Fair-Handelszentrum Rheinland Am Anfang stand der Idealismus

ALFTER-WITTERSCHLICK · Die Geschäftsführer des Fair-Handelszentrums Rheinland haben klein angefangen. Nun vertreibt das Fair-Handelszentrum Rheinland in Witterschlick mehr als 10.000 Produkte.

 Fair gehandelter Kaffee ist eines der Produkte, die Geschäftsführer Martin Klubsch über das Fair-Handelszentrum vertreibt.

Fair gehandelter Kaffee ist eines der Produkte, die Geschäftsführer Martin Klubsch über das Fair-Handelszentrum vertreibt.

Foto: Roland Kohls

1991 gründeten sie an der Bonner Maxstraße einen Weltladen. Der Lehrer für Englisch und Religion, der Sozialpädagoge und die Religionswissenschaftlerin starteten mit 20 Quadratmetern Ladenfläche, viel Idealismus und ohne kaufmännische Ausbildung.

"Unser Vermieter war selber Kaufmann und sagte immer: "Ich verstehe nicht, was ihr macht, und ich glaube auch nicht, dass es funktioniert." Martin Klubsch, Elmar Schulze Messing und Martina Schauten ließen sich nicht beirren. "Weil wir nicht wussten, dass es nicht ging, hat es geklappt", meint Klubsch (55) heute.

Bald mieteten sie Räume dazu. Schnell stellten sie fest, dass kirchliche Gruppen eine große Nachfrage an Lieferanten hatten. Der Großhandel wurde ihr zweites Standbein, 2010 zogen sie nach Witterschlick, weil es an der Maxstraße zu eng wurde.

"Die Grenzen verlaufen nicht mehr zwischen Nord und Süd, sondern zwischen Arm und Reich", Martin Klubsch, Geschäftsführer

Der Weltladen in Bonn wird mittlerweile von einem Verein weitergeführt, seine drei Gründer konzentrieren sich ganz auf den Großhandel in Witterschlick. Vier weitere Mitarbeiter sind angestellt, überwiegend in Teilzeit. Die Kunden sind Welt- oder Bioläden, Supermärkte und gastronomische Betriebe.

Aber auch Tagungshäuser, Büros und Fair-Handels-Arbeitsgemeinschaften in Schulen werden beliefert. Über 10.000 Artikel kann man über das Fair-Handelszentrum beziehen, etwa 1000 Artikel liegen in den Regalen der 300 Quadratmeter großen Halle. Den Großteil machen Lebensmittel aus. "Wir haben viele klassische Kolonialwaren im Sortiment", sagt Klubsch.

Dauerbrenner ist der Kaffee, der nach Klubschs Schätzung etwa 20 Prozent des Umsatzes ausmacht. Außerdem zählen Tee, Gewürze, Trockenfrüchte, Nüsse, Reis und das südamerikanische Getreide Quinoa dazu. Aber auch immer mehr verarbeitete Waren werden angeboten, etwa Schokolade, Fruchtgummis, Gebäck oder Feinkost.

In der Karnevalszeit kauft der Kölner Verein "Jecke Fairsuchung" faires Wurfmaterial. Vor allem von Kirchengemeinden und Schulen wird es gut angenommen. "Das ist vielleicht etwas teurer, aber dafür bleibt es auch nicht auf der Straße liegen", meint Klubsch.

Überhaupt ist er mit dem Preis-Leistungs-Verhältnis der fairen Produkte sehr zufrieden. Man dürfe nicht mit den billigsten Konkurrenzartikeln vergleichen, weil die Qualität sehr hoch sei. Die Schokolade zum Beispiel sei sogar besser verarbeitet als die herkömmlichen hochpreisigen Sorten, weil die Hersteller auf Emulgatoren verzichteten.

Neben den Lebensmitteln gibt es auch handwerkliche Arbeiten. Folkloristische Kunstwerke wie Speckstein- oder Holzarbeiten gehören zum Sortiment, aber auch funktionale Dinge wie Papierkörbe, Duftlämpchen oder Radios aus Autoreifen und Altmetall.

Die Waren stammen von Importorganisationen, die ausschließlich fairen Handel betreiben. Von der Produktion bis zum Verkauf müssen die Waren bestimmten Standards genügen. Wichtig sind die Arbeitsbedingungen, aber auch ökologische Kriterien.

Das Fair-Handelszentrum kann die Produzenten größtenteils nicht selbst überprüfen, setzt aber auf die Kontrolle durch Organisationen wie die World Fair Trade Organization (WFTO), eine Dachorganisation für Fair-Handels-Organisationen. Ihre Mitglieder werden regelmäßig von unabhängigen Experten überprüft.

Vertrieben werden vom Standort Witterschlick aber nicht nur Waren aus Afrika, Asien oder Südamerika. Auch Apfelsaft aus einem Biolandbetrieb im Hunsrück steht im Regal. Die Produzenten arbeiten mit Entwicklungshilfeorganisationen zusammen, und achten auf die Einhaltung von Standards bei den eigenen Mitarbeitern.

Denn "was Löhne und Gehälter betrifft, sind wir Entwicklungsland", sagt Klubsch. Zwar gehe es den Deutschen im internationalen Vergleich gut. Aber Niedriglöhne führten auch in Deutschland dazu, dass Menschen am Rande der Gesellschaft stehen. Klubsch: "Die Grenzen verlaufen in Zeiten der Globalisierung nicht mehr zwischen Nord und Süd, sondern zwischen Arm und Reich."

Mehr Informationen: www.rfz-rheinland.de.

Mafiafreie Produkte aus dem Fair-Handelszentrum

Die Marke "Libera Terra - befreite Erde" steht für Waren von Kooperativen in Italien, die auf vom Staat konfiszierten ehemaligen Mafia-Ländereien Wein, Zitronenlikör, Pasta, Antipasti, Olivenöl und Marmelade produzieren. Sie erfüllen hohe Sozial- und Umweltstandards, die meisten Erzeugnisse kommen aus kontrolliert biologischem Anbau. Libera Terra-Produkte verkauft das Fair-Handelszentrum auch an Endkunden über das Internet, weil sie im Einzelhandel schwer zu bekommen sind. Mehr Informationen unter www.legalundlecker.de.

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