US-Soldaten in Witterschlick Amis ließen den Schinken mitgehen

ALFTER-WITTERSCHLICK · Am Samstag vor 70 Jahren war für die Menschen in Witterschlick der Krieg zu Ende. Ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen, waren amerikanische Soldaten in den Ort einmarschiert.

 Im Sonntagsstaat haben sich Witterschlicker Kinder vor der noch nicht durch Bomben zerstörten Lambertuskirche für den Fotografen in Reih und Glied aufgestellt. REPRO: KOHLS

Im Sonntagsstaat haben sich Witterschlicker Kinder vor der noch nicht durch Bomben zerstörten Lambertuskirche für den Fotografen in Reih und Glied aufgestellt. REPRO: KOHLS

Foto: Roland Kohls

Nach dramatischen Wochen und Monaten begann für die Menschen der Frieden schon zwei Monate vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges.

Zu diesem Zeitpunkt lag aber der folgenschwerste Tag des Krieges für die Witterschlicker schon mehr als ein Jahr zurück. Am 4. Februar 1944 starben bei einem Angriff britischer Bomber auf den Ort neun Menschen, darunter zwei Kinder, die von Köln nach Witterschlick evakuiert worden waren.

An diesen 4. Februar 1944 erinnert sich Augenzeuge Peter Eller mit Grauen. Es war eigentlich ein Tag wie jeder andere, der Krieg hatte den Ort bis dahin weitgehend verschont, als um 12.40 Uhr Bomben fielen und die Kirche, bis auf den Turm, das Pastorat, den Harthof an der Duisdorfer Straße, die Häuser Häring und Schneider sowie das Gasthaus Winterscheidt an der Hauptstraße zerstörten. 20 Häuser waren leicht beschädigt.

Ein englisches Geschwader war gen Bad Godesberg geflogen, musste aber wegen eines Schneegestöbers umkehren. Die Engländer wollten ihre Bombenlast nicht mit nach Hause nehmen und warfen sie über dem Kottenforst ab. Getroffen wurde dabei besonders der Ortskern von Witterschlick. "Der Abwurf war nicht geplant", so der Witterschlicker Heimatforscher Klaus Trenkle.

Trotz der täglichen Angst vor weiteren Bombenangriffen ("Es ging manchmal rein in den Keller, raus aus dem Keller."): Für den damals 14-jährigen Peter Eller, der mit seinen Eltern und seiner Schwester an der Geltorfstraße wohnte, änderte sich zunächst nichts. Noch fuhr die Bahn jeden Tag nach Rheinbach zum Gymnasium. "Manchmal hielten wir allerdings wegen der Bombardierungen mitten auf der Strecke an. Und kaum in Rheinbach angekommen, ging es in den nächsten Keller", erinnert sich Eller.

Als Rheinbach jedoch am 3. März 1945 von einem amerikanischen Jagdbomberverband angegriffen und fast gänzlich zerstört wurde, war an Schulbesuch nicht mehr zu denken. Auch in Witterschlick waren die Folgen des 3. März zu spüren. "Wir waren drei Tage lang ununterbrochen mit der Nachbarin und deren drei kleinen Kindern bei uns im Keller. Die Kinder schliefen auf den Regalbrettern, auf denen normalerweise Weckgläser standen", so Eller, der auf dem Boden schlief.

Das Kellerleben änderte sich erst am 7. März 1945. Noch waren vereinzelt Scharmützel zu hören, die Reste einer Flakeinheit war auf dem Herbstbenden stationiert. Eller: "Plötzlich war es absolut still. Da bin ich aus dem Keller hinausgegangen und habe zum Haus der Nachbarin geschaut. Da standen drei Gestalten: Amerikaner. Damals sah ich zum ersten Mal dunkelhäutige Menschen."

Eller hatte keine Berührungsängste mit den Amerikanern, im Gegenteil, er verriet ihnen die Marschrichtung der deutschen Soldaten, die in Richtung Röttgen geflohen waren. Aus welcher Richtung die Amis einmarschiert waren, ob aus Volmershoven-Heidgen, von der B 56 oder aus Buschhoven, ist für den heute 84-Jährigen immer noch nicht ganz klar. "Sie waren plötzlich da".

Aber all das spielte für den Jugendlichen Peter keine Rolle. Er war überwältigt von der amerikanischen Freundlichkeit. "Sie waren human und schenkten uns Corned Beef und Schokolade". Allerdings: Er und seine Familie mussten ihr Haus verlassen. Die Amerikaner requirierten es als vorläufiges Hauptquartier.

"Mein Vater hatte auf dem Dachboden zwei leckere Schinken hängen. Er dachte, dass die Amerikaner genug zu Essen hätten und den Schinken nicht anrühren würden. Ein Irrtum. Als wir zurückkamen, waren nur noch die Fettränder zu sehen", schmunzelt der Rentner.

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