Integration in Bornheim 17 Kinder lernen jetzt Deutsch

Bornheim · Junge Flüchtlinge aus fünf Ländern besuchen seit Anfang April die neue Willkommensklasse der Europaschule in Bornheim.

 Flüchtlingskinder an der Europaschule in Bornheim kochen mit den Lehrern Andreas Kreutzer (hinten, rechts) und Annette Binger (hinten, Mitte).

Flüchtlingskinder an der Europaschule in Bornheim kochen mit den Lehrern Andreas Kreutzer (hinten, rechts) und Annette Binger (hinten, Mitte).

Foto: Axel Vogel

Einen Möhren-Kartoffel-Eintopf kennt Hajar Shihan aus ihrem Heimatland Syrien nicht. Ob ihr das Gericht, das sie gemeinsam mit ihren Mitschülern im Hauswirtschaftsunterricht zubereiten soll, tatsächlich schmecken wird, kann das 15-jährige Mädchen daher überhaupt nicht einschätzen. Bei den Bananen-Ananas-Smoothies ist sie sich dagegen ganz sicher: „Die mag ich.“ Bevor es ans Schälen und Schnippeln geht, ist erst einmal die Zutatenliste dran. „Das ist eine Kartoffel“, sprechen die 17 Schüler der Willkommensklasse, die Anfang April an der Bornheimer Europaschule eingerichtet wurde, im Chor, während Lehrerin Annette Binger das Knollengemüse in die Höhe hält.

Für die Flüchtlingskinder aus Syrien, Afghanistan, Iran und Albanien, die zumeist in der Unterkunft „Am Ühlchen“ leben, geht es in der Hauswirtschaftsstunde nicht allein ums Kochen, sondern vor allem um die deutsche Sprache. „34 Stunden pro Woche Deutsch zu pauken ist ziemlich hart. Daher bieten wir den Schülern auch Hauswirtschaft, Kunst, Technik und Sport an. Da lernen sie die Sprache quasi nebenbei“, erklärt Schulleiter Christoph Becker. „Willkommensklasse, das hört sich netter an als Vorbereitungsklasse“, meint Becker und freut sich, dass durch das Engagement des Kollegiums, von Eltern und Freiwilligen, nun auch die Europaschule ein Angebot für Flüchtlingskinder bereitstellen kann. Am Alexander-von-Humboldt-Gymnasium sind bereits zwei Internationale Klassen am Start.

Der Entschluss, auch an der Europaschule eine Klasse für Flüchtlinge einzurichten, entstand aus der Zusammenarbeit mit zwei Sozialarbeiterinnen aus der Unterkunft „Am Ühlchen“. Nachdem die Schule erfahren hatte, dass für zehn der „Am Ühlchen“ untergebrachten Kinder noch kein Schulplatz gefunden werden konnte, war die Entscheidung zur unbürokratischen Einrichtung einer Willkommensklasse schnell getroffen.

Noch stemmt die Schule die 34 Wochenstunden durch den Einsatz von neun Lehrern und einer Grundschullehrerin aus der Elternschaft. Punktuell werden Dolmetscher eingesetzt oder arabisch sprechende Schüler zur Übersetzung herangezogen. Dennoch hofft Becker, im nächsten Schuljahr Unterstützung durch eine weitere Lehrerstelle zu bekommen. Denn angesichts der großen Alters- und Lernstandsunterschiede der Schüler ist eine Doppelbesetzung in der Willkommensklasse nötig.

„Zu uns kommen Kinder im Alter von zehn bis 17 Jahren mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen“, berichtet der stellvertretende Schulleiter Andreas Kreutzer. „Die einen wurden bereits einige Jahre beschult, andere wissen gar nicht, wie Schule funktioniert.“ Daher lege man die Messlatte sehr niedrig und bemühe sich, so gut wie möglich zu differenzieren und themenorientiert zu arbeiten.

Bis zu zwei Jahre können die Kinder in der Willkommensklasse verbringen. Dabei gelte es, zu schauen, wann ein Kind in eine reguläre Klasse integriert werden könne. Der 16-jährige Mohamad Alnajjar etwa wird ab sofort am Mathematikunterricht der 9. Klasse teilnehmen. Zwei Mädchen sollen den Englischunterricht derselben Jahrgangsstufe besuchen.

Zainab Dabbah aus dem Irak fühlt sich wohl in der Willkommensklasse. „Ich habe Freundinnen gefunden und mein Deutsch wird auch besser“, berichtet die 15-Jährige und ist gespannt auf ihren ersten Möhren-Kartoffel-Eintopf.

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