Swisttal-Miel: Ein Dorf wird zur Sackgasse

Die lange geforderte Ortsumgehung kommt frühestens 2013 - Geschäftsleute sehen sie mit gemischten Gefühlen

Swisttal-Miel: Ein Dorf wird zur Sackgasse
Foto: Wolfgang Henry

Swisttal-Miel. Es quietscht und poltert - ein Geräusch, das sich aus der Nähe rasch ins schwer Erträgliche potenziert, bevor es in dumpfes Dröhnen übergeht. So hört sich das an, wenn auf der Mieler Ortsdurchfahrt ein Schwerlaster vor einem parkenden Auto bremst, herunterschaltet und wieder Gas gibt. Für die Mieler, die an der stark befahrenen Bundesstraße 56 leben, sind Lärm und Gestank Alltag.

Wohl aber nicht mehr lange. Denn der Entwurf für die Ortsumgehung mit dem neuen Mieler Anschluss an die A 61 hat konkrete Züge angenommen. Von den einen lange ersehnt, wird die Umgehung von anderen nicht gerne gesehen. Vor allem die Geschäftsleute, die vom Durchgangsverkehr leben, sehen sie kritisch.

Nach Angaben des Landesbetriebs Straßenbau NRW sind rund 10 000 Fahrzeuge täglich auf der Ortsdurchfahrt unterwegs, 12 000 sind es sogar nach den Zahlen von Ortsvorsteher Rolf Esch (CDU). Vor fünf Jahren diskutierte die Kommunalpolitik über den neuen Trassenverlauf der B 56.

Inzwischen ist die Umgehung mitsamt Autobahnanschluss im Bundesfernstraßenbedarfsplan nach vorne gerückt, heißt: Die Chancen auf eine Finanzierung des nach bisherigen Schätzungen gut sechs Millionen Euro teuren Projekts stehen gut. Der in Euskirchen ansässige Landesbetrieb Straßenbau hat den Vorentwurf fertiggestellt und legt ihn bald übergeordneten Stellen vor.

"Das geht hoch bis zum Bundesverkehrsministerium. Wir rechnen damit, dass wir Ende 2009 eine Genehmigung bekommen", sagt Projektgruppenleiter Helmut Frings. Danach folge das Planfeststellungsverfahren, das bei reibungslosem Verlauf zwei Jahre dauere. 2013, schätzen die Planer, könnte Baubeginn sein. Zudem strebt der Landesbetrieb eine Flurbereinigung an, bei der im Zuge der Planung Grundstücke neu aufgeteilt werden.

Denn die 2,3 Kilometer lange Umgehung zerschneidet die Felder rund um Miel. Die neue Trasse der Bundesstraße beginnt, von Bonn aus gesehen, kurz hinter der Einmündung zur Kompostierungsanlage. Bis zu einem halben Kilometer vom Ort entfernt, führt sie an Miel vorbei und unterquert die A 61, die einen neuen Anschluss mit An- und Abfahrten in beide Richtungen erhält.

Bislang gibt es an der alten B 56 nur eine Auffahrt in Richtung Köln sowie weiter nördlich eine Abfahrt - eine provisorische Lösung, die seit Jahrzehnten Bestand hat. Hinter dem Ortsausgang mündet die Umgehung auf die alte Trasse.

Miel wird dadurch zur Sackgasse. An die B 56 ist der Ort nur noch über die nach Ollheim führende K 61 angeschlossen. Auf der anderen Seite des Dorfs ist kein Durchkommen mehr, da das Teilstück der B 56 zwischen Kompostierungsanlage und Autobahnunterführung zu einem Wirtschaftsweg zurückgebaut werden soll.

Deshalb wird es in Zukunft ruhig in Miel - für manch einen zu ruhig. Zum Beispiel für Irmgard Vitt. Seit 45 Jahren arbeitet sie in der Bäckerei ihrer Familie, die seit 102 Jahren besteht. Sie fürchtet um ihre Existenz "Wenn niemand mehr durch den Ort kommt, können wir schließen", sagt sie. Morgens ab halb sieben kämen die ersten Kunden - darunter viele Pendler oder Lastwagenfahrer der umliegenden Kies- und Abfallverwertungsbetriebe.

Jürgen Alex, Betreiber des Restaurants "Zur Post", warnt davor, dass der Ort ausstirbt: "In Iversheim konnte sich kein Geschäft mehr halten, nachdem die Durchfahrt dicht war." In Miel gibt es heute außer der Bäckerei, zwei Gaststätten, eine Pizzeria und zwei Hofläden mit landwirtschaftlichen Produkten. "Die Durchfahrt sollte offen gehalten werden", meint Irmgard Vitt.

Ortsvorsteher Esch versteht die Sorgen, sieht aber keine Alternative zu dem Entwurf. Bliebe die Ortsdurchfahrt offen, würde sie von dem Verkehr aus der Rheinbacher Straße Richtung Bonn weiter genutzt, und der Entlastungseffekt der Umgehung sei dahin. "Wir brauchen diese Entlastung dringend", betont Esch.

"Schon heute kommt man vor lauter Verkehr nicht mehr über die Straße. Und wenn die A 61 dicht ist und der Verkehr in Miel abgeleitet wird, geht gar nichts mehr."

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