Häusliche Versorgung Immer weniger Angehörige kümmern sich um Pflegebedürftige in der Familie

ALFTER · Mehr als die Hälfte der pflegebedürftigen Menschen im Rhein-Sieg-Kreis wird zurzeit von Angehörigen versorgt. Noch. "Aber darauf können wir uns nicht ausruhen."

 Laut dem Sozialamt des Rhein-Sieg-Kreises soll die Stärkung der häuslichen Versorgung "allererste Priorität" haben.

Laut dem Sozialamt des Rhein-Sieg-Kreises soll die Stärkung der häuslichen Versorgung "allererste Priorität" haben.

Foto: dpa

Auf die langfristig bröckelnde Säule bei der häuslichen Versorgung wies Stephan Liermann, Leiter des Sozialamtes des Rhein-Sieg-Kreises hin, als er am Dienstagabend im Rathaus in Oedekoven den aktuellen Bericht "Pflegeplanung 2013" vorstellte. Denn die familiären Strukturen ändern sich. Die Erwerbstätigkeit von Frauen nimmt zu; Kinder suchen sich ihren Lebensmittelpunkt nicht zwangsläufig in der Nähe der Eltern.

"Die Stärkung der häuslichen Versorgung sollte allererste Priorität haben", beschrieb Liermann im Ausschuss für Kinder, Jugend, Senioren und Soziales die mittelfristig erforderlichen Maßnahmen im Rhein-Sieg-Kreis. Zugleich müsse auch die stationäre Versorgung Pflegebedürftiger, deren Zahl rasant zunimmt, sichergestellt werden.

In der Gemeinde Alfter gab es im Jahr 2011 nach den Berechnungen des Kreises 645 pflegebedürftige Menschen. Bis 2020 wird ihre Zahl voraussichtlich auf 813 steigen und bis zum Jahr 2030 auf mehr als 1000 Einwohner. Von ihnen werden mindestens 255 Menschen im Jahr 2030 einen stationären Pflegeplatz brauchen (der GA berichtete).

"Wir müssen handeln", betonte Luise Wiechert (CDU). Denn weder in Alfter allein noch in dem um Bornheim vergrößerten Versorgungsbereich reicht die Zahl der Heimplätze derzeit aus. 366 Heimplätze zählte das Kreis-Sozialamt 2011 in den beiden Kommunen. Bis zum Jahr 2030 werden mehr als 700 Plätze gebraucht. Diese Zahl wird auch einstweilen nicht durch aktuelle Bauvorhaben erreicht.

In der Gemeinde Alfter ist die Unterversorgung besonders groß: Zurzeit gibt es mit dem Seniorenzentrum Sankt Elisabeth in Oedekoven nur eine Einrichtung mit 63 Pflegeplätzen. In diesem Zusammenhang erinnerte Ausschussvorsitzender Bolko von Schweinitz (Freie Wähler) an einen noch immer nicht beantworteten Prüfauftrag, den der Gemeinderat Mitte 2013 aufgrund einer Empfehlung des Sozialausschusses einstimmig gefasst hatte.

Danach soll die Verwaltung prüfen, welche freien Flächen im Gemeindegebiet überhaupt zur Errichtung von Pflegeeinrichtungen infrage kommen. Die Bestandsaufnahme des Kreises, die alle zwei Jahre erfolgt, sieht darüber hinaus ein weiteres Versorgungsproblem kommen: die Betreuung von pflegebedürftigen Menschen mit Migrationshintergrund. Auch in dieser Bevölkerungsgruppe werde der traditionell starke Familienverbund sich ändern und ein hoher Beratungs- und Unterstützungsbedarf entstehen.

In Alfter beträgt der Anteil von Personen über 65 Jahren mit Migrationshintergrund derzeit zehn Prozent. "Das Thema darf man nicht schleifen lassen", sagte Liermann. Auf der einen Seite müssten sich Pflegeanbieter mehr Wissen über soziokulturelle Besonderheiten aneignen; auf der anderen Seite gelte es, das Beratungsangebot speziell für diese Menschen zu verbessern und Hemmschwellen abzubauen.

Aber auch ganz allgemein soll das Beratungs- und Hilfeangebot ausgebaut werden, damit Betroffene auf der Suche nach individuellen Lösungen keine Odyssee antreten müssen. In Alfter kümmert sich als Pflegeberaterin darum die Seniorenbeauftragte Astrid Piel.

Kontakt: Astrid Piel, Gemeinde Alfter, 02 28/6 48 41 31.

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