Kultur in Alfter Alfter soll wieder Hotspot der Kunst sein

Alfter · Die „Donnerstags-Gesellschaft 2.0“ will den Künstlertreff der Nachkriegsjahre im Alfterer Schloss wiederbeleben und erhält Unterstützung von Landrat und Bürgermeister.

Noch stehen die hohen, hellen Räume des Alfterer Schlosses leer und die weiß getünchten Wände sind kahl. Doch das wird sich in den nächsten Tagen ändern, denn bereits am Wochenende wird das historische Gebäude eine Kunstausstellung beherbergen, die nach Vorstellung der Initiatoren ihre Strahlkraft über Alfter hinaus in die Region entfalten soll. Hinter der Ausstellung, die am 22. und 23. Juni mit einer Vernissage und einem Erlebnistag ihren Anfang nimmt, steht der feste Entschluss, der legendären „Donnerstags-Gesellschaft“, die von Februar 1947 bis 1950 in Alfter zusammenkam, unter dem Titel „Donnerstags-Gesellschaft 2.0“ wieder Leben einzuhauchen.

Maler, Musiker, Literaten und Philosophen fanden sich damals im Alfterer Schloss zu regelmäßigen Treffen ein. „Zu dieser Zeit war Alfter geradezu ein „Hotspot der Kunst“, berichtet die Künstlerin Eva Ohlow, deren Vater Hubert Berke (1908-1979) einer der Protagonisten der Donnerstags-Gesellschaft war.

Bei der Ausstellung, die bis zum 14. Juli besichtigt werden kann, werden Eva Ohlows Werke erstmals gemeinsam mit denen ihres Vaters zu sehen sein. Nachdem das Kapitel „Donnerstags-Gesellschaft“ vom Kulturkreis Alfter bereits 1997 in einer Broschüre aufgegriffen wurde und 2014 Thema einer Ausstellung im Haus der Alfterer Geschichte war, soll es diesmal nicht wieder in der Schublade verschwinden.

„Das Projekt soll eine Initialzündung für die weitere Auseinandersetzung mit der Nachkriegskunst sein“, bekräftigt die Vorsitzende des Fördervereins Haus der Alfterer Geschichte, Bärbel Steinkemper. „Schloss Alfter soll wieder seine Türen öffnen und sich zu einem besonderen kulturellen Treffpunkt entwickeln.“

Künstlerin wird bei Spaziergang berichten

Als Schirmherr konnte Landrat Sebastian Schuster gewonnen werden und auch Alfters Bürgermeister Rolf Schumacher ist begeistert von der Initiative. Die Idee zur Wiederbelebung der Donnerstags-Gesellschaft entstand auf einer Vernissage, bei der sich die in Alfter lebende Fotografin Alexandra Runge und Eva Ohlow kennenlernten.

Die mittlerweile 79-jährige Künstlerin berichtete von ihrer Kindheit, die sie mit ihrer Familie von 1946 bis 1957 in Alfter verbrachte. „Eva Ohlow hat so interessant von den Dingen erzählt, die sich damals in Alfter abgespielt haben, dass ich unbedingt etwas daraus machen wollte“, so Alexandra Runge.

In Zusammenarbeit mit Bärbel Steinkemper, Luise Wiechert (Kassiererin und Schlossverwalterin) sowie der Afterer Eventmanagerin Diane Ihlefeldt wurde das Projekt geplant. Für die Ausstellung verfrachtet Eva Ohlow gleich mehrere Wagenladungen mit eigenen Bildern sowie Werken ihres Vater von den Lagerräumen in Wesseling nach Alfter.

Am Sonntag wird sie bei einem Spaziergang durch Alfter und einem Erzählnachmittag im Schloss von ihrer Kindheit in Alfter berichten und Gespräche mit Freunden und Zeitzeugen führen. Der Rechtsanwalt Willi Weber war es, der die Künstlerfamilie Berke 1946 nach Alfter holte. Zunächst wohnten die Berkes im hinteren Teil des Gasthauses Spargel Weber in der Knecht-stube hinter den Ställen.

„Mein Vater hat die sieben Töchter der Fürstenfamilie zu Salm-Reifferscheidt-Dyck regelmäßig porträtiert“, erklärt Eva Ohlow. Weil der Hunger nach politischer, literarischer und künstlerischer Auseinandersetzung trotz der widrigen Umstände groß war, entwickelte sich aus den regelmäßigen Zusammenkünften von Hubert Berke, Hann Trier und Joseph Fassbender und anderer Künstler die Donnerstags-Gesellschaft als eine Art interdisziplinärer Kulturtreffpunkt. Fürst und Fürstin Salm-Reifferscheidt nahmen den Ball auf und gaben mit ihren Räumen Künstlern unterschiedlichster Richtungen Gelegenheit und Rahmen zur Präsentation und Diskussion.

Themen wie Flucht, Wassermangel und menschlicher Respekt

Die erste Ausstellung abstrakter Kunst fand am 20. Juli 1947 auf Schloss Alfter statt. Jean-Paul Sar-tres Stück „Die Fliegen“ wurde am 15. Februar 1948 in einer szenischen Lesung zur Aufführung gebracht. Kaum bekannt ist auch, dass die Fürstenfamilie während der Kriegsjahre die Bestände des Schnütgen-Museums Köln in Schloss Alfter und die Bestände des Wallraf Richartz Museums in Schloss Dyck einlagern ließ, um sie zu sichern.

Auch einige Werke aus dem Pariser Louvre sollen eingemauert in den Fluchtwegen des Schlosses versteckt worden sein. Der Nachlass Hubert Berkes, der Schüler von Paul Klee war und mit wichtigen Preisen wie dem Kunstpreis der Stadt Köln ausgezeichnet wurde, wird in Räumlichkeiten in einem Wesselinger Industriegebiet von seinen Kindern archiviert und verwaltet.

Berke gilt als einer der herausragenden abstrakten Künstler der Nachkriegszeit. Im Alfterer Schloss wird neben seinen Frühwerken und Objekten auch eine Bilderserie zu sehen sein, die sich mit dem Holocaust auseinandersetzt. Wie ihr Vater ist auch Eva Ohlow viel in der Welt herum gekommen und verbrachte lange Zeit in Afrika, Asien und Mittelamerika. Ihre Erlebnisse setzt sie in Bildern und Skulpturen mit oftmals landestypischen Materialien um. Themen wie Flucht, Wassermangel, menschlicher Respekt oder auch Zerbrechlichkeit sind hochaktuell und weisen zugleich Parallelen zur Vergangenheit auf. „Damit schließt sich der Kreis zur Ausstellung im Schloss Alfter“, so Ohlow.

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