Sogar der Teufel spielt mit

Zum Welttheatertag schaut sich der General-Anzeiger bei den Laienspielgruppen des Siebengebirges um.

 Vor grandioser Kulisse: Die Sproch- und Spelljrupp mit dem "Jedermann" in der Chorruine Heisterbach.

Vor grandioser Kulisse: Die Sproch- und Spelljrupp mit dem "Jedermann" in der Chorruine Heisterbach.

Foto: Frank Homann

Eine neue Spielstätte wurde daraufhin errichtet. Auf den Holzbänken hatten rund 1 300 Besucher Platz. Heute erinnert nur noch das Straßenschild "An der Passionshalle" an das Theaterfieber von einst. 1935 senkte sich der Vorhang für immer. Den Nazis war das geistliche Drama ein Dorn im Auge. Eine Wiederbelebung in den fünfziger Jahren scheiterte.

Gewiss nicht wegen des endgültigen Niedergangs der Passionsspiele in Stieldorf wurde 1961 der 27. März zum "Welttheatertag" proklamiert. Auch am Samstag wird rund um den Globus der Bedeutung des Theaters erinnert, und in Wuppertal protestieren Künstler von über 50 deutschen Bühnen gegen die Schließung bedrohter Häuser. Stieldorf ist passé. Aber die Laienschauspieltruppen im Siebengebirgsraum erfreuen sich ungebremster Beliebtheit.

  • Der Theaterverein Thalia aus Buchholz: Er wurde gegründet, als in Stieldorf die Passionsspiele so en vogue waren, dass "angebaut" werden musste. 1908 taten sich junge Leute unter dem Leitspruch "Ernst ist das Leben, heiter die Kunst" zusammen und spielten Theater. Es gab noch kein elektrisches Licht, von Radio nicht zu reden.Die Buchholzer sorgten selbst für ihre Belustigung beim Schein von Petroleumlampen. Die beiden Weltkriege unterbrachen das Bühnengeschehen zwar, aber als richtiger Feind entpuppte sich das Fernsehen. Zwängten sich Weihnachten 1946 weit über 700 Besucher in den Saal, bevorzugten sie später das Pantoffeltheater. 1963 war die vorerst letzte Aufführung. Bis dann eine neue Truppe vor beinahe 20 Jahren erneut die Bühne stürmte.

Kontakt Email: thalia1908@t-online.deDer beziehungsreiche Titel "Die Fernsehhelden" war der Auftakt zu einer Kette von Inszenierungen. Mittlerweile sorgen eine Märchen- sowie eine Jugendgruppe für den Nachwuchs des Ensembles. "Jetzt ist es soweit, dass wir auf unsere selbst herangezogenen Schauspieler zurückgreifen können, wenn im Stück junge Helden vorkommen", freut sich Vorsitzende Petra Braun. "Wir können ja nicht ewig die jungen Damen spielen."

Derzeit wird das neue Stück ausgesucht, das Ende Oktober Premiere hat. Ein neues Projekt läuft bei der Jugend. Es geht in Richtung Musical. Selbst getextete und -komponierte Titel werden in das Drehbuch eingearbeitet. Ende April beginnen die Proben. Aufführung ist im Herbst.

  • Die Sproch- un Spelljrupp Niederdollendorf: Der Name verrät es. Als die Gruppe sich 1981 bildete, da war zwar auch die Leidenschaft zum Theater mit im Spiel, aber der Mannschaft um Spielleiterin Hildegard Heinen ging es auch um die Wahrung der rheinischen Mundart. Beim Förderverein der Grundschule lag die Wiege für ein nicht alltägliches Theaterspektakel. KontaktEmail: fritzmuellerhrott@online.de

"Wie könnte man inniger und herzlicher seine Gefühle in einem Kosewort ausdrücken als in unserer Muttersprache. Wir glauben, dass der liebe Gott uns Rheinländern die Gabe verliehen hat, auch in schwierigen Situationen etwas Positives zu sehen und so das ,inwendige' Lächeln, das Griemeln, das von Herzen kommt, nicht zu verlieren", sagte es einmal Margret Leischner, die Mitbegründerin und Darstellerin der Else Klinger aus dem aktuellen Stück "Et kütt wie et kütt". Diese Komödie wird am 1. und 2. Mai im Jugendhof Rheinland, der angestammten Spielstätte am Heisterberg, aufgeführt. Regie führt Friedrich Müller seit 1999.

Als er begann, wurde nochmals das Stück "De Chreßnaach en Kölle" einstudiert, ein Markenzeichen und der Titel Nummer eins überhaupt. Unvergessen ist der "Jedermann" vor der malerischen Kulisse der Chorruine Heisterbach. Nach einem "Gastspiel" als Anhängsel beim Heimatverein Niederdollendorf wandelte sich die Sproch- un Spelljrupp 1990 zum selbstständigen Verein.

  • Die Theatergruppe des Bürgervereins Selhof: Am 10. April ist es wieder soweit. Die Schauspieler aus Selef erobern zum dritten Mal die Bühne der guten Stube von Honnef. Titel der Komödie: "Das gestörte Schäferstündchen". Die Truppe bekommt den Kursaal jedes Mal gerappelt voll. Die heimische Bühne ist natürlich der Saal Kaiser, wo seit über 60 Jahren Theater zum Dreikönigsball Tradition ist. KontaktRegisseur Neumann, Rufnummer (0 22 24) 29 31

Bereits in der Satzung von 1888 gab sich der Bürgerverein das Ziel, das kulturelle Leben zu bereichern. Zunächst mit Gedichten, Musik und Tanz. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahmen Rektor Hillen, Jean Proff und schließlich über eine weite Strecke Peter Stöcker die Fäden auf der Bühne in die Hand. Erst im vergangenen Jahr gab es einen Regiewechsel von Günter Runge zu Volker Neumann. Geblieben ist die Spiellaune der jungen Theatermannschaft.

WelttheatertagDer alljährliche Eröffnungstag des Festivals "Theater der Nationen" in Paris, der 27. März, wurde 1961 vom ITI-Kongress in Wien zum Welttheatertag ernannt. Es war ein Vorschlag des finnischen ITI (Internationales Theaterinstitut). Bereits im ersten Jahr, 1962, wurde der Tag in über 100 Ländern begangen.

Renommierte Theaterleute wie etwa Arthur Miller oder Vaclav Havel verfassen zum Tag eine Botschaft, die in über 50 Sprachen übersetzt wird und vor Aufführungen verlesen wird. 1993 gab das venezolanische Zentrum des ITI eine Anthologie sämtlicher Botschaften heraus.

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