Siegwerk in Siegburg So kommt Farbe in die Welt

SIEGBURG · Hier kommt so leicht keiner rein. Denn was da gemischt und gemixt wird, kennt zwar so gut wie jeder - aber geheim ist es trotzdem: Im obersten Stockwerk eines Altbaus auf dem Gelände der Siegwerk AG entstehen Farben. In diesem Fall für Verpackungen, etwa für Zigaretten.

 Sylvia Dohmann prüft im Labor des Siegwerks die Farbe.

Sylvia Dohmann prüft im Labor des Siegwerks die Farbe.

Foto: Holger Arndt

"Aber wir machen natürlich auch Druckfarben für noch viel mehr", sagte Siegwerk-Sprecher Enno Urbeinz. "Gehen Sie in einen Supermarkt und sehen Sie sich um: 80 Prozent der Farben auf Tetrapaks, Zeitschriften und Gummibärchentüten werden von der Siegwerk Druckfarben AG hergestellt. Und auch die Buchstaben, die Sie gerade lesen, sind aus Druckerschwärze vom Siegwerk.

Um den richtigen Ton zu treffen und diesen auf dem entsprechenden Material zu fixieren, tummeln sich auf dem Gelände an der Alfred-Keller-Straße seit 101 Jahren vor allem Chemiker und Ingenieure. 1100 Mitarbeiter hat die deutsche Zentrale des weltweit drittgrößten Druckfarbenherstellers.

Wer in einem der vielen Labore arbeitet, hantiert mit den Grundstoffen, aus denen Farbe besteht: Bindemittel, Harze, Pigmente und Additive. Im Labor unterm Dach reihen sich Gläser an Gläser, eine Waage mit Farbresten steht neben einem Abzug, Mitarbeiter in weißen Kitteln halten Pipetten in den Händen. Ewald Rempel trägt eine Schutzbrille. Er ist "Leiter Anwendungstechnik", seit fast 20 Jahren.

"Gerade arbeiten wir an einem Blau für eine Zigarettenverpackung", sagt er. Dabei ist es mit einer einzigen Formel für die Farbe nicht getan. 30.000 aktive Rezepturen sind in den Labors der Siegwerke gespeichert: "Wie bei fast allen Produkten, die weltweit vertrieben werden, verlangt der Auftraggeber, dass die Farbe in jedem Land der Welt dauerhaft den gleichen Ton hat." Also angepasst ist an zum Beispiel klimatische Verhältnisse. "Ich war für das Siegwerk auch schon in Südamerika und im asiatischen Raum.

Dort an Rohstoffe der gleichen Qualität zu kommen, ist gar nicht so einfach." Steigende Preise für Rohstoffe stellen eine weitere Herausforderung dar. Wie anspruchsvoll das Herstellen von Druckfarben ist, verdeutlicht Urbeinz: "Eine Farbe, mit der eine Verpackung für Tiefkühlkost beschichtet werden soll, muss großer Hitze standhalten, die beim steril machen der Umhüllung entsteht, genauso wie der Kälte im Gefrierschrank. Sehr abriebfest muss sie außerdem sein, da im Eisschrank häufig verschiedenen Verpackungen aneinander liegen."

Farbe für Lebensmittelverpackungen, die das Siegwerk herstellt, seien grundsätzlich mineralölfrei. "Die Schokolade, die in Adventskalendern ist, die mit Siegwerk-Farbe bedruckt wurden, ist sauber." "Sauberer" will der größte industrielle Arbeitgeber der Region grundsätzlich werden: "Wir forschen stetig an Möglichkeiten, nachwachsende Rohstoffe wie Sojaöl, Kollophoniumharze, Stärke und Holzharze in unserer Produkte mit einzubinden", sagte Urbeinz.

90 Prozent der Farben würden bereits einen oder mehrere Teile dieser Substanzen enthalten. Die Gesamtzusammensetzung jeder Farbe jedoch bleibt geheim. Und ist auch nicht so einfach herauszukriegen, selbst wenn man Proben der Farbe von der Müsliverpackung kratzt und mit entsprechenden Lösemitteln behandelt oder einer Spektralanalyse unterzieht.

Auch die Labortür von Rempel und seinem Team schließt sich wieder. Genau wie der Behälter, in dem das "neue" Blau gelagert wird. Und der Endverbraucher kann durch keinen Aufdruck und kein Hinweisschild erfahren, wo es erfunden worden ist.

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