Das Bornheimer Wasser Die Bürger entscheiden über ihr H2O

BORNHEIM · Im Bürgerentscheid in Bornheim am Sonntag, 20. November, geht es darum, wie die Stadt künftig ihre Wasserversorgung regeln soll. Die Diskussion dreht sich um Härtegrade, Kosten und rechtliche Fragen.

Es ist eines der wichtigsten Lebensmittel, und der Mensch kommt tagtäglich damit in Berührung: das Wasser, H2O. Welches Wasser aus den Hähnen in Bornheim fließen soll, darüber diskutiert die Lokalpolitik seit nunmehr drei Jahren. In zahlreichen Sitzungen wurden teils emotionale Debatten über Mischungsverhältnisse, das Verkalken von Geräten sowie rechtliche und finanzielle Abwägungen eines Versorgerwechsels geführt. Jetzt sind die Bürger am Zug.

Am Totensonntag, 20. November, sind die Bornheimer aufgerufen, beim Bürgerentscheid abzustimmen, ob die Stadt ihre jetzige Wasserversorgung beibehalten soll oder nicht. In einer fünfteiligen Serie beleuchtet der General-Anzeiger wichtige Aspekte der Debatte und erläutert Hintergründe. Ein Überblick:

Worum geht es im Bürgerentscheid? Derzeit bezieht die Stadt Bornheim ihr Trinkwasser zu 75 Prozent vom Wasserbeschaffungsverband Wesseling-Hersel (WBV) und zu 25 Prozent vom Wahnbachtalsperrenverband (WTV). Im Bürgerentscheid stimmen die Bornheimer mit Ja oder Nein darüber ab, ob die Stadt diese Form der Wasserversorgung beibehalten und darüber auch einen langfristigen Vertrag mit dem WBV schließen soll.

Diskussion um Härtegrade und Kosten

Politisch schon beschlossen war allerdings ein Wechsel hin zu einer Vollversorgung mit WTV-Wasser. Der Beschluss wurde inzwischen aber von der Bezirksregierung Köln aufgehoben.

Wie kam es eigentlich zu der Debatte ? Auslöser war ein Störfall. Im April 2013 gelangte bei der Wasseraufbereitung im Werk Eichenkamp zu viel Natronlauge ins Bornheimer Trinkwasser, mit fatalen Folgen: Mehrere Menschen in den Rheinorten erlitten Verätzungen. Im Zuge der Aufklärung des Vorfalls stellte sich heraus, dass die entsprechende Natron-Dosieranlage, die zur Entsäuerung und damit zur Regelung des pH-Werts im Wasser dient, gar nicht gebraucht wird. Sie wurde nach dem Störfall dauerhaft abgeschaltet. Nichtsdestotrotz boten sowohl der WTV als auch der WBV der Stadt nach dem Unfall eine Vollversorgung mit ihrem Wasser an.

Diskussion um Härtegrade und Kosten: Prägend in der Debatte um eine mögliche Umstellung der Bornheimer Wasserversorgung ist vor allem die Diskussion um Härtegrade und Kosten. Das Wasser des WTV ist weicher, aber auch teurer als das des WBV: WBV-Wasser liegt bei 14 Grad deutscher Härte (mittelhart), WTV-Wasser bei sieben Grad (weich). Das Gemisch aus beiden Wässern, so wie es die Stadt bezieht, liegt bei einem Härtegrad von 13 und ist als mittelhart einzustufen. Der Abgabepreis des WBV beträgt 28 Cent pro Kubikmeter, der des WTV 62 Cent.

Die Umstellung wird teuer

Die Argumente für und gegen weicheres Wasser: Die Befürworter einer Versorgung mit mehr Wasser des Wahnbachtalsperrenverbandes verweisen darauf, dass der Verbraucher bei weicherem Wasser Wasch- und Putzmittel geringer dosieren könne und dadurch Kosten sowie Energie spare. Auch sei der Verschleiß von elektronischen Geräten wie Wasserkochern geringer, da diese nicht so schnell verkalkten. Die Gegner eines Versorgerwechsels halten da gegen, dass mit den Einsparungen nicht der höhere Wasserpreis ausgeglichen werde, zumal das WBV-Wasser qualitativ gleichwertig mit dem WTV-Wasser sei.

Die politische Situation: Nach langem Hin und Her erzielten im Januar CDU, Grüne, ABB und Piraten im Stadtrat eine knappe Mehrheit und beschlossen den Umstieg auf eine Vollversorgung durch den Wahnbachtalsperrenverband. Die Vorgebirgsorte sollten demnach komplett mit WTV-Wasser versorgt werden, während die Rheinorte aus rechtlichen Gründen zunächst ein Gemisch aus 70 Prozent WTV- und 30 Prozent WBV-Wasser bei geringeren Gebühren erhalten sollten.

Bürgermeister Wolfgang Henseler beanstandete den Beschluss jedoch, weil er ihn für rechtswidrig hält. Die Verwaltung geht davon aus, dass die Umstellung der Wasserversorgung in der vorgesehenen Form den städtischen Haushalt mit bis zu 750.000 Euro jährlich belasten würde. Zudem hält sie es für rechtswidrig, unterschiedliche Gebühren im Stadtgebiet zu erheben.

Die Bornheimer entscheiden

Die Entscheidung der Bezirksregierung: Die Bezirksregierung Köln hat als obere Kommunalaufsicht Ende September die Auffassung des Bürgermeisters bestätigt. Sie hält den Ratsbeschluss von Januar ebenfalls für rechtswidrig und hat ihn aufgehoben. Sie bezeichnet die Qualität des Wassers beider Lieferanten als „überdurchschnittlich gut“ und stuft die Mehrkosten, die bei einer Neuorganisation der Wasserversorgung entstehen würden, daher als „überflüssig“ ein. Somit könnten sie nicht dem Gebührenzahler auferlegt werden und würden folglich die Stadtkasse belasten, so die Behörde. Das stelle einen Verstoß gegen den Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit dar.

Wieso kommt es jetzt zum Bürgerentscheid? Nachdem der Rat im Januar mit knapper Mehrheit für den Wechsel zum Wahnbachtalsperrenverband votiert hatte, schlossen sich im Februar Unternehmer und Landwirte in der Aktionsgemeinschaft „Bornheimer Trinkwasser“ zusammen. Unterstützt von SPD, Linke und UWG sammelten sie ausreichend Unterschriften für ein Bürgerbegehren zum Trinkwasser. Im September ebnete der Rat schließlich mit großer Mehrheit den Weg für den Bürgerentscheid am 20. November.

Was passiert nach der Abstimmung? Stimmt die Mehrheit der Bornheimer im Bürgerentscheid mit Ja, also dafür, dass es bei der jetzigen Form der Wasserversorgung bleiben soll, dann wird die Stadt Bornheim weiterhin wie gewohnt ein Gemisch aus 75 Prozent WBV- und 25 Prozent WTV-Wasser beziehen. Überwiegen dagegen die Nein-Stimmen, ist offen, wie es weitergeht. Dann stellt sich die Frage, in welchem rechtlichen Rahmen Politik und Verwaltung dem Wunsch nach einer Umstellung der Wasserversorgung nachkommen könnten.

Mehrheit muss mindestens 20 Prozent der Bürger ausmachen

CDU und Grüne als Wechselbefürworter haben bereits angekündigt, dass sie dann vom Bürgermeister, der allerdings für die Beibehaltung der jetzigen Versorgung ist, einen Vorschlag für eine rechtskonforme Lösung erwarten. Denn eine Vollversorgung mit dem weicheren WTV-Wasser, wie sie der Rat mit knapper Mehrheit zumindest für die Vorgebirgsorte beschlossen hatte, hält die Bezirksregierung wie geschildert für rechtswidrig. „Mir wird daran gelegen sein, dass wir uns je nach Ausgang des Bürgerentscheids vernünftig zusammensetzen“, sagt Bürgermeister Wolfgang Henseler.

Entscheidend ist auch, wie viele Bornheimer an der Abstimmung teilnehmen. Eine Mehrheit muss mindestens 20 Prozent der Bürger ausmachen. Wird dieses Quorum von circa 8000 Stimmen nicht erreicht, ist der Rat nicht verpflichtet, dem Ergebnis des Bürgerentscheids zu folgen.

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