Fatiha Osselam aus Gielsdorf Unermüdlich im Einsatz für die Bedürftigen

ALFTER/BORNHEIM · Es war ein Samstag. Fatiha Osselam saß auf der Terrasse ihres Hauses in Gielsdorf und hörte ungewohnte Kinderstimmen aus der Flüchtlingsunterkunft in ihrer Nachbarschaft. Sie raffte ein paar Süßigkeiten zusammen und ging zu dem Haus, in dem sie bereits seit zwei Jahren die Bewohner betreut.

In Alfter wie in Bornheim hilft Integrationslotsin Fatiha Osselan aus Gielsdorf bedürftigen Menschen.

In Alfter wie in Bornheim hilft Integrationslotsin Fatiha Osselan aus Gielsdorf bedürftigen Menschen.

Foto: Axel Vogel

Sie hatte richtig gehört: Eine Frau mit zwei kleinen Kindern war dort neu untergebracht worden. Fatiha Osselam, die sich seit mehreren Jahren auf vielfältige Weise in der Gemeinde Alfter ehrenamtlich für Bedürftige und Flüchtlinge engagiert, sah sofort: "Hier muss ich helfen."

Die Asylbewerberin hatte noch keinen Kühlschrank und wusste noch nicht, wo man einkaufen kann. Sie weinte vor Freude, als Fatiha Osselam kam, gebürtig aus Marokko, wie sie selbst. "Wenn man selbst einen Migrationshintergrund hat, fassen die Menschen größeres Vertrauen", berichtet Fatiha Osselam, die sich bei der ökumenischen Lebensmittelausgabe Lebeka in Oedekoven, im Arbeitskreis für Ausländerfragen und Integration der Gemeinde Alfter und als Integrationslotsin in der Stadt Bornheim engagiert. "Ich habe immer Menschen geholfen", sagt die 51-jährige Hausfrau über sich selbst.

Sie kam als Kind eines Gastarbeiters mit 15 Jahren nach Deutschland, ist inzwischen deutsche Staatsbürgerin und lebt seit 2003 mit ihrer Familie in Gielsdorf. Immer hatte sie ein offenes Ohr für Landsleute, die noch nicht so gut integriert waren und unterstützte sie. Als ihre acht Kinder aus dem Gröbsten heraus waren, fragte sich Fatiha Osselam im Frühjahr 2012: "Was mache ich jetzt mit meiner Zeit?" Ein Bericht im Frühstücksfernsehen über die Tafeln in Deutschland, die überschüssige Lebensmittel an Bedürftige verteilen, spornte sie zu Recherchen an. "Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt." Wenig später begann Osselam ihr Ehrenamt bei der ökumenischen Lebensmittelausgabe im katholischen Pfarrheim am Jungfernpfad in Oedekoven. Seit 2010 können auch in Alfter bedürftige Menschen Lebensmittel bekommen, für die sie pro Person nur einen Euro zahlen, pro Familie 1,50 Euro - egal wie viel Brot, Gemüse oder Obst sie pro Termin mitnehmen.

Im Laufe der Zeit drängten sich vor den Ausgabetischen immer mehr Asylbewerber, und Fatiha Osselam hatte ein offenes Ohr für ihre Nöte und Probleme. "Was braucht ihr? Wie können wir helfen?" Für eine Großfamilie mit 31 Personen legte sie sich eigens eine Liste über den Bedarf an, einschließlich der Kleider- und Schuhgrößen. Dann aktivierte sie ihr Netzwerk mit rund 100 muslimischen Frauen. "Innerhalb von drei Tagen hatte ich die Garage voll - mit Kleidung, Hausrat, Gardinen, Bettwäsche, Handtüchern und vielem mehr. Wir brauchten drei Autos, um die Sachen zu dieser Großfamilie zu bringen. Auch sie weinten vor Freude", erinnert sie sich.

Ihre Hilfsbereitschaft und Organisationsstärke untermauerte Fatiha Osselam auch fachlich. 2013 absolvierte sie eine Ausbildung zur Integrationslotsin in Bornheim und erwarb dabei unter anderem Kenntnisse über das deutsche Sozialsystem, die Gesundheitsversorgung und das Asylrecht. Wichtige Grundlagen also, um Zuwanderern oder Flüchtlingen als Übersetzer beim behördlichen Formularwust zu helfen. "Diese Qualifizierung fand ich wichtig", sagt Osselam und freut sich, dass es einmal im Jahr ein Auffrischungstreffen gibt.

Denn als Helfer muss man auch selbstbewusst klarmachen können: "Hilfe im Alltag und bei der Übersetzung leisten wir gern; aber wir sind nicht verantwortlich für Verfahrensfragen, Bleiberechtsregelungen und Unterkunft." Der zunehmende Kontakt mit Flüchtlingen in der eigenen Umgebung und Einblicke in deren Alltag führte dazu, dass sich Fatiha Osselam seit Anfang des Jahres auch im Arbeitskreis für Ausländerfragen und Integration der Gemeinde Alfter engagiert. So kann sie die Arbeit dieses Gremiums mit ihren praktischen Erfahrungen bereichern.

Im neuen "Café International" hilft sie natürlich auch mit. Der Treff wurde auf Initiative des Arbeitskreises im April in der Hauptschule in Oedekoven ins Leben gerufen. Jeden vierten Freitag im Monat können dort von 16 bis 18 Uhr Flüchtlinge und Bürger bei einem Stück Kuchen und einer Tasse Kaffee miteinander in Kontakt kommen. Kennenlernen hält Fatiha Osselam für den besten Weg, um gezielt helfen zu können. "Menschen, die Asylbewerber unterstützen wollen, brauchen ein Gesicht. Hier können sie es zeigen."

Der Fall der neu zugewiesenen Familie aus Marokko in ihrer Nachbarschaft ließ Osselam keine Ruhe. Sie fuhr mit der Frau zum Einkaufen und packte die verderblichen Güter in eine Kühltasche mit Eiswürfeln. Sie brachte am Sonntag gekochtes Essen vorbei und telefonierte, um für die Familie Kindersachen zu finden. Nun ist sie auf der Suche nach einer Kinderbetreuung, damit die Marokkanerin demnächst einen Deutschkursus besuchen kann.

Bei ihren ehrenamtlichen Einsätzen weiß Fatiha Osselam ihre Familie hinter sich und kann zum Beispiel auf die Backkünste der großen Töchter zählen, wenn sie selbst keine Zeit dafür hat. "Ich habe das Helfergen. Anders kennt mich meine Familie nicht."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort