Teure Geldkarte am Nürburgring

Ein Gutachten belegt: Der Kredit über 5,6 Millionen Euro für das Bezahlsystem war nicht abgesichert.

Teure Geldkarte am Nürburgring
Foto: Victor Francke

Nürburgring. Die Ring-Card sollte an Deutschlands legendärster Rennstrecke einiges einfacher machen. Bargeldfrei sollten die Besucher mit ihrer aufladbaren Geldkarte durch die Erlebniswelt flanieren können.

Betrieben wird das Bezahlsystem von der Firma Cash Settlement Ticketing GmbH (CST), einem Unternehmen, das zu 50 Prozent der Nürburgring GmbH und zu 50 Prozent der MI-Werbesolutions GmbH mit Sitz in Düsseldorf gehört. Diese wiederum befindet sich zu 80 Prozent im Eigentum von Ring-Mitbetreiber Kai Richter.

Aus einem dem General-Anzeiger vorliegenden, vom Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH in Auftrag gegebenen Gutachten geht nun hervor, dass die Nürburgring GmbH der CST einen Kredit in Höhe von 5,6 Millionen Euro gewährte. Der Aufsichtsrat wusste davon nichts.

Die Gutachter sprechen von einem klaren Verstoß gegen den Gesellschaftsvertrag der Nürburgring GmbH. Als wäre das nicht schon alleine Ärger genug: Zudem erwirtschaftet die CST heftige Verluste, was nicht zuletzt auch auf die geringen Besucherzahlen am Nürburgring zurückzuführen ist.

Dass die Nürburgring GmbH ihr verliehenes Geld jemals zurückbekommt, glaubt in der Gesellschaft keiner mehr. In den nächsten drei Jahren, so Berechnungen des Landesrechnungshofes, wird die CST nämlich ein weiteres Minus von mehr als neun Millionen Euro einfahren.

Längst liegen der Staatsanwaltschaft Koblenz Strafanzeigen wegen angeblicher Insolvenzverschleppung vor. Der Vorwurf: Mit dem Darlehen habe die Nürburgring GmbH als Mitgesellschafterin der CST die Insolvenz abwenden wollen. Auch der Landesrechnungshof wurde tätig, wobei sich dessen Untersuchungen nicht auf den Anteilseigner Kreis Ahrweiler, der mit zehn Prozent an der Nürburgring GmbH beteiligt ist, erstreckte.

Die Staatsanwaltschaft kommt im Gegensatz zum Gutachten der Steuerberatungsgesellschaft Ernst & Young zu dem Ergebnis: "Die Unterstützung der CST durch die Nürburgring GmbH war wirtschaftlich sinnvoll, da die CST im Gesamtkonzept der Nürburgring-Erlebniswelt für die Abrechnung sämtlicher Veranstaltungen zuständig ist.

Ohne die CST hätte das gesamte Projekt kein Abrechnungssystem mehr. Es liegt auf der Hand, dass diese Entwicklung verhindert werden musste", schrieb die Staatsanwaltschaft - und stellte die Ermittlungen gegen Verantwortliche wegen Insolvenzverschleppung im Zusammenhang mit der Cash Settlement Ticketing GmbH ein.

Die Fachleute von Ernst & Young bewerten die CST anders: "Die Vergabe ungesicherter Kredite an die CST durch die Nürburgring GmbH in Höhe von 5,6 Millionen Euro war nie Gegenstand einer Beratung und Genehmigung durch den Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH." Die Geschäftsführung der Gesellschaft hat also eigenmächtig gehandelt, obwohl bei der Gewährung von Krediten die Zustimmung des Aufsichtsgremiums zwingend vorgeschrieben war.

Eine Absicherung der Rückzahlungsansprüche habe es nicht gegeben, so die Gutachter. Wörtlich heißt es: "Der Verzicht auf die Gewährung von Sicherheiten durch die CST, die Mediinvest (die Kai Richter gehört. Anm. der Red.) oder durch Dritte mit entsprechend guter Bonität lässt die Sorgfaltspflichten eines Geschäftsführers in besonders grobem Maße außer Acht."

Als die CST gegründet wurde, ging man noch davon aus, dass jährlich mehr als 400 000 Besucher in die Erlebniswelt strömen würden. Längst sind die Zahlen nach unten korrigiert, sie sind mehr als halbiert. Angeblich hat es bei der Einführung des bargeldlosen Bezahlsystems keine Untersuchung zum wirtschaftlichen Nutzen gegeben, und wenn, basierte sie auf Besucherzahlen, die nie erreicht wurden.

Der Landesrechnungshof hat gar jüngst empfohlen, das Ringcard-System wieder abzuschaffen, da es überflüssig sei. Der Nürburgring GmbH wird das alles nichts nützen: Ihren Kredit wird das landeseigene Unternehmen wohl nie wiedersehen.

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