Interview mit Christiane Mager "Wir haben keine Winterpause"

ALFTER · Eigentlich hatte sie andere Pläne, wollte sich beruflich eher Pferden widmen als dem Obstbau. Doch nun ist Christiane Mager (27) nach ihrem Master-Abschluss doch in den elterlichen Betrieb in Impekoven eingestiegen. Beim Rheinischen Obstbautag in Niederbachem vertrat sie das bundesweit tätige "Netzwerk Junger Obstbauern". Mit ihr sprach Hans-Peter Fuß.

 Auch im Winter hat Christiane Mager in ihrem Obsthof in Impekoven genug zu tun.

Auch im Winter hat Christiane Mager in ihrem Obsthof in Impekoven genug zu tun.

Foto: Roland Kohls

Was macht ein Obstbauer im Winter? Da ist doch nicht viel zu tun.
Christiane Mager: Jetzt ist Zeit für die Pflegearbeiten und den Baumschnitt. Jedes Jahr roden wir einen Hektar Bäume und pflanzen neue. Wir haben keine Winterpause.

Sie engagieren sich im "Netzwerk Junger Obstbauern". Welche Ziele verfolgt das Netzwerk?
Mager: Ich bin seit 2012 beim Netzwerk und vertrete das Rheinland. Das Netzwerk ist der Arbeitsgemeinschaft deutscher Junggärtner (AdJ) als Fachbeirat angegliedert. Ziel ist die Förderung, Stärkung und Vernetzung des deutschen Obstbaunachwuchses. Wir möchten überregionale Kontakte unter Gleichgesinnten knüpfen und Erfahrungen und Probleme austauschen.

Was machen die jungen Obstbauern anders als deren Eltern?
Mager: Die Eltern, deren Kinder die Betriebe übernehmen möchten, haben nicht besonders viel falsch gemacht, sonst wäre die Berufswahl wohl eine andere geworden. Man ist als junger Mensch, vom Studium oder von der Ausbildung kommend, sehr motiviert. Man hat verschiedene Methoden gelernt und durch Betriebsbesichtigungen, Lehrfahrten oder Fortbildungen viele Ideen für den eigenen Betrieb im Kopf. Mein Bruder und ich haben viele Ideen, die wir in unseren Betrieb einbringen und umsetzen möchten.

Obst ist ein gesundes Lebensmittel. Da müsste die Vermarktung doch leicht von der Hand gehen, oder?
Mager: So leicht ist es nicht. Jeder Betrieb hat seine eigene Strategie, seine Früchte zu vermarkten. Manche Kollegen setzen auf reine Selbstvermarktung über einen Hofladen, andere liefern ihre Früchte nur an Genossenschaften oder Händler. Generell stehen auch wir in Konkurrenz mit dem Ausland, wo zum Großteil weniger Auflagen existieren und gerade Arbeitskräfte aus Osteuropa niedriger entlohnt werden.

Gibt es neue Strategien?
Mager: Der Trend geht in Richtung Bio-Anbau und regionale Produkte. Wichtig ist es, dem Verbraucher unser Obst bewusster zu machen.

Wie bewerten Sie Ertrag und Qualität der Obstsorten im Raum Bonn im vergangenen Jahr?
Mager: Wir hatten einen sehr trockenen und milden Winter, gefolgt von einem frühen Frühling. Dadurch kam es zu einer frühen Blüte aller Kulturen, die in den meisten Betrieben ohne Blütenfrostschäden zu Ende ging. Erdbeeren aus dem Gewächshaus und Folientunneln konnten zu Beginn noch sehr gut vermarktet werden. Anfang Mai folgten die Freilanderdbeeren. Die Erntemengen waren recht hoch, doch der ständige Regen sorgte für starke Qualitätsprobleme, so dass das Preisniveau sehr niedrig war. Ähnliches war beim Strauchbeerenobst zu erkennen. Durch den vielen Regen waren auch die Ausfälle bei Süßkirschen sehr hoch, wohingegen der geschützte Anbau gute Ergebnisse erzielte. Bei den Äpfeln war die Erntemenge im Rheinland etwa vergleichbar mit der von 2013.

Ein sehr großes Problem im Beeren- und Steinobstanbau war die Kirschessigfliege...
Mager: Dieser Schädling stammt aus Asien und ist 2014 Jahr erstmals verstärkt in unserer Region aufgetreten. Das Weibchen legt mit einem Legestachel Eier in die Früchte, die dann innerhalb kürzester Zeit verderben. Genaue Bekämpfungsmaßnahmen sind leider noch nicht bekannt.

Die Apfelpreise waren niedrig, was die Verbraucher gefreut hat...
Mager: Der Obstbau ist stark abhängig von Witterungseinflüssen. Das ist zum einen Hagel, aber auch Blütenfrost, schlechte Wetterverhältnisse bei der Blütenbefruchtung und vieles mehr. Aus diesem Grund kann eine exakte Produktionsmenge nicht geplant werden. Wenn wenige Früchte vorhanden sind, steigen auch die Preise. 2014 sind europaweit zwölf Millionen Tonnen Äpfel geerntet worden. Nach der recht schwachen Ernte 2013 sind das auf europäischer Ebene zehn Prozent und auf bundesdeutscher Ebene knapp 30 Prozent mehr Ertrag. Eine hohe Ernte lässt die Preise natürlich sinken.

Leiden Sie und Ihre Kollegen unter dem Importstopp der Russen?
Mager: Vom russischen Importstopp für Obst und Gemüse aus der EU sind wir in Deutschland zwar selbst nicht betroffen, der Markt reagiert aber nervös. Andere EU-Staaten, die nach Russland exportieren, drängen auf den deutschen Markt. Sonderangebote im Einzelhandel mit Verbraucherpreisen von 50 oder sogar 40 Cent pro Kilo waren an der Tagesordnung. Dass die Erzeuger mit solchen Preisen nur rote Zahlen schreiben können, kann sich jeder selber ausrechnen. Der Handel und alle Handelsstufen nehmen von diesen Preisen auch noch ihre Marge. Wir hatten das große Glück, dass der Bio-Markt stabil geblieben ist.

Wie sehr hat der Hagel die Obstbauern in der Region getroffen?
Mager: Hagel ist jedes Jahr die Angst des Obstbauern. Im vergangenen Jahr war der Raum Fritzdorf/Wachtberg von starken Schäden betroffen.

Die Kreis-SPD regt eine Obstbauleistungsschau im linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis an. Was halten Sie davon?
Mager: Unabhängig von jeglicher Partei finde ich es wünschenswert, dass der Absatz regionaler Produkte gefördert wird.

Stellt der neu eingeführte gesetzliche Mindestlohn von 7,40 Euro pro Stunde, den die Obstbauern ab diesem Jahr den Erntehelfern zahlen müssen, diese vor Probleme?
Mager: Für unseren Betrieb stellt der Mindestlohn kein Problem dar, da wir übertariflich bezahlen. Wir sind jedoch auch ein Kernobstbetrieb und haben nicht so viele Mitarbeiter und Saisonarbeiter wie ein Beerenobstbetrieb. Dort stellt der Mindestlohn ein großes Problem dar. Gerade große Betriebe werden Schwierigkeiten bekommen. Nicht ganz so leistungsfähige Kulturen oder Flächen könnten wegfallen. Viel problematischer ist der bürokratische Aufwand, der uns aufgelastet wird. Die Dokumentationspflicht ist so sehr angestiegen, dass man dem gar nicht mehr nachkommen kann. Dies ist politisch nicht gut durchdacht.

Ihr Lieblingsapfel?
Mager: Die Rubinette, eine alte Sorte, die auch im Hofladen sehr gefragt ist.

Zur Person

Christiane Mager, 27, machte am Helmholtz-Gymnasium in Duisdorf ihr Abitur. 2007/08 Praktika in Australien, Neuseeland und Island. Dann Studium der Agrarwissenschaften in Bonn. 2014 Master-Abschluss. Sie arbeitet mit Bruder Benedikt im Betrieb der Eltern Heike und Andreas Mager, dem Bio-Naturhof Wolfsberg in Alfter-Impekoven, wo auf 25 Hektar vorwiegend Äpfel angebaut werden.

2014 wurden etwa 700 Tonnen geerntet, die im eigenen Hofladen sowie über Rewe/Netto vermarktet werden. Christiane Mager ist Sprecherin des Netzwerkes Junger Obstbauern im Rheinland.

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