Vergewaltigungs-Prozess gegen Oberwinterer wird neu aufgerollt

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am Donnerstag das Urteil gegen einen des sexuellen Missbrauchs seiner Stieftochter angeklagten 59-jährigen Oberwinterer aufgehoben und das Verfahren an eine andere Strafkammer des Landgerichts Koblenz zurückverwiesen.

Remagen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am Donnerstag das Urteil gegen einen des sexuellen Missbrauchs seiner Stieftochter angeklagten 59-jährigen Oberwinterer aufgehoben und das Verfahren an eine andere Strafkammer des Landgerichts Koblenz zurückverwiesen.

Gegen das Urteil von zwei Jahren und neun Monaten hatten sowohl die Verteidigung, die auf Freispruch plädiert hatte, als auch die Staatsanwaltschaft, die zehn Jahre Haft gefordert hatte, Revision eingelegt.

Es war ein ebenso Aufsehen erregender wie schwieriger Prozess, den das Landgericht im vergangenen Jahr zu führen hatte. Nicht zuletzt deshalb, weil Aussage gegen Aussage gestanden hatte. Nach sechsmonatigem Beweisaufnahmeverfahren war das Gericht überzeugt, dass sich zwei der insgesamt neun angeklagten Taten so zugetragen hatten, wie die 15-Jährige sie im Zuge des Verfahrens geschildert hatte.

Bei den übrigen sieben Fälle hatte das Gericht nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" gehandelt und den Angeklagten freigesprochen. Für das Gericht stand fest, dass bei einem Ferienaufenthalt in Bad Füssingen "Handlungen stattgefunden haben, die den Tatbestand des schweren sexuellen Missbrauchs erfüllen". Allerdings räumte das Gericht auch ein, dass sich Angaben der 15-Jährigen zum Teil als frei erfunden herausgestellt hätten.

Seine Entscheidung begründet der Bundesgerichtshof damit, dass "die Beweiswürdigung des Landgerichts aus sachlich-rechtlichen Gründen der rechtlichen Überprüfung nicht standhält". Sie enthalte Rechtsfehler sowohl zugunsten als auch zulasten des Angeklagten.

Die in der Person der 15-Jährigen liegenden und in dem problematischen Verhältnis der Geschädigten sowohl zum Angeklagten als auch zu ihrer Mutter begründeten Besonderheiten habe das Landgericht zwar gesehen und im Rahmen der Beweiswürdigung in einem Fall auch erörtert.

In diesem einen Fall sei das Gericht zu der Ansicht gelangt, dass die 15-Jährige auch unter Berücksichtigung dieser Besonderheiten allgemein glaubwürdig sei. In sieben weiteren Fällen wertete es die Aussagen des Mädchens jedoch als "detailarm und blutleer".

Die angeblichen Taten seien nicht in das jeweilige Lebensgeschehen eingebettet worden. Die Freisprüche hatte das Gericht damit begründet, dass sich die Taten nicht nachweisen ließen, weil "Mängel in der Aussagequalität" der 15-Jährigen zu konstatieren gewesen seien.

"Unter diesen Umständen hätte der Tatrichter nicht offen lassen dürfen, auf welchen Ursachen diese Mängel beruhen konnten", stellt der Bundesgerichtshof jetzt fest. Vielmehr hätte er diese - insbesondere in dem abgeurteilten Fall - in Beziehung zu der Aussage der einzigen Zeugin setzen und bei der Beweiswürdigung ausdrücklich und erkennbar berücksichtigen müssen. Stattdessen stünden die Beweiswürdigungen zu dem als erwiesen angesehenen Fall und die der als nicht erwiesen angesehenen Fälle beziehungslos nebeneinander.

"Das ist rechtsfehlerhaft", stellt der BGH in seinem Urteil klar. Der Rechtsfehler könne sich sowohl zugunsten des Angeklagten als auch zu seinen Lasten auswirken. Der neue Tatrichter werde den psychischen Auffälligkeiten des Mädchens erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden haben. Dabei gelte es, mit Hilfe eines psychologischen Gutachtens insbesondere zu prüfen, inwieweit eine Borderline-Persönlichkeitsstörung vorliege.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort