Rollator-Fitness in Witterschlick Rollator-Trainer: „Es geht um Lebensqualität“

ALFTER-WITTERSCHLICK · Der Turnerbund Witterschlick bietet ein Training für den besseren Umgang mit dem Rollator an. Kraft, Ausdauer, Koordination und Beweglichkeit sollen geschult werden.

 Karl Klütsch übt unter Anleitung von Thomas Funk den Umgang mit dem Rollator.

Karl Klütsch übt unter Anleitung von Thomas Funk den Umgang mit dem Rollator.

Foto: Roland Kohls

So richtig angefreundet hat sich Karl Klütsch bisher nicht mit seinem Rollator. Seit eineinhalb Jahren besitzt der 72-jährige Bonner nach einer schweren Erkrankung die Gehhilfe. „Aber der Rollator steht mehr, als dass er fährt“, sagt seine Frau Therese, die bedauert, dass sie nicht zusammen mit ihrem Mann ein wenig spazieren gehen kann. „Ich gehe ganz krumm daran, das merke ich auch selber“, sagt Karl Klütsch. Rückenschmerzen seien dann oft die Folge. Um besser klar zu kommen mit dem Gefährt, nimmt der 72-Jährige nun an der „Rollator-Fitness“ des Turnerbunds Witterschlick auf dem Sportplatzgelände teil.

„Es geht darum, Lebensqualität zurückzugewinnen“, sagt Trainer Thomas Funk (49), der beim Landessportbund NRW eine Fortbildung zum Thema gemacht hat. Früher sei der schon mal als „Hackenporsche“ belächelte Rollator verpöhnt gewesen, die Akzeptanz nehme aber zu, allein schon weil die Gehhilfe für immer mehr ältere Menschen an Bedeutung gewinne: „Ich kann zum Bäcker Brötchen holen, beim Kiosk eine Zeitung kaufen gehen oder der Frau Blumen mitbringen, anstatt zu Hause nur in meiner Bude zu sitzen“, erklärt der Übungsleiter. „Da ist doch irrelevant, was die Leute sagen“, spricht er die Bedenken mancher älterer Menschen an.

"Die Arme sollten leicht angewinkelt sein"

Viele Senioren nutzten das Körbchen am Gefährt, um einkaufen zu gehen, und immer mehr Läden hätten breite Gänge, in denen man mit dem Rollator gut zurechtkomme. Auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels dürfte das Thema an Bedeutung gewinnen, meint Funk.

„Die Arme sollten leicht angewinkelt sein“, erklärt Funk, während er die Griffe des Rollators von Karl Klütsch auf die richtige Höhe einstellt. „Die Füße parallel zur Hinterachse der Räder“, weist er ihn an, mit dem Körper ein Stück weiter nach vorne zu kommen. Automatisch richtet sich der 72-Jährige auch etwas mehr auf. So wie Models mit Büchern auf dem Kopf den aufrechten Gang trainieren, erhält Karl Klütsch nun ein Plastiktellerchen auf sein Haupt, damit er sich gerade hält. Und das klappt super: Erst als eine Windböe das Tellerchen erfasst, fällt es auf den Boden.

Auch Hindernisse hat der Trainer seinem Schüler mit Plastiktellern und Seilen in den Weg gelegt. Sie sollen Unebenheiten und Äste darstellen, die einem im Alltag schon mal in die Quere kommen können. Wie diese mit Hilfe der Bremse und unter Einsatz des Fußes zum Anheben des Rollators am besten zu überwinden sind, demonstriert Funk nun. Manche Rollatoren haben eine eigene Ankipphilfe, zeigt er an seinem Gefährt. Das Kassenmodell von Karl Klütsch hat diese Hilfe dagegen nicht.

Günstige Gehhilfen gibt es auch schon mal beim Discounter

Zwischen 50 und 400 Euro lägen die Preise für die Gehhilfen, sagt Funk. Ein wichtiger Faktor für die leichte Handhabung sei das Gewicht, das sich zwischen einer nicht gerade geringen Spanne von sechs bis 18 Kilo bewege. Auch ob der Rollator sich längs oder quer zusammenfalten lasse, gelte es zu beachten. Gute Modelle gebe es nicht nur im Sanitätshaus, auch beim Discounter sei schon mal ein Tüv-geprüftes, angenehm leichtes Gefährt für 90 Euro zu bekommen, so Funk.

Für Karl Klütsch heißt es zwischendurch immer mal ein Päuschen einlegen – wozu schließlich bietet sein Rollator eine Sitzfläche? „Eine Hand immer am Griff“, mahnt Funk beim Hinsetzen und Aufstehen, ehe es weiter über das Gelände am Sportplatz geht, um das Vorwärtskommen auf verschiedenen Untergründen zu üben. Auf manchem Pflaster ist jede Rille unter den Rädern zu spüren. Auf dem Grünstreifen geht es schwerer und holpriger voran und die Rampe hinaufzukommen kostet etwas Kraft, während beim Hinabbgehen die Bremse gefragt ist. Um eine Kante zu überwinden, gilt es den Rollator parallel statt schräg anzusetzen, damit die Räder geradewegs hochgleiten können.

„Kraft, Ausdauer, Koordination und Beweglichkeit“ wolle er im Kursus trainieren, denn darauf komme es bei der Nutzung des Rollators an, sagt Funk. Der Übungsleiter möchte die Gehhilfe auch als Sportgerät begreifen: Immerhin heiße das Angebot Rollator-Fitness, betont er. Mehrmaliges Aufstehen und Hinsetzen auf dem Gefährt sowie leichte Liegestütze im Stehen an der Wand gibt er Karl Klütsch als „Hausaufgabe“ auf, damit der 72-Jährige seine Muskulatur an Oberschenkeln beziehungsweise Armen und Rücken trainiert. „Es hat mir gut gefallen“, sagt Klütsch am Ende der Stunde, in der er fast nebenbei einiges an Metern zurückgelegt hat. Es sei zwar noch viel „Neuland“ und dauere sicher, bis er das ein oder andere verinnerlicht habe, meint er. Aber nächste Woche geht es ja schon weiter.

Der Kursus

Noch drei Mal findet die Rollator-Fitness am Witterschlicker Sportplatz, Auf dem Schurweßel 2, statt: Jeweils Montag, 8., 15. und 22. August, von 17 bis 18 Uhr. Für Mitglieder des Turnerbunds Witterschlick ist die Teilnahme kostenfrei, ansonsten beträgt der Preis 25 Euro für vier Einheiten.

Nach Auskunft des Landessportbundes wird Rollator-Fitness in NRW bisher eher punktuell angeboten, sei aber langsam auf dem Vormarsch.

Thomas Funk bietet auch individuelles Einzeltraining sowie eine Durchführung des Kurses in Senioreneinrichtungen.

Infos und Anmeldung via Mail an thomas.funk@tb-witterschlick.de

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