Christoph Becker Abschied von Schulleiter an Bornheimer Europaschule

Bornheim · Nach fast 25 Jahren verlässt Leiter Christoph Becker die Europaschule Bornheim. Ab Januar arbeitet er als Dezernent in der Schulverwaltung der Bezirksregierung Köln.

Es ist ein normaler Schultag gegen 13.15 Uhr, wenige Tage vor den Weihnachtsferien. Auf den Gängen der Bornheimer Europaschule herrscht geschäftiges Treiben. Schüler laufen durch die Flure. Sie quatschen, lachen, drängeln, flachsen herum. Dazwischen die Lehrer – auf dem Weg zum Unterricht oder ins Lehrerzimmer. Die Gesamtschule hat mit 160 Lehrkräften, 1454 Schülern, Sekretärinnen und Hausmeistern die Dimension eines mittelständischen Unternehmens.

Seit vielen Jahren ist Christoph Becker Herr über diesen Betrieb. Und obgleich sein voller Schreibtisch weiterhin nach viel Arbeit aussieht, sitzt der 54-Jährige quasi auf gepackten Koffern. Der Schulleiter geht. Im neuen Jahr beginnt er als Dezernent in der Schulverwaltung der Bezirksregierung Köln. Vielleicht ist es daher für ihn doch kein so ganz normaler Schultag.

Mit dem Weggang Beckers endet eine Ära an der Europaschule. Im Jahr 1991 war das sicher nicht abzusehen. Damals begann die Beziehung des Sport- und Biologielehrers zu der Schule, die er heute völlig ohne Pathos seine Liebe nennt. 1991 kamen Becker und seine Frau als Referendare nach Bornheim.

Dort war der erste Jahrgang gerade in die siebte Klasse gekommen. 1989 war die Gesamtschule gegen starke Widerstände gegründet worden. Heute wäre das undenkbar. Nach einem Jahr wechselten die Beckers – das war damals so üblich – die Referendarstelle. Im Anschluss wäre es für das Paar beinahe ganz weit weg gegangen.

Einst wollte er nach Alaska auswandern

„Meine Frau und ich sind große Alaska-Fans und haben einen Auswanderungsversuch unternommen“, sagt Becker. Zwar hätten sie beide die Lehrerlaubnis von den Behörden Alaskas erhalten, aber keinen Lehrerjob dort bekommen. So wurde es dann doch wieder Bornheim. Im November 1994 trat Becker eine Vertretungsstelle an der Europaschule an. Aus dieser wurde irgendwann eine Planstelle. 2001 wurde er Mitglied der Schulleitung, 2005 stellvertretender Leiter. Als Gründungsdirektor Klaus Breil im 2008 aus gesundheitlichen Gründen aufhörte, wurde Becker zunächst kommissarischer, am 1. August 2009 dann offizieller Leiter.

Wenn jemand intern aufsteige, habe das Vor- und Nachteile, meint Becker: „Es besteht die Gefahr, dass die Schule im eigenen Saft schmort. Ich hoffe aber, dass das rückblickend nicht so bewertet wird.“ Es sei ihm wichtig, dass eine Schule möglichst demokratisch aufgestellt sei, führt er aus. Lehrer, Schüler und Eltern sollten an Entwicklungen teilhaben. „Mir sind nicht nur Ergebnisse wichtig, sondern auch der Weg dahin“, so Becker.

Exemplarisch nennt er die 2009 ins Leben gerufene Zukunftswerkstatt, in der sich Lehrer, Schüler und Eltern engagiert hätten. Daraus sei unter anderem das Leitbild der Schule entstanden. Dieses kreist um Aspekte wie Persönlichkeitsentwicklung, Toleranz, soziales Miteinander, gesunde Schule oder gelebtes Europa.

Überdies sei 2009, so Becker weiter, der Keim für viele Projekte gesetzt worden, die später in Auszeichnungen und Titeln mündeten. Etwa als Botschafterschule des Europäischen Parlaments, als Medienscoutschule NRW, als Schule ohne Rassismus und mit Courage, als deutscher Vizemeister der tanzenden Schulen, als zweiter Sieger beim Deutschen Schulpreis oder mit der Aufnahme in das mathematisch-naturwissenschaftliche Excellence-Center. Becker betont, dass nicht er die Teilnahme an solchen Initiativen angestoßen habe. Alles sei aus der Gemeinschaft gekommen. „Menschen wollen nicht, dass man ihnen etwas vorgibt, sie wollen kreativ sein.“

Der 54-Jährige mag Veränderungen

Lobende Worte findet der scheidende Schulleiter für die Stadt Bornheim. Diese sei ein Schulträger im wahrsten Sinne. „Wir sind von der Stadt immer so gut es ging unterstützt worden“, sagt er. Seine Worte in Richtung des Landes NRW sind indes nicht ganz so wohlwollend. Bei der Inklusion hätte er sich mehr Unterstützung gewünscht. Becker: „Ich bin nach wie vor von der Inklusion überzeugt.“ Daher sei es umso bedauerlicher, dass es nicht besser gemacht worden sei.

Apropos bedauerlich: Becker bedauert schon, dass er als Schulleiter nur wenig unterrichten konnte. In dieser Position habe man zwar ein schönes großes Büro, man wisse aber nicht mehr, was es bedeute, in einer neunten Klasse in der achten Stunde Vertretungsunterricht zu erteilen.

In seiner neuen Funktion bei der Bezirksregierung Köln wird der 54-Jährige nun unter anderem Schulen in ihrer Entwicklung unterstützen und für die Vernetzung der Europaschulen im Regierungsbezirk zuständig sein. „Ich liebe Veränderung“, sagt Becker. Und nach fast 25 Jahren sei die richtige Zeit gewesen, etwas Neues zu machen. An eine andere Schule zu gehen, käme für ihn aber nicht infrage. Das ginge nach der Europaschule nicht. „Es wird auch meine Liebe bleiben.“

Tatsächlich kommen auch auf die Schule mit Beckers potenziellem Nachfolger Veränderungen zu. In den kommenden Jahren wird sie für viele Millionen Euro umfassend erweitert. Ob er das noch gerne begleitet hätte? Für ihn sei die Sache nun „total rund“, antwortet er. Und überhaupt: „Die Schule bin ja nicht nur ich. Ganz viele sind diese Schule.“

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