Kulturinitiative Theaterwandel Ein Klassiker geht auf Reisen

ALFTER · Die Kulturinitiative Theaterwandel mit Sitz in Alfter will Sparten und Generationen zusammenführen. Junge Künstler spielen für ein junges Publikum: So lässt sich einer der Schwerpunkte beschreiben.

 "Faustspuren" heißt das Mehrsparten-Projekt, das Tanz, Mimik und Akrobatik vereinigt. Die Figur des Mephisto (hinten, 1. von links) ist an der rot-schwarzen Kleidung) zu erkennen.

"Faustspuren" heißt das Mehrsparten-Projekt, das Tanz, Mimik und Akrobatik vereinigt. Die Figur des Mephisto (hinten, 1. von links) ist an der rot-schwarzen Kleidung) zu erkennen.

Was kann einem Klassiker passieren? Dass sich Generationen von Schülern mit dem Stoff plagen, um dann für den Rest ihres Lebens einen möglichst großen Bogen darum zu machen?

Oder dass jemand mit ihm einen Sprung um zwei Jahrhunderte wagt, um im Jahr 2009 anzukommen - mit allen Herausforderungen, allen Versuchungen, Erfolgen und Enttäuschungen, die seinerzeit auch den deutschen Dichterfürsten und dessen Zeitgenossen umgetrieben haben?

Genau das ist Goethes Klassiker Nummer eins passiert, aus dem die 2006 gegründete Kulturinitiative Theaterwandel ihre "Faustspuren" herausgelesen hat. Ein Mehrspartenprojekt mit Schauspiel, Tanz, Musik und Akrobatik, das vor drei Jahren Premiere im Forum der Bonner Bundeskunsthalle feierte.

Seitdem war die Produktion, entstanden in enger Zusammenarbeit mit der Alanus Hochschule, Absolventen der Musikhochschule Köln und der Folkwang Hochschule Essen, bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen sowie im Ausland zu sehen; zum Beispiel in Polen, Luxemburg, Finnland, in Rumänien, Ungarn, der Schweiz, Russland und den Niederlanden.

Das Herz der Initiative schlägt in Alfter, und es gehört Raphael T. Musiol. "Theaterwandel" hat er ins Leben gerufen, um neue Wege zu beschreiten: Raus aus dem Denken in Sparten und starren Altersgrenzen. Wer Kunst und Kultur schafft, so findet er, sollte Ideen haben, Energie.

Und genau für diese gesellschaftlich wichtige Zielgruppe möchte Musiol, der als Produktionsleiter und Regisseur in Köln sowie auch in Bonn arbeitet, sich mit seiner Initiative stark machen.

Junge Künstler spielen für ein junges Publikum: So lässt sich einer der Schwerpunkte beschreiben. In Zahlen ausgedrückt sind das mehr als 70 Aufführungen an Bonner und Kölner Schulen, an Bühnen wie dem Rheinischen Landestheater in Neuss, dem Stadttheater Wuppertal, Remscheid, Pulheim, Düsseldorf und Rheinbach.

Eine weitere Säule lautet "Kunst statt Kommerz" und führt auf direktem Weg zum 2011 gegründeten Verein "Kreativwirtschaft Deutschland", der sich aus Künstlern, Geisteswissenschaftlern und Kulturförderern zusammensetzt und sich die Generationen übergreifende und Nationalitäten verbindende Kulturarbeit zum Ziel gesetzt hat.

Zu den künstlerischen Projekten, die auf internationalen Reisen präsentiert werden, zählen wiederum die "Faustspuren" als HD-Filmversion mit Plenumsgespräch und Workshops. So schließt sich der Kreis.

Faust ist Bankier, Illusionist, Genetiker, Kriegsheld und Industrieller; wie sein literarisches Vorbild stets auf der Suche nach dem Absoluten. Mephisto erscheint zeitgemäß - in Rot und Schwarz - als Entertainer, Medienstar. Ein Verführer zum Bösen ist und bleibt er.

Während das Echo auf die Faust-Produktion im Ausland groß war, kann Musiol nicht verstehen, dass sich in Bonn und Umgebung weder lokale Sponsoren noch das Kulturamt für das Potenzial dieser Kulturinitiative interessieren. "Man hat den Eindruck, als stünde kein Geld mehr für innovative Kulturarbeit zur Verfügung", findet er.

Seinerzeit hatte das Kulturamt Köln die Gastspielauftritte in Hermannstadt und Klausenburg mitfinanziert. Eine vergleichbare Unterstützung hat am Standort Bonn bislang nicht stattgefunden. Für das Frühjahr 2013 sind neben dem Programm "Deutsche Sprache und Kultur im Ausland" eine Fortsetzung der videografischen Tournee und Themenabende "Goethes Faust im 21. Jahrhundert" geplant.

Ein weiteres Projekt ist die "Salonkultur" in der Tradition der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts. Als Veranstaltungsort haben Musiol und sein Team das neue Theater im Kloster in Bornheim angedacht.

Darüber hinaus steht das Konzept eines Live-Hörspiels als Bühnenaufführung mit blinden Jugendlichen bereit. "Wir haben mehr als eine Handvoll Projekte und Ideen in der Schublade. Nur, dass wir sie zurzeit nicht öffnen können", bringt Musiol es auf den Punkt.

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