Programm wird verschoben Keine Veranstaltungen auf dem Begegnungshof in Alfter

Alfter · Aktuell fallen im Bildungs- und Begegnungshof Stallgespräch viele Veranstaltungen aus. Eine Erweiterung der Angebote nach der Corona-Krise ist geplant: Chefin Ulrike Kreysa erzählt von ihren Ideen.

 Inhaberin Ulrike Kreysa umgeben von ihren Ziegen auf dem Bildungs- und Begegnungshof Stallgespräch.

Inhaberin Ulrike Kreysa umgeben von ihren Ziegen auf dem Bildungs- und Begegnungshof Stallgespräch.

Foto: Axel Vogel

Auch im Bildungs- und Begegnungshof Stallgespräch in Alfter hinterlässt Corona seine Spuren. So fallen in den kommenden Wochen zahlreiche beliebte Termine aus. Für Gründerin und Chefin Ulrike Kreysa eine harte Zeit. Über das Konzept des Bildungs- und Begegnungshofes und die Projekte 2020 sprach die studierte Agrarwissenschaftlerin mit Susanne Träupmann.

Wie wirkt sich Corona auf Ihren Bildungs- und Begegnungshof aus?

Ulrike Kreysa: Wir haben bis auf Weiteres alle Veranstaltungen abgesagt. Begegnungen sind gerade leider nicht angesagt. Aber das ist natürlich in der gegenwärtigen Situation auch richtig so. Für uns wird es ein schwieriges Jahr werden – und für viele andere. Das Wichtigste ist natürlich, dass wir alle gemeinsam die Krise überstehen. Danach werden wir wieder Angebote an der frischen Luft und mit tierischer Gesellschaft anbieten. Das wird nach der langen Zeit, die viele Menschen dann in den eigenen vier Wänden verbracht haben, auch bitter nötig sein.

Stallgespräch haben Sie 2011 gegründet. Was war Ihre Motivation?

Kreysa: Ich habe Agrarwissenschaften studiert, aber mir ist immer schon klar gewesen, dass Tiere mehr sind als Produktionsmittel. Der Umgang mit ihnen kann sich positiv auf Menschen auswirken und heilend sein. Deshalb wollte ich einen Ort schaffen, an dem Menschen und Tiere sich begegnen können. Und das hat wohl einen Nerv getroffen. Die Nachfrage nach unseren Projekten steigt ständig. 2015 wurde ein Förderverein gegründet, so dass wir unsere Angebotspalette erweitern und neue Besuchergruppen ansprechen konnten.

Welche Schwerpunkte setzen Sie mit Stallgespräch?

Kreysa: Wir bieten pädagogische Angebote, tiergestützte Intervention und Freizeitprojekte an. Viele Kinder verbringen ja heutzutage mehr Zeit in virtuellen Welten als draußen in der Natur. Mit unserem Hof möchten wir Kindern zum einem mehr Wissen über verschiedene Tiere und ihre – sowie auch unsere – natürlichen Lebensgrundlagen vermitteln. Auf der anderen Seite wollen wir gezielt Beziehungen zwischen Menschen und Tieren aufbauen. Die Begegnung mit Tieren kann viel bewegen: die Wahrnehmung und die Kommunikation mit ihnen, das Streicheln oder das Füttern erzeugen Bindung zueinander. Ihnen ist es egal wie Menschen aussehen oder ob sie körperlich eingeschränkt sind. Der Kontakt mit Tieren aktiviert alle Sinne und motiviert zu Bewegung. Und sie bringen einen oft zum Lachen.

Welche Veranstaltungen bieten Sie im Laufe des Jahres noch an?

Kreysa: Die Durchführung der Projekte hängt natürlich von der Entwicklung der Corona-Epidemie ab. Wir haben dieses Jahr viele schöne Angebote geplant. Da ist zum Beispiel das Zirkusprojekt in den Sommerferien, in dem wir uns mit Kindern fünf Tage lang in Zirkusdisziplinen ausprobieren. Oder die Bauernhofwochen in der zweiten und dritten Sommerferienwoche, die wir in Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe Bonn gestalten. Neu starten möchten wir mit dem Angebot „Raus aufs Land“ für Demenzbetroffene und ihre Angehörigen, welches einmal im Monat stattfinden soll.

Sie bieten auch die Reihe „Ackern statt Büffeln“ an. Wie ist da die Nachfrage?

Kreysa: Es ist ein Angebot für Kitas, Kinder im Offenen Ganztag und Schulklassen. Gemeinsam mit den Kindern bauen wir auf einer nahegelegenen Ackerfläche Kartoffeln, Getreide und Gemüse an. Ober wir legen eine Bienenweide an, um das Bewusstsein für die wichtige Rolle der Insekten zu fördern. Die Nachfrage ist groß und viele Institutionen haben sich schon für das von der Stiftung Umwelt und Entwicklung geförderte Projekt angemeldet.

Werden Ihre Veranstaltungen überwiegend von Gruppen gebucht?

Kreysa: Das kann man so nicht sagen. Wir führen auch Projekte für Eltern mit Kindern wie das Kükentreffen durch. Für ältere Kinder möchten wir in Zukunft einmal wöchentlich einen offenen Treff anbieten. Außerdem gibt es Einzelförderungen für Kinder, in denen wir gezielt unsere Tiere einsetzen, um bestimmte Fähigkeiten zu fördern wie zum Beispiel den Abbau von Ängsten oder eine Motivation zur Bewegung.

Haben Sie auch Kooperationspartner?

Kreysa: Wir arbeiten in verschiedenen Projekten mit der Lebenshilfe Bonn, dem Spielezirkus Bonn/Rhein-Sieg oder mit dem Verein Abenteuer Lernen zusammen. In diesem Jahr planen wir zum dritten Mal mit dem Service Civil International, einem Freiwilligendienst für Menschen verschiedener Nationalität, ein zweiwöchiges Workcamp. In diesem Rahmen werden im August wieder zehn junge Leute hier wohnen und arbeiten.

Hat sich Stallgespräch im Verhältnis zu den Anfängen verändert?

Kreysa: Das Stallgespräch entwickelt sich immer weiter. Angefangen habe ich mit dem Hof alleine. Mittlerweile sind wir hier ein schlagkräftiges Team, das die unterschiedlichen Projekte begleitet. Eine feste Mitarbeiterin hilft bei der Versorgung der Tiere. Und es gibt den Förderverein mit mittlerweile fast 60 Mitgliedern, der den Hof tatkräftig und finanziell unterstützt. Außerdem hat sich die Beziehung zu den Tieren geändert. Wir kennen uns mittlerweile sehr gut und ich weiß, wo ihre Stärken liegen. Alle haben unterschiedliche Talente und individuelle Vorlieben, auf die man achten muss und die man nutzen kann. Manchmal passieren wunderbare Dinge. Dann flattert zum Beispiel Huhn Waltraud auf den Schoss des älteren Herrn im Rollstuhl, um dort ein Nickerchen zu machen.

In 15 Jahren kommen Sie ins Rentenalter. Ist dann das Projekt Stallgespräch zu Ende?

Kreysa: Ich hoffe nicht. Wir haben im vergangenen Jahr eine Unternehmergesellschaft gegründet. Der Betrieb wird in Zukunft in der Verantwortung mehrerer Gesellschafter liegen. Vielleicht müssen wir uns noch einmal nach einem neuen Hof umsehen, denn es wird jetzt schon ein wenig eng. Uns fehlen eine Weide und Platz für Ställe. Irgendwann werden wir uns in der Gemeinde auf die Suche nach einem Ort machen müssen. Das wird nicht ganz einfach sein. Aber ich bin zuversichtlich, dass der Hof eine Zukunft hat. Es kommen immer wieder aufgeschlossene Menschen mit neuen Ideen hierher. Meine Vision ist, dass der Hof von einer Gemeinschaft getragen wird und sich so dynamisch weiterentwickelt wie bisher.

Weitere Informationen zum Bildungs- und Begegnungshof Stallgespräch (Am Stühleshof 106 in Alfter) gibt es online unter www.stallgespraech-alfter.de.

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