Steigerhof in Waldorf Auf der Suche nach der eigenen Geschichte

Bornheim-Waldorf · Der Waldorfer Landwirt Karl-Heinz Steiger hat das Buch „Es bleibt nur, was sich ändern kann\" über seinen Hof geschrieben.

 Steiger Hofchronik: Die Büttgasse, wo auch der ursprüngliche Steigerhof beheimatet ist, nach dem Krieg. REPRO: ROLAND KOHLS

Steiger Hofchronik: Die Büttgasse, wo auch der ursprüngliche Steigerhof beheimatet ist, nach dem Krieg. REPRO: ROLAND KOHLS

Foto: Roland Kohls

„Als ich Kind war, gab es noch kein Fernsehen in der Büttgasse. Da saßen die Nachbarn zusammen und redeten von früher. Die Frauen sprachen über Kochen und Kinder, die Männer vom Krieg und der Arbeit. Da schnappte ich vieles auf.“ So erinnert sich Landwirt Karl-Heinz Steiger vom gleichnamigen Gemüsehof in Waldorf an seine Kindheit.

In seiner jüngst erschienenen Hofchronik unter dem Titel „Der Gemüsehof Steiger: Es bleibt nur, was sich ändern kann“ beleuchtet der 63-Jährige die historische und wirtschaftliche Entwicklung seines Hofes im Spiegel des landwirtschaftlichen Fortschritts im Vorgebirge. Dabei erzählt er auf 76 Seiten nicht nur amüsant und locker von einem Hof mit langer Geschichte, sondern auch von den technischen Veränderungen im Zuge der Zeit – inklusive Anekdoten.

Mehr als ein Jahr hat Steiger in alten Dokumenten recherchiert, Textpassagen auf Band gesprochen und sich bei verschiedenen Gelegenheiten immer wieder Stichworte notiert. Bei der Ausformulierung der Texte, der historischen Einordnung seiner Erinnerungen und Fotos stand dem Waldorfer als „Ghostwriter“ Martin Henseler aus Bornheim zur Seite. „Ich habe mich an die Ausarbeitung nicht jeden Tag drangesetzt. Es kam aufs Wetter an. Und ob ich Lust hatte“, sagt Steiger.

Die Initialzündung zu seinem Erstlingswerk gaben außer den Töchtern Margarete (40) und Stefanie (31) auch viele Kunden, die wissen wollten, „warum wir auf eine Selbstvermarktung umgestellt haben und wie es früher war. Ein Grund war auch, dass ich mich langsam zur Ruhe setzen und ein ereignisreiches Leben Revue passieren lassen möchte“, begründet Steiger seine Motivation.

Der Betrieb hat nicht nur im Laufe der letzten 15 Jahre die Vielfalt der Produkte auf 40 erhöht, auch mit der Selbstvermarktung und der Einrichtung eines Hofladens 2002/2003 ging er neue Wege. In seiner Familie war er damit kein Einzelfall. Denn immer wieder haben seine Vorfahren die Existenz des Hofes durch in der jeweiligen Zeit nötige Innovationen modernisiert und so das Überleben als Landwirte gesichert.

Ein lockere Erzählart und viele Anekdoten

Die Ursprünge seines Hofes vermutet der 63-Jährige im 12. Jahrhundert. Denn der Hof, der damals im Waldorfer Ortskern an der Büttgasse errichtet wurde, sei fast zeitgleich mit der Sankt Michael Kirche entstanden und scheine mit der Pfarrkirche auch in Verbindung gestanden zu haben, da er bis 1974 fast ausschließlich als Michelshof im Ort bekannt war.

Seit 1648 lebte die Familie des Landwirts mütterlicherseits, die Familie Pütz, nachgewiesenermaßen im Fachwerkhaus an der Büttgasse. Bis zur Heirat von Josefine Pütz mit Stephan Steiger wurden Land und Betrieb stets in der männlichen Linie vererbt. „Der Name Steiger ist also noch relativ neu in der Chronik“, sagt Karl-Heinz Steiger und lächelt. Länger als ein Jahr hat er die Familiengeschichte auf Band erzählt und aufgenommen sowie mit der Hand ganze Textpassagen aufgeschrieben.

Die Geschichte des Hofs wurde unter anderem durch die Umstellung im Erbrecht im Zuge der französischen Besetzung Napoleons und durch die Einführung der Realteilung geprägt. Dabei wurde das Land zu gleichen Teilen unter den Geschwister aufgeteilt, was die Verkleinerung der Parzellen zur Folge hatte.

Hinzu kamen die wirtschaftliche Entwicklung der Region im 19. Jahrhundert durch den Bau der Eisenbahnlinie Köln-Bonn, wodurch die Absatzmärkte bis Köln und ins Ruhrgebiet erweitert werden konnten, die Auswirkungen der beiden Weltkriege auf das ländliche Leben und diverse wirtschaftliche Höhen und Tiefen der vergangenen Jahrzehnte.

Ein Beispiel dafür ist das Jahr 2002. Steiger verkaufte zu jener Zeit seine Produkte über den Vermarkter Landgard in Roisdorf. „Als damals Dumping-Preise auf Blumenkohl – zwölf Cent pro Kopf – oder Chicorée – 35 Cent bei Produktionskosten von 75 Cent – bezahlt wurden, hatte ich keine Lust, da mitzumachen. Weil ich keinen Nachfolger im Betrieb hatte, haben meine Frau Annegret und ich auf eine Selbstvermarktung der Produkte umgestellt und den Hofladen eingerichtet.“ Seitdem verkauft der Hofladen 40 verschiedene Produkte aus eigenem Anbau: Kartoffeln, Möhren, Lauch, Radieschen, Sellerie, Spinat, Rucola, Wildkräutersalat und mehr.

Trotz der wirtschaftlichen Erfolge will der Landwirt in zwei bis drei Jahren das Zepter aus der Hand geben. Mittlerweile hat sich auch die Nachfolge geregelt. Tochter Margarete Ribbecke ist vor zehn Jahren in den Betrieb eingestiegen.

Die ehemalige Stewardess hat viele Ideen, wie sie den Betrieb mit der Einrichtung eines Hofcafés weiter modernisieren kann. Auch ihr Sohn Ole Ribbecke (8) zeigt bereits Interesse an der Landwirtschaft. Und Schwester Stefanie Steiger, die von Beruf Tierärztin ist, überlegt, ob sie auf dem Hof eine Praxis für Kleintiere einrichten soll. Schon jetzt kümmert sie sich um die rund 1000 Hühner auf dem Hof.

Karl-Heinz Steiger: „Der Gemüsehof Steiger: Es bleibt nur, was sich ändern kann“ kostet 9,90 Euro und ist im Hofladen, Dahlienstraße 100 in Waldorf, dienstags bis freitags, 8.30 bis 18.30 Uhr, samstags, 8 bis 13 Uhr, zu erwerben.

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