Japanischer Praktikant auf Hof in Alfter Er hilft auf dem Feld und im Hofladen

ALFTER · Gurke und Zitrone. An diesen beiden Wörtern bricht sich Shu Nakashima noch heute die Zunge ab. Und wie viel ein Dreiviertelpfund ist, wusste der 29-jährige Japaner anfangs auch nicht.

 Shu Nakashima hat in Osaka ein Studium der Stadtplanung und Landschaftsarchitektur und danach eine Ausbildung für ökologischen Anbau absolviert. FOTO: WOLFGANG HENRY

Shu Nakashima hat in Osaka ein Studium der Stadtplanung und Landschaftsarchitektur und danach eine Ausbildung für ökologischen Anbau absolviert. FOTO: WOLFGANG HENRY

Foto: Wolfgang Henry

Doch der Landwirtschaftspraktikant, der auf dem Hof Mandt in Alfter schon seit einem Jahr mitarbeitet, bedient sehr gern im Hofladen und ist für Heike Mandt inzwischen eine große Hilfe geworden. Zum Beispiel dann, wenn sie allein hinter der Theke steht und plötzlich viele Leute kommen. "Ein Anruf genügt, und Shu kommt vom Feld, um mir hier zu helfen."

Bereits zum fünften Mal ermöglichen Karlheinz und Heike Mandt, die den 1912 am Taubenweiherweg gegründeten landwirtschaftlichen Betrieb in vierter Generation führen, einem Japaner ein Jahrespraktikum. "Wir beschäftigen uns gerne mit fremden Kulturen", erläutert Karlheinz Mandt. Und Japaner schätzt er als besonders gewissenhaft, fleißig und zuverlässig.

Der internationale Praktikantenaustausch wird von der Schorlemer Stiftung des Deutschen Bauernverbandes organisiert und beinhaltet neben der praktischen Arbeit auch einen Sprachkursus, Betriebsbesuche und Seminare.

Shu Nakashima, der in seiner Heimat 2011 selbst eine kleine Farm für den Anbau von Reis und Gemüse gegründet hat, will bei seinem Aufenthalt in Deutschland aber nicht nur fachlich weiterkommen. Er will auch erleben, wie Landwirtschaft nicht nur als Geschäftsbetrieb, sondern auch als Mittelpunkt im Leben einer Familie funktioniert. Denn das Ziel des Junggesellen ist es, später zu Hause ein ungehetztes Leben in der Natur und in der Landwirtschaft zu führen und daran auch seine Familienangehörigen und Bekannten teilhaben zu lassen.

Den Wunsch nach Naturnähe hatte Nakashima bereits nach seinem Studium der Stadtplanung und Landschaftsarchitektur in Osaka und einer anschließenden Ausbildung für ökologischen Anbau. Es zog ihn zurück in seine Heimatstadt Kagoshima im Süden Japans, wo er zwei Hektar Land für den Anbau von Gemüse besitzt. Die Felder bestellt er mit Ingwer und Kürbis, Broccoli und Chinakohl. Darüber hinaus baut er Reis für den Eigenbedarf seiner Familie an. Die meisten Arbeiten erledigt er selbst.

Während seines Aufenthalts in Deutschland hat er die Flächen an einen Freund vermietet. Auf dem Hof Mandt hilft er beim Anbau und bei der Ernte, bei der Vermarktung und der Versorgung der Hühner. "Langsamer leben" will der junge Landwirt, wenn er zurückkehrt. "Japaner haben immer keine Zeit", findet er. "Sie genießen das Leben nicht." In Deutschland haben ihn die Lebensfreude der Menschen beeindruckt und der artenreiche Wald. "Bei uns gibt es nur Zedern." Sein Wunsch ist daher, ein kleines Wäldchen in seiner Heimat mit verschiedenen Bäumen anzulegen. "Ich gehe gern spazieren."

Wichtig ist Nakashima auch, die Gedanken der Menschen in einem anderen Kulturraum und ihre Einstellung zum Leben kennenzulernen. Dazu hat er auch bei der Bedienung im Hofladen reichlich Gelegenheit. Es macht ihm Spaß. Über seine Anfangsfehler kann Nakashima heute lachen. Aber bei der Rückgabe von Wechselgeld bleibt er durch und durch Japaner: Scheine und Kleingeld reicht er als Zeichen der Höflichkeit und Wertschätzung mit beiden Händen zurück.

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