Staatspreisverleihung auf dem Petersberg: "Heute erweitern wir Benelux"

Belgien, Luxemburg und die Niederlande vereinbaren neue Zusammenarbeit mit NRW. Staatspreis für Regierungschefs

Staatspreisverleihung auf dem Petersberg: "Heute erweitern wir Benelux"
Foto: Holger Handt

Königswinter. Für die einen ist es ein lockerer Verbund von drei benachbarten Staaten, für andere ist es eine Liebesgeschichte, die vor 64 Jahren begann und so attraktiv ist, dass wieder andere daran mitschreiben wollen.

Es geht um den Benelux-Vertrag, dessen Neufassung im Juni unterzeichnet worden ist und der nun erstmals auch Nachbarn die Möglichkeit zur vertieften Zusammenarbeit gibt. Diese Chance will Nordrhein-Westfalen nun ergreifen, wie Ministerpräsident Jürgen Rüttgers am Dienstagabend auf dem Petersberg erklärte.

Gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus den Niederlanden, Luxemburg, Belgien sowie der Wallonie und der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, Jan Peter Balkenende, Jean-Claude Juncker, Yves Leterme, Rudy Demotte und Karl-Heinz Lambertz, unterzeichnete Rüttgers eine politischen Erklärung, nach der sich die Partner dazu verpflichten, die Chancen des neuen Benelux-Vertrags "so schnell wie möglich auszuschöpfen".

Als Handlungsschwerpunkte nannte Rüttgers die Raumordnung und den Umweltschutz über die Grenzen hinweg sowie die Zusammenarbeit der Hochschulen im Benelux-NRW-Raum. "Das werden wir in den nächsten Monaten konkretisieren."

Landes-Europaminister Andreas Krautscheid nannte den Abend den "international und diplomatisch wichtigsten in Nordrhein-Westfalen seit der großen Afghanistan-Konferenz" vor sieben Jahren Zwei Jahre hätten die Verhandlungen mit den Partnern in Den Haag, Brüssel und Luxemburg gedauert, und bis zuletzt habe man auch mit der Bundesregierung in Berlin Gespräche zum Beispiel darüber geführt, ob Nordrhein-Westfalen eine Politische Erklärung unterzeichnen dürfe, obwohl der Benelux-Vertrag noch nicht von allen Parlamenten in Belgien, Luxemburg und den Niederlanden ratifiziert wurde. "An solch ein Problem hätte ich niemals gedacht", sagte Krautscheid am Rande des Treffens.

Juncker erinnerte an die Anfänge der "Liebesgeschichte Benelux", als die Exilregierungen Belgiens, der Niederlande und Luxemburgs 1944 in London die ersten Schritte dorthin gingen. Vor 50 Jahren vereinbarten die Regierungen den ersten formalen Vertrag "und heute erweitern wir Benelux". Es handele sich um eine "Region, die es in sich hat" und die im künftigen Wettbewerb der Regionen größere Chancen habe, wenn sie gemeinsam auftrete. Dabei dürfe das neue Benelux keine politische Fantasie sein, die Menschen müssten erkennen, dass die Zusammenarbeit auch von Nutzen sei.

Von Vorteil sei dabei, dass in den Partnerländern derselbe Menschenschlag lebe. "Hier wissen die Menschen, was Arbeit und was Innovation, Erneuerung ist", ergänzte Juncker.

Schon bisher arbeiten die Partner in vielen Bereichen zusammen. Zum Beispiel mehr als 100 Kommunen in den Euregios entlang der Grenzen Nordrhein-Westfalens zu Belgien und den Niederlanden, bei der grenzüberschreitenden Entwicklung des Dreiländerparks Aachen-Vaals-Kelmis, bei gemeinsamer Verbrechensbekämpfung oder bei Kooperationen von Hochschulen.

Darüber hinaus gibt es sehr enge Handelsbeziehungen der Unternehmen dies- und jenseits der Grenze. Die Niederlande sind mit Abstand der größte Handelspartner Nordrhein-Westfalens. Belgien liegt bei den Aus- und Einfuhren jeweils auf dem fünften Platz - vor deutlich größeren Staaten wie den USA und Russland.

Daran anknüpfend hob Balkenende hervor, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise eher überwunden werden könne, wenn man als Partner eng zusammenarbeite. Und Rüttgers fügte hinzu: "Wenn wir die Krise erfolgreich meistern wollen, dann brauchen wir mehr Europa, nicht weniger." In der Diskussion, ob die Bundesregierung zu wenig gegen die Rezession tue, brach Juncker eine Lanze für Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Deutschland ist sehr aktiv", sagte der luxemburgische Ministerpräsident. Europa erkenne das auch an.

Im Anschluss an die Unterzeichnung der Politischen Erklärung erhielten Leterme, Balkenende und Juncker vor mehreren hundert Gästen den Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen. Stellvertretend wurden die drei Ministerpräsidenten für die Verdienste ihrer Länder um die europäische Integration und für die Zusammenarbeit mit Nordrhein-Westfalen geehrt.

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