Kirchengeschichte in Alfter Als die Madonna den Hardtbach entlangfuhr

Alfter-Witterschlick · Manfred Braun und Helmut Fuhs zeichnen in ihren Vorträgen die Geschichte der Wallfahrtskapelle Klausenhäuschen nach.

 Kleinod: Das 1673 erbaute Klausenhäuschen.

Kleinod: Das 1673 erbaute Klausenhäuschen.

Foto: Roland Kohls

1673 war der Dreißigjährige Krieg gerade einmal 25 Jahre vorbei – der Westfälische Frieden von 1648 hatte den Glaubenskrieg zwischen Protestanten und Katholiken beendet. Während des Krieges hatten marodierende Soldaten Europa durchstreift, die Pest hatte ganze Landstriche entvölkert. Die Auswüchse waren sogar in Rheinbach und Flerzheim spürbar gewesen. Nur die 15 bis 20 Gehöfte in Witterschlick wurden von allem Übel verschont.

Zum Dank entschlossen sich die Bauern, eine Kapelle zu Ehren der Muttergottes zu bauen. Allerdings sei diese mit dem ursprünglich geplanten Standort am Klausenweg/Ecke Hauptstraße am früheren Ortseingang nicht einverstanden gewesen. So lautet zumindest die Legende, die der pensionierte Rektor der Witterschlicker Grundschule, Helmut Fuhs, in der Gaststätte „Lambertushof“ mit Augenzwinkern erzählte.

Er und Manfred Braun, bis 2015 Mitglied im Kirchenvorstand von Sankt Lambertus, schilderten auf sehr anschauliche und persönliche Weise den rund 40 Zuhörern die Geschichte des Klausenhäuschens. Eingeladen hatte zu den Vorträgen der Förderverein Witterschlicker Heimatkultur um seinen Vorsitzenden Wolfgang Pfister, der mit der Resonanz „sehr zufrieden“ war.

Viele Mythen ranken sich um die Wallfahrtskapelle, denn „es gibt keine historischen Belege über die Ursprünge“, erklärte der 74-jährige Fuhs, der sich als Witterschlicker „Urgestein“ intensiv mit der Historie seines Heimatdorfes beschäftigt hat. Und eine der Mythen ist, dass die Muttergottes bei der Standortwahl am Hardtbach ihre Hände im Spiel hatte. Als sich die Landwirte nämlich zum Bau des kleinen Gebetshauses entschlossen hatten und die Genehmigung des Kölner Kurfürsten, Eigentümer des Kottenforstes, zum Schlagen der Eichen vorlag, lagerten die Witterschlicker das Holz für die geplante Fachwerkkapelle an der vorgesehenen Stelle am Klausenweg.

Das Mysteriöse dabei: Jede Nacht verschwanden die Holzstapel und tauchten am Hardtbach wieder auf. „Im Dorf herrschte große Aufregung. Da entschied Pfarrer Ambrosius, dass Maria mit dem Verschwinden des Holzes ein Zeichen setzen wollte. Die Kapelle wurde daraufhin am Hardtbach gebaut“, so Fuhs. Geschichte und Legendenbildung vermischen sich auch, was die Statue der wertvollen Muttergottes angeht, die früher im Klausenhäuschen stand. Mittlerweile ist sie, hinter Panzerglas gesichert, in der Pfarrkirche Sankt Lambertus zu sehen. Die seltene Form der Darstellung zeigt die Muttergottes, die in der Hand ein Jesuskind hält, während ihr Mantel das Schiff und eine Weltkugel umfasst.

Fest steht, erläuterte Fuhs, dass die Statue um 1750 von einem unbekannten Künstler gefertigt wurde und lange den Eigentümern der Burg Ramelshoven im heutigen Impekoven gehörte. Nach einem Eigentümerwechsel der Burg gelangte die Figur in den Besitz der Kirchengemeinde.

So erzählt man sich laut Fuhs, dass „die Madonna um 1800 bei Hochwasser auf einem Schiff den Hardtbach entlanggefahren ist. Dann hat sie an der Kapelle angelegt und die Witterschlicker haben die Statue als Geschenk angenommen“.

Das Klausenhäuschen, das heute noch einzige existierende barocke Gebäude Witterschlicks, hat in seiner fast 250-jährigen Geschichte so einiges an architektonischen Veränderungen mitgemacht. Als Fachwerkgebäude im 17. Jahrhundert errichtet, verschwand das ursprüngliche Türchen mit den beiden Seitenfenstern beim ersten großen Umbau im Jahr 1900 und wurde durch ein schmiedeeisernes Gitter mit einem Podest für den Pfarrer ersetzt.

Meilensteine der Umgestaltung waren in der Folge die Jahre 1945/46, als die Lehmfachwände zwischen den Balken durch Ziegel ausgemauert wurden, die Erneuerung des Schieferdachs 1964, das Aufstellen von sieben Bänken auf dem Vorplatz 2006 und letztlich das Jahr 2015. Damals wurde das marode Holzfachwerk komplett durch Feldbrandsteine ersetzt, und die Steine im Innenraum wurden verputzt. „Wir hoffen, dass wir jetzt für die nächsten 20 Jahre Ruhe haben“, betonte Braun, der bis Ende 2015 30 Jahre lang die architektonischen Neuerungen am Klausenhäuschen mitentschieden hat. Seine detailreichen Kenntnisse hat der 71-Jährige nun in einem Büchlein über die Witterschlicker Kultstätte zusammengefasst. Mit der Veröffentlichung rechnet er in zwei Monaten.

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