Studieren mit Kind Studentin aus Alfter ist zweifache Mutter

Alfter · Die Pädagogikstudentin Lea Ebert aus Alfter ist zweifache Mutter und will 2019 ihren Bachelor an der Alanus Hochschule machen. Das erfordert vor allem eins: gute Organisation.

 Lea Ebert (l.) kann sich ein Leben ohne ihre Kinder Amelie und Nikolai nicht mehr vorstellen.

Lea Ebert (l.) kann sich ein Leben ohne ihre Kinder Amelie und Nikolai nicht mehr vorstellen.

Foto: Anne Stephanie Wildermann

Einfach und stressfrei ist das Leben von Lea Ebert (31) aus Alfter-Ort nicht. Die Bachelor-Studentin Ende des vierten Fachsemesters für Kindheitspädagogik an der Alanus Hochschule muss sich neben Hausarbeiten, Klausuren und Referaten noch um ihre beiden Kinder Amelie (11) und Nikolai (5) kümmern. „In meinem Jahrgang bin ich die einzige Studentin, die schon Mutter ist“, sagt Ebert. Und ergänzt: „Eine gute Organisation ist wirklich ein Muss, um alles und jeden unter einen Hut zu kriegen.“

Im dunkelblauen Stretchkleid, Sonnenbrille im Haar und mit sonnengebräunter Haut sitzt sie in der Cafeteria der Hochschule und erzählt, wie es ist, wenn Partys am Wochenende inzwischen der Vergangenheit angehören und für Hobbys kaum noch Zeit bleibt. „Früher habe ich Gedichte verfasst und Erzählungen geschrieben. Heute habe ich schlicht die Kraft nicht mehr dazu, weil ich mich vom Tag erschöpft fühlte.“

Der einwöchige Mallorca-Urlaub mit ihrer Familie, ohne die Kinder, liegt hinter ihr. So wie die Prüfungsphase. Dennoch muss sie noch Hausarbeiten schreiben. Obwohl die 31-Jährige gute Noten hat, wie sie selbst sagt, muss sie auch etwas dafür tun. In den Schoß fällt ihr nichts. „Da der Tag immer gut ausgefüllt ist kommt es auch schon mal vor, dass ich bis Mitternacht am Schreibtisch sitze und lerne“, erzählt Ebert. Möglich ist das auch nur, wenn die Kinder schon im Bett liegen.

Auch die Wochenenden der Studentin, die seit knapp sieben Monaten mit einem neuen Partner zusammen lebt, sind arbeitsintensiv. „Wirklich frei habe ich nie. Wenn die Kinder jedes zweite Wochenende bei ihrem Vater sind, sitze ich in Blockseminaren oder jobbe in einem Café in Alfter.“ Zwei bis dreimal die Woche bedient sie dort die Gäste auf 450 Euro-Basis. Die finanzielle Grundversorgung übernimmt ihr eigener Vater. Weil dieser zu viel verdient, steht der Studentin kein Bafög (Bundesausbildungsförderungsgesetz), sprich keine staatliche Unterstützung zu. Hilfe bekommt Ebert auch von ihrer Mutter, die in Köln wohnt, jeden Mittwoch nach Alfter fährt und sich um ihre Enkelkinder kümmert.

Manchmal sitzt sie bis Mitternacht am Schreibtisch

Eine Kita, wie es sie beispielsweise an der Universität Köln gibt, hat die Alanus nicht. Ebert: „Solch eine Einrichtung fehlt hier noch. Ich glaube, dann würden sich auch eventuell mehr Frauen trauen, schon während des Studiums Mutter zu werden, weil die Unterbringung geregelt wäre.“ Allerdings nimmt sie ihre Kinder auch schon mal mit in die Seminare und Vorlesungen, wenn der Babysitter krankheitsbedingt ausfällt oder Tochter und Sohn nicht bei Spielkameraden untergebracht werden können. „Zum Glück ist das für die Dozenten kein Problem. Wäre ja auch paradox aufgrund meines Studiengangs“, sagt Ebert und lacht. Ebenfalls für ihre Kommilitonen sind Amelie und Nikolai kein Störfaktor. Im Gegenteil. Wenn der Junge unruhig wird, nimmt sich ein Studienkollege seiner an und geht mit ihm raus. Vorurteile, dass sie Studentin und zweifache Mutter ist, hat sie bisher nicht erfahren.

An das damalige Bewerbungsgespräch bei der Hochschule erinnert sich Ebert noch gut. „Sie wollten von mir wissen, ob ich mir dessen bewusst sei, dass es aufgrund meiner familiären Situation anstrengend werden wird und ich das Studium nicht auf die leichte Schule nehmen sollte.“ Bisher schafft die junge Mutter das Lernpensum. Nur einmal, gesteht sie, habe sie im vergangenen Semester von fünf Hausarbeiten nur vier abgegeben. „Ich war einfach nicht so schnell wie die anderen.“

Bevor Ebert mit ihrem Studium an der Alanus Hochschule begann, studierte sie fünf Jahre Sonderpädagogik auf Lehramt an der Uni Köln. Allerdings stellte sie fest, dass dieser Studiengang nichts für sie war. Nun musste sie die Situation noch ihren Eltern beibringen. „Ich hatte teilweise richtig Bauchschmerzen, weil ich mich an der Uni so unwohl gefühlt habe. Ich bin nicht der Typ, der mit so vielen anderen Kommilitonen studieren kann. Ich mag es persönlicher und individueller wie an der Alanus.“ Als sie ihrem Vater gestand, dass sie abbrechen und an eine andere Hochschule wechseln wolle, reagierte er unerwartet positiv und sicherte ihr weiterhin finanzielle Unterstützung zu.

Während des Studiums in Köln war Tochter Amelie schon geboren, das Mädchen kam „als eine Überraschung auf die Welt“ nachdem Ebert ihr Abitur gemacht hatte. „Nikolai war geplant“, ergänzt sie.

Trotz des Unterhalts, den der Vater der Kinder zahlt, kommt Ebert Ende jeden Monats „auf Null raus“. Der Grund: Die Studentin muss seit ihrem 30. Lebensjahr 184 Euro pro Monat an Krankenkassenbeiträgen bezahlen. „Das ist wirklich sehr schwer für mich und nicht sehr familienfreundlich. Ich habe das Gefühl, dass ich teilweise nur für die Krankenkasse arbeiten gehe. Einfach mal spontan am Wochenende ins Kino gehen ist nicht drin.“ Zwar klappe es finanziell „irgendwie“ bei der Alleinerziehenden, aber der psychische Druck bleibe. Finanzielle Unabhängigkeit will Ebert nach ihrem Abschluss erlangen. Deshalb will sie nicht direkt den Master machen. Und wenn, dann könne sie sich vorstellen, diesen auch an der Alanus zu absolvieren.

„Mit dem Studium kann ich in jeglichen Bereichen arbeiten, die mit Kindern zu tun haben wie Kitas, Kinderheime, Jugendzentren und offene Ganztagsbetreuung an Schulen“, zählt Ebert auf. Ihr größter Traum, den auch ihr neuer Freund hegt, ist allerdings, einen Kindergarten auf einem Bauernhof zu gründen, auf dem mehrere Generationen wohnen und wo es auch jede Menge Tiere gibt. „Über solch ein Konzept würde ich gerne meine Bachelorarbeit schreiben.“

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