Autor Walter Bonerath aus Alfter "Es gibt Bilder, die wir nicht vergessen"

ALFTER-OEDEKOVEN · Die Kindheit ist Jahrzehnte her, doch die Erlebnisse aus den 1940er und 1950er Jahren in Bad Godesberg haben sich tief in seine Erinnerung gebrannt. Schon vor vielen Jahren hatte Walter Bonerath, der seit 15 Jahren mit seiner Frau Rita in Alfter-Oedekoven lebt, daran gedacht, seine Eindrücke zu Papier zu bringen und Themen und Notizen gesammelt.

 Walter Bonerath.

Walter Bonerath.

Foto: Wolfgang Henry

Doch immer wieder schob er das Projekt vor sich her. "Bis zu dem Tag, an dem ich dachte, dass mir die Zeit davonläuft." Das war irgendwann im vergangenen Jahr. Mit 76 Jahren hat Bonerath es nun geschafft: "Mir Schullpänz in der Nachkiegszeit", eine Sammlung von Geschichten und Anekdoten aus Bad Godesberg, ist als bebildertes Büchlein im Wartberg Verlag erschienen.

"Der Fokus liegt auf Bad Godesberg", erläutert Bonerath, der dort geboren und aufgewachsen ist. "Aber mit den Geschichten werden sich alle in der Region identifizieren können, die in den 40er und 50er Jahren groß geworden sind." Bonerath war zunächst als Werkzeugmacher in Bad Godesberg tätig, wechselte dann ins Innenministerium und arbeitete ab 1970 bei der Stadt Bonn, unter anderem als Sachgruppenleiter im Sozialamt.

Nicht nur in Bad Godesberg war die Kindheit nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges eine schwere Zeit, in der es besonders an Nahrung und Brennmaterial fehlte. In seinem Vorwort schreibt er: "Es gibt Bilder, die wir nicht vergessen, wie die Trümmer in den Straßen oder die Transporte deutscher Kriegsgefangener durch die Amerikaner, den Kohlenklau oder schmerzhafte Erinnerungen ahn de Schull mit Lehrer Haumichblau."

Dennoch hatten die Kinder auch ihren Spaß, beispielsweise beim Schlitten- und Schlittschuhfahren in einer Zeit, als es noch richtige Winter gab. Oder im Zeltlager, beim abenteuerlustigen Durchstreifen der Innenstadt und beim Kinobesuch in den Burglichtspielen mit gezinkten Eintrittskarten.

"Ich wollte, dass dieser Teil der Zeitgeschichte nicht verloren geht", begründet Bonerath seine Veröffentlichung. Sie gilt jenen, die diese Zeit noch miterlebt haben, aber auch jenen, die sich heute nicht vorstellen können, wie es damals war. So beschreibt Bonerath beispielsweise, dass die Wohnung im dritten Stock in der Bonner Straße "so richtig in der Granatenschneise" der letzten Kriegstage lag.

Da die Hauseigentümer die Benutzung des Luftschutzkellers untersagt hatten, quartierte sich die Mutter mit den beiden Kindern vorübergehend auf Matratzen im Treppenhaus der ersten Etage ein. Bonerath schildert zudem die nicht ungefährliche Jagd nach Kohlen.

Auch mit langen Stecken versuchten die Menschen, sie von den Wagen zu schlagen, wenn die Züge mit vollgefüllten Waggons am Moltkeplatz langsam fahren und wegen eines Rotsignals öfter anhalten mussten. Eines Tages starb bei einem Schusswechsel der Sohn des Bäckers. "Trotzdem stellten wir den Kohlenklau nicht ein, was blieb uns auch anderes übrig?", berichtet Bonerath.

Die Alliierten aber zeigten sich einsichtig. "Sie sorgten für eine großzügigere Handhabung und die Soldaten drückten bei weiteren 'Überfällen' mehr als einmal ein Auge zu". Schöne Zeiten für die Kinder begannen im Sommer und Winter während der Schulferien, später genossen sie das reiche Angebot an Tanzlokalen, Kinos und Bars in Bad Godesberg.

Beim Erzählen blieb Bonerath in seinem Buch nicht im Hochdeutschen stecken. In vielen Passagen wechselt er in die bönnsche Mundart, weil ihm die Schilderungen dann leichter und treffender von der Hand gingen. Zur Feder hat Walter Bonerath schon immer gern gegriffen, wenn es darum ging, rheinisches und karnevalistisches Brauchtum zu fördern und zu erhalten.

Das ergab sich früher zwangsläufig aus seinem Engagement als Geschäftsführer für die Stadtsoldaten Bad Godesberg, als Literat und Pressesprecher bei der Prinzengarde Bad Godesberg und als Literat und Equipechef beim 1. Messdorfer Karnevalsclub. So textete er nicht nur zahlreiche Prinzen- und Prinzessinnenreden, sondern schrieb für Vereinsbroschüren auch Gedichte, noch nicht vertonte Liedtexte und Artikel.

Das Buch von Walter Bonerath "Mir Schullpänz in der Nachkriegszeit" hat 80 Seiten, kostet 11 Euro und ist im Wartberg Verlag erschienen. ISBN: 978-3-8313-2213-8

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