Klassentreffen der Volksschule Alfter Als die Schulspeisung die Lukasgasse entlang floss

Alfter · 74 Jahre nach ihrer Einschulung, die vom Zweiten Weltkrieg geprägt war, kommen Ehemalige der Volksschule Alfter im Lokal „Spargel Weber“ zusammen, um Erinnerungen auszutauschen.

 23 von einst 81 i-Dötzchen tauschten in Alfter Erinnerungen aus. Organisiert hatte das Treffen unter anderem Josef Weiler (hinten rechts).

23 von einst 81 i-Dötzchen tauschten in Alfter Erinnerungen aus. Organisiert hatte das Treffen unter anderem Josef Weiler (hinten rechts).

Foto: Axel Vogel

„Weißt du noch?“: Diese Frage hörte man beim 14. Klassentreffen des Einschulungsjahrgangs 1942 der Volksschule Alfter im Lokal „Spargel Werber“ immer wieder. Seit 1973 gibt es in unregelmäßigen Abständen ein Wiedersehen.

An zwei langen Tischen saßen auf der einen Seite die Frauen, auf der anderen die Männer. „Die Trennung nach Geschlechtern war nicht beabsichtigt. Das ergab sich einfach so. Die Frauen unterhalten sich und sitzen dann plötzlich zusammen“, sagte Josef Weiler, der gemeinsam mit Brigitta Boos seit Jahren das Klassentreffen organisiert. Weiler: „Es ist immer wieder schön, wenn wir uns sehen und über alte Zeiten reden können.“

Mitten im Krieg, im Herbst 1942, fand die Einschulung statt, als „Väter und auch Brüder an der Front standen“, so Weiler. Äußerst lebendig sind noch die Erinnerungen an die letzten Kriegs- und die ersten Friedensjahre, hat doch der Geburtsjahrgang 1935/36 mit Krieg, Nachkriegszeit und wirtschaftlichem Aufschwung besonders viel erlebt.

Zahlreiche Fliegerangriffe und die Verdunkelungspflicht ab Ende 1943, das kriegsbedingte schulfreie Jahr 1945, das Hamstern der Städter in der Nachkriegszeit und die Währungsreform sind ihnen präsent. „Wenn wir in den Bunker unterhalb des heutigen Festplatzes am Herrenwingert gehen mussten, war das furchtbar. Das stank dort wie die Pest“, blickt Willi Zimmermann zurück.

Nach wie vor existiert eine Klassenkasse

Er gehörte zu den 81 i-Dötzchen, die seinerzeit eingeschult wurden und damit den stärksten Schuljahrgang stellten, den es laut Weiler „in Alfter weder vorher noch hinterher gab“. In zwei Klassen, bei Fräulein Müller und Fräulein Ader, wurden die Schüler unterrichtet. „Bei der Einschulung hieß es, dass ich in die Klasse von Fräulein Müller kommen soll. Das wollte ich nicht, da sie so dick war. Das habe ich ihr auch gesagt“, erzählte Zimmermann lachend. In den ersten Jahren kümmerte sich die Lehrerin sehr um ihn, da er Anfangsschwierigkeiten beim Lesen hatte. „Während die Anderen irgendwelche Aufgaben lösen mussten, saß ich bei Fräulein Müller auf dem Schoß, und sie übte mit mir. Ihr Engagement war wirklich einmalig.“

Als schlimm empfanden die Schüler die Nachkriegszeit, als es wenig zu essen gab und die Kinder auf die Schulspeisung angewiesen waren. „Die Suppe wurde in einer Metzgerei an der Holzgasse gekocht. Mit einer großen Thermoskanne haben wir sie auf einem einachsigen Karren abgeholt. An einem Tag haben wir nicht aufgepasst, die Karre kippte um, und unsere Suppe floss die Lukasgasse entlang. Da fiel die Schulspeisung kurzerhand aus“, erzählte Zimmermann.

Die gemeinsamen Erlebnisse von Krieg und Nachkriegszeit haben die Schüler von einst bis heute zusammengeschweißt. Nach wie vor existiert eine Klassenkasse, „aus der wir zum Beispiel Kränze für Beerdigungen bezahlen“, so Weiler. „Wir werden mit dem Klassentreffen so lange weitermachen, wie es geht“, sind sich Weiler und Zimmermann einig.

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