rechnung 1086 Euro insgesamt, es handelt sich nicht um die Mehrkosten. Beim jetzigen Wasserpreis von netto rund 1,60 Euro zahlt die Familie 1016 Euro, brutto 1037 Euro.

„Eine bewusst falsche und völlig überhöhte Zahl“, äußern sich die Grünen dazu in einer Pressemitteilung. „Selbst wenn wir die Zahlen der AG nehmen, reden wir bei einem Anstieg des Trinkwasserpreises auf zwei Euro über einen Anstieg von etwa 0,40 Euro pro Kubikmeter. Dies würde bei einer angenommenen Abnahmemenge von 175 Kubikmetern Mehrkosten von 70 Euro im Jahr bedeuten“, rechnet Ratsmitglied Markus Hochgartz vor. Auf den Monat heruntergebrochen gehe es also um etwa 1,50 Euro mehr pro Person.

Einsparungen: Nicht in den Kostenkalkulationen enthalten sind die Einsparungen, die sich mit dem teureren, aber weicheren WTV-Wasser zum Beispiel bei der Waschmitteldosierung ergeben können. Ein Punkt, mit dem die Befürworter einer Umstellung (CDU, Grüne, ABB) argumentieren. Neben Geld für Waschmittel könnten die Bürger auch Energie durch verminderte Kalkablagerungen an Warmwassergeräten sparen. Zudem sinke der Wartungs- und Reinigungsaufwand.

Wie der von der Stadt beauftragte Gutachter Andreas Holy im Zuge der Debatte ums Trinkwasser ausgeführt hatte, wäre es grundsätzlich möglich, dass die Mehrkosten für weicheres Wasser durch Einsparungen im Haushalt kompensiert würden. Allerdings hänge dies auch stark vom Verhalten des einzelnen Verbrauchers ab, sodass eine Einschätzung zu den möglichen Einsparungen schwierig sei.

Festzuhalten bleibt, dass sich nicht genau beziffern lässt, welche Kosten bei einem Wasserwechsel auf Stadt und Verbraucher zukämen. Unwägbarkeit bringt zum einen die Frage, auf welches Mischungsverhältnis von WBV- und WTV-Wasser sich Politik und Verwaltung im Falle eines Nein im Bürgerentscheid einigen würden; zum anderen ist zweifelhaft, ob die höheren Kosten für mehr WTV-Wasser überhaupt auf die Gebühr umgelegt werden dürften oder aus der Stadtkasse zu begleichen wären und dann möglicherweise zu Steuererhöhungen führen. Auch der juristisch umstrittene Punkt, ob die Stadt unabhängig von der abgenommenen Menge an WBV-Wasser einen fixen Verbandsbeitrag an den WBV entrichten müsste, spielt eine Rolle.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Sousaphon, Posaune, Klavier und viele Instrumente
„Ich weiß genau, wer gut singen kann“
Gespräch am Wochenende mit Multiinstrumentalist Richie Hellenthal„Ich weiß genau, wer gut singen kann“
Aus dem Ressort