26. Sommerakademie Alfter Mehr als Malen und Schreiben

ALFTER · "Angefangen haben mein Mann und ich als Illustratoren in verschiedenen Agenturen", erzählt die heute 82-jährige Anne Schwarzat während des "Mittagspraline" genannten täglichen 20-minütigen Treffens von Dozenten und Überraschungsgästen mit interessierten Teilnehmern an der Sommerakademie Alfter, die morgen endet.

 Spontane Aktion: Die Bonner Malerin Annette Stachs (links) mit dem senegalesischen Gastkünstler Cool Diabang (rechts, kniend).

Spontane Aktion: Die Bonner Malerin Annette Stachs (links) mit dem senegalesischen Gastkünstler Cool Diabang (rechts, kniend).

Foto: Hermes

Für eine Woche ist sie auf dem Johannishof eine "Künstlerin vor Ort" und soll bereits durch ihre Anwesenheit und die Möglichkeit, sie bei ihrem Malen und Zeichnen zu beobachten, die Teilnehmer an der Sommerakademie inspirieren. Somit wirkt die in der Nähe von Blankenheim wohnende Künstlerin weniger als Dozentin, sondern als eine lebenserfahrene Frau.

Ihre Anwesenheit ist ein Beispiel für die besondere Atmosphäre, die die Bildhauerin und Leiterin der Sommerakademie Alfter, Stefanie Gather (54), seit 26 Jahren in den vier Wochen dauernden Sommerkursen immer wieder herzustellen versucht. Auch in diesem Jahr legt sie nicht nur Wert auf die bekannten und erfolgreichen Künstler, die sie als Dozenten eingeladen hat, sondern vor allem auch auf das feinfühlige Zusammenbringen von Menschen, die sich durch ihre Begegnung gegenseitig bereichern können.

Sieht man in dem Atelierraum der auf dem Boden knienden Anne Schwarzat über die Schulter, lässt sich dabei beobachten, wie gerade die letzte Zeichnung von insgesamt fünf Arbeiten entsteht, die jeweils einen Tag ihrer Anwesenheit auf dem Johannishof zum Inhalt haben. Für den Abschluss ihres Bilder-Zyklus als "Artist in Residence" hat sie sich für eine Illustration des diesjährigen Mottos der Sommerakademie entschieden: "Landüber - jeder ist ein Fluss, in dem sich der Himmel spiegelt." Mit großer Leichtigkeit entsteht vor ihr auf dem großformatigen Papierbogen eine farbige Zeichnung von Nils Holgersson, der mit wehendem Haar auf dem Rücken einer Wildgans seinen Flug über Land genießt.

In einer Broschüre der Sommerakademie wird die Reise des Nils Holgersson von der schwedischen Autorin Selma Lagerlöf als eine Aufforderung an die Teilnehmer interpretiert, "sich gleichfalls aufzuschwingen und querfeldein neue Wege zu suchen". Wort-Wege in der Schreibwerkstatt mit Meryem Atam, Gesichtslandschaften beim Porträtzeichnen mit Cathrin Reiss, Traumpfade beim Zeichnen mit Ulrich Behr oder bewegte Körperlandschaften bei Contact Improvisation mit Tanja Striebel.

Es wird in dem zugewandten Miteinander von Teilnehmern und Dozenten spürbar, dass die Sommerakademie Alfter von den Grundgedanken Rudolf Steiners getragen wird. Diese Ausrichtung könnte dafür verantwortlich sein, dass es sich bei der Sommerakademie um keinen "sturen Seminarbetrieb" handelt. "Die Bezeichnung 'Akademie' trifft nicht ganz das, was wir hier veranstalten", meint auch Stefanie Gather, die lieber von einer "Werkstatt" spricht, aber "einen wirklich treffenden" Begriff noch nicht gefunden hat.

Scheinbar zufällig ergibt sich eine Aktion mit dem bekannten senegalesischen Maler, Bildhauer, Musiker und Performance-Künstler Cool Diabang, der für einen Moment die Teilnehmer des Freie- Malerei-Kurses der Bonner Malerin Annette Stachs in seinen Bann zieht. Mit ihr entsteht ein Action-Painting auf dem Boden des Ateliers, während die Kursteilnehmer weiter an ihren Staffeleien arbeiten.

Die Westfälische Gesellschaft für Weiterbildung in Löhne ist gemeinsam mit dem Europäischen Alanus-Forum für interkulturellen Dialog und dem Alanus Werkhaus Veranstalter der auch als Weiterbildung anerkannten Sommerkurse in Alfter. Die Kursteilnehmer entscheiden sich meist für eine oder zwei Wochen "Auszeit".

Etwa die Hälfte der Gäste kommt aus der näheren Umgebung, nutzt jedoch auch gerne, wie die aus den entfernteren Teilen Deutschlands und der Schweiz kommenden Teilnehmer das Alanus Gästehaus oder die Möglichkeit, auf dem Gelände nahe des Alfterer Waldrands, zu zelten oder im Wohnmobil zu übernachten.

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